Hier werden die Stimme aus dem Off bzw. die Voice-Overs gelistet.
Diese werden fast nur von Meredith Grey gesprochen. Andere Off-Stimmen werden gekennzeichnet. Die Intros und Outros werden durch eine Leerzeile dargestellt.
Staffel 1[]
Karriere. Angeblich hat man entweder ein Talent dafür oder eben nicht. Meine Mutter, die war eine der ganz Großen. Ich dagegen stecke irgendwie in der Klemme. Ich wusste es ja. Ich stecke irgendwie in der Klemme.
Mir fällt nicht ein guter Grund ein, warum ich Chirurg werden will, aber mir fallen tausend Gründe ein, warum ich aufgeben sollte. Man macht es uns absichtlich schwer. Wir haben Menschenleben in der Hand. Es kommt der Augenblick, wo das alles mehr ist als ein Spiel, und dann macht man entweder den entscheidenden Schritt nach vorn oder man dreht sich um und geht. Ich könnte natürlich aufgeben, aber die Sache ist die: Es ist das schönste Spiel der Welt.
Es geht immer um Grenzen: Die Grenzen der eigenen Belastbarkeit, Grenzen des Anstands im Konkurrenzkampf und dann gibt es da die wichtigste Grenze: Die Grenze, die einen von den Kollegen trennt. Es ist nicht gut, wenn man sich allzu nahe kommt oder miteinander befreundet ist. Man braucht eine Grenze zwischen sich und dem Rest der Welt. Andere Leute sind viel zu kompliziert. Es geht immer um Grenzen, man muss sie abstecken und dann kann man nur noch hoffen, dass niemand sie überschreitet.
An einem gewissen Punkt muss man eine Entscheidung treffen. Grenzen halten nicht andere Leute von einem fern, sie sperren einen selbst ein. Das Leben ist kompliziert, so sind wir konstruiert. Also, man kann sein Leben damit vergeuden, Grenzen zu ziehen, oder man kann es leben, indem man sie überschreitet. Es gibt allerdings Grenzen, wo es viel zu gefährlich ist, sie zu überschreiten. Aber etwas hab ich erkannt: Man muss nur gewillt sein ein Risiko einzugehen, dann ist die Aussicht auf der anderen Seite einfach spektakulär.
Wir verbringen unser ganzes Leben auf der chirurgischen Station, sieben Tage die Woche, 14 Stunden am Tag. Wir sind mehr Zeit zusammen, als für uns allein. Nach einer Weile wird das Verhalten auf der Station zu einer Lebenseinstellung. Regel Nummer 1: Behalte immer den Zwischenstand im Auge. Regel Nummer 2: Lass keine Gelegenheit aus, um den anderen zu überlisten. Regel Nummer 3: Freunde dich nicht mit deinen Feinden an. Ach ja, und Regel Nummer 4: Alles, aber auch alles, ist ein Wettbewerb. Wer auch immer gesagt hat, dass Gewinnen nicht alles ist, der hat nie ein Skalpell in der Hand gehalten.
Es gibt noch einen anderen Weg, den Wettbewerb zu überleben. Nur, dass einem das nie einer sagt. Man muss es selbst erfahren. Regel Nummer 5: Es geht gar nicht um das Rennen -überhaupt nicht- und es gibt keine Gewinner und keine Verlierer. Jedes Leben, ganz egal wer es rettet, ist ein Sieg. Und wenn man es richtig anstellt, ist ab und zu das Leben, das man rettet, vielleicht das eigene.
Nähe, das sind zwei kurze Silben für: Hier hast du mein Herz und meine Seele, bitte mach sie zu Hackfleisch, viel Spaß dabei. Nähe ist genauso ersehnt, wie gefürchtet. Es ist schwer mit ihr zu leben und unmöglich, ohne sie auszukommen. Nähe bestimmt die drei wichtigsten Formen menschlichen Zusammenlebens: Familie, Beziehung, Mitbewohner. Es gibt gewisse Dinge, denen man nicht entkommen kann und es gibt Dinge, die will man gar nicht wissen.
Ich wünschte, es gäbe ein Regelwerk für Nähe. Eine Anleitung, die einem sagt, wann man die Grenze überschritten hat. Es wäre schön, wenn man das kommen sehen könnte. Aber ich wüsste auch nicht, wie man das anstellen sollte. Man sollte die Nähe annehmen, wenn sie sich bietet und sie festhalten, solange es geht. Und was die Regeln angeht, vielleicht gibt es gar keine. Vielleicht muss man die Regeln der Nähe selbst definieren.
Wisst ihr noch, wie man sich als Kind endlos Gedanken darüber gemacht hat, ob man zum Geburtstag das Fahrrad bekommt oder warum man eigentlich keine Kekse zum Frühstück essen darf? Das Erwachsensein wird vollkommen überbewertet. Ganz im Ernst: Lasst euch nicht von den schicken Schuhen täuschen und dem tollen Sex und davon, dass keine Eltern da sind, die einem Vorschriften machen. Erwachsensein bedeutet, Verantwortung zu tragen. Verantwortung zu tragen, das macht echt keinen Spaß. Es macht ganz und gar keinen Spaß. Erwachsene müssen irgendwohin gehen und Dinge erledigen, ihren Lebensunterhalt verdienen und Miete bezahlen. Und wenn man sich in der Ausbildung zum Chirurgen befindet und das Herz eines Menschen in der Hand hält, hallo! Mehr Verantwortung geht ja wohl nicht. Dagegen klingen Fahrräder und Kekse doch ganz schön gut, oder? Wirklich, Angst macht einem Verantwortung, wenn man einen Fehler macht, wenn man einen Moment lang nachlässig war.
Verantwortung tragen, ich sag' ja, es macht keinen Spaß. Wenn man über das Alter von Zahnspangen und den ersten Büstenhalter hinaus ist, hört das mit der Verantwortung leider nicht mehr auf. Man kommt nicht dran vorbei. Entweder zwingt uns jemand, dass wir uns ihr stellen, oder wir müssen mit den Konsequenzen leben. Und dennoch - das Erwachsensein hat auch seine kleinen Vorteile. Und ich meine die Schuhe, der Sex, die Tatsache, dass keine Eltern da sind, die einem Vorschriften machen. Das ist echt verdammt gut!
Vor ungefähr 200 Jahren verriet Benjamin Franklin der Welt das Geheimnis seines Erfolges: "Was du heute kannst besorgen", meinte er, "das verschiebe nicht auf morgen." Das ist der Mann, der die Elektrizität entdeckte. Man würde meinen, dass mehr von uns auf das hören, was er zu sagen hatte. Ich weiß nicht, warum wir Sachen auf die lange Bank schieben, aber wenn ich raten soll, dann hat es wohl viel mit Angst zu tun. Der Angst vor dem Versagen, der Angst vor Schmerzen, der Angst davor, zurückgewiesen zu werden. Manchmal ist es nur die Angst davor, eine Entscheidung zu treffen. Denn was ist, wenn man falsch liegt und einen Fehler macht, den man nicht zurücknehmen kann? Egal wovor wir Angst haben, eins ist mit Sicherheit wahr: Wenn das Abwarten schließlich mehr weh tut, als die Angst davor, eine Sache anzupacken, fühlt man sich, als würde man einen riesigen Tumor mit sich herumtragen. (Man sieht eine Patientin mit einem 25kg schweren Tumor im Bauchraum) Und ihr habt gedacht, ich meine das im übertragenen Sinn.
"Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". "Vorsorge ist besser als Nachsorge". "Wer zögert, der hat schon verloren". Wir können nicht so tun, als wüssten wir nicht Bescheid. Wir alle kennen die Sprüche, haben gehört, was die Philosophen raten. Oder unsere Großeltern, wenn sie uns gewarnt haben, dass wir keine Zeit vergeuden sollen. Oder auch die verdammten Dichter, die uns etwas von "Carpe Diem" erzählen. Trotzdem müssen wir die Erfahrungen manchmal erst selbst machen. Wir müssen unsere eigenen Fehler machen und daraus unsere eigenen Lehren ziehen. Wir müssen die Chancen von heute unter den Teppich von morgen kehren, bis es einfach nicht mehr geht. Bis wir dann irgendwann selbst verstehen können, was Benjamin Franklin gemeint hat: Dass es besser ist, zu wissen, als sich zu fragen. Dass es besser ist, wach zu sein, als zu schlafen. Und dass selbst das schlimmste Versagen, selbst der größte nie wieder gut zu machende Fehler, tausend mal besser ist, als es nie versucht zu haben.
Okay, der nächste, der sagt, "Man kann ja immer noch schlafen, wenn man tot ist", sollte vielleicht erstmal 'n paar Monate als Assistenzarzt arbeiten. Natürlich ist es nicht der Job allein, der uns die ganze Nacht wach hält. Ich meine, wo das Leben doch schon schwer genug ist, warum machen wir uns selber noch mehr Ärger? Woher dieses Bedürfnis, auf den Selbstzerstörungsknopf zu drücken?
Vielleicht mögen wir ja den Schmerz. Vielleicht sind wir Menschen von Natur aus so. Denn ohne Schmerz, ich weiß nicht, würden wir uns vielleicht nicht wirklich spüren. Wie sagt man da noch? "Warum haue ich mir ständig mit 'nem Hammer auf den Kopf? Weil es so schön ist, wenn der Schmerz nachlässt."
Wisst ihr, wie man als kleines Kind noch an Märchen geglaubt hat? An eine ganz bestimmte Vorstellung davon, wie das eigene Leben aussehen wird? Ein weißes Kleid, der Märchenprinz, der einen in sein Schloss auf dem Berg entführt? Man hat nachts im Bett gelegen, die Augen geschlossen und glaubte ohne jeden Zweifel, dass es so werden würde. Der Weihnachtsmann, die Zahnfee, der Märchenprinz, sie alle waren einem so vertraut, dass man sie fast anfassen konnte. Doch irgendwann wird man erwachsen. Eines Tages macht man die Augen auf und das Märchen ist verschwunden. Und dann halten sich die meisten an die Dinge und Menschen, denen sie vertrauen können. Aber die Sache ist die: Es ist schwer, dieses Märchen ganz aufzugeben, denn fast jeder hat noch diese winzige Hoffnung, einen letzten Rest Vertrauen, dass man eines Tages die Augen aufmacht und es ist alles wahr geworden.
Glaube ist, wenn man es so betrachtet, schon eine komische Geschichte. Er begegnet einem manchmal, wenn man ihn gar nicht erwartet. Es ist so: Eines Tages wird einem klar, dass das Märchen vielleicht ein bisschen anders ist, als man es sich erträumt hat. Und das Märchenschloss, tja, das ist vielleicht gar kein Schloss. Und das "Glücklich bis an ihr Lebensende" ist nicht so wichtig, solange man in diesem Augenblick glücklich ist. Es kommt durchaus vor, ganz ganz selten, dass Menschen einen überraschen. Und ab und zu gibt es dann Menschen, die hauen einen einfach um.
Die Wissenschaft ist kein guter Ort für Geheimnisse und die Medizin entblößt jede Lüge. Im Krankenhaus steht die Wahrheit quasi nackt da. Doch wie wir außerhalb des Krankenhauses unsere Geheimnisse bewahren, na ja, das sieht ein bisschen anders aus. Eins ist jedoch sicher: Ganz egal, was wir zu verbergen versuchen, wir sind nie auf diesen Augenblick vorbereitet, wenn die Wahrheit entblößt wird. Das ist das Problem mit Geheimnissen. Ähnlich wie Unglücke kommt eins selten allein. Sie stapeln sich höher und immer höher, bis sie alles überragen, bis man keinen Platz für irgendetwas anderes mehr findet. Bis man so voller Geheimnisse steckt, dass man denkt, man explodiert gleich.
Die meisten Leute vergessen, was für ein gutes Gefühl es sein kann, wenn man Geheimnisse endlich lüftet. Es mögen schöne oder auch schlimme sein, zumindest sind sie nicht mehr verborgen, ob es einem nun gefällt oder nicht. Wenn die Geheimnisse ans Licht gekommen sind, braucht man sich nicht mehr hinter ihnen zu verstecken. Das Problem mit Geheimnissen ist: Selbst wenn man denkt, man hätte alles im Griff, täuscht man sich.
Staffel 2[]
Um ein guter Chirurg zu sein, muss man wie ein Chirurg denken. Gefühle sind chaotisch. Man räume sie ordentlich weg und betrete dann einen sauberen, sterilen Raum, wo der Vorgang einfach ist: Schneiden, Nähen, Zumachen. Doch manchmal bekommt man es mit einer Wunde zu tun, die nicht heilen will. Eine Wunde, die immer wieder weit aufgerissen wird.
Es heißt "Übung macht den Meister". Man erzählt uns immer: "Je mehr man denkt wie ein Chirurg, desto eher wird man einer." Nur so lernt man, neutral zu bleiben, analytisch. Schneiden, Nähen, Zumachen. Und umso schwieriger wird es, das wieder abzustellen. Aufzuhören, wie ein Chirurg zu denken und sich daran zu erinnern, was es bedeutet, wie ein normaler Mensch zu denken.
Ich habe eine Tante, die, wenn sie einem etwas einschenkte, immer das Gleiche sagte: "Sag stopp". Meine Tante sagte also immer: "Sag stopp". Aber natürlich haben wir das nie getan. Wir sagen nicht "Stopp", weil die Möglichkeit, dass es noch mehr geben könnte, etwas Verlockendes hat. Mehr Tequila, mehr Liebe, mehr egal was. Mehr ist besser!
Es ist schon was dran an dem Spruch mit dem halbvollen Glas: Dass man wissen muss, wann man besser aufhört. Ich glaube, die Grenze ist fließend. Sie zeigt an, was man braucht, und was man noch haben möchte. Die Grenze liegt bei jedem Menschen woanders, und sie hängt davon ab, was eingegossen wird. Manchmal möchten wir nur ein bisschen probieren. Und es gibt andere Gelegenheiten, da ist uns nichts genug. Das Glas ist bodenlos. Wir wollen nur eins: Mehr.
Chirurgen sind Kontrollfreaks. Mit einem Skalpell in der Hand fühlt man sich unbesiegbar. Man kennt keine Angst und keinen Schmerz. Man fühlt sich drei Meter groß und kugelsicher. Tja, und dann verlässt man den OP und die ganze Perfektion, diese ganze wunderbare Kontrolle, ist im Eimer.
Niemandem macht es Spaß, die Kontrolle zu verlieren, aber für einen Chirurgen gibt es nichts Schlimmeres. Es ist ein Zeichen der Schwäche. Es zeigt, dass man der Aufgabe nicht gewachsen ist. Und dennoch gibt es Zeiten, in denen einem die Dinge einfach entgleiten, in denen die Welt aufhört sich zu drehen und man erkennt, dass das glänzende, kleine Skalpell einen nicht retten kann. Egal, wie sehr man sich dagegen wehrt, jeder Mensch fällt einmal und das ist eine schreckliche Erfahrung. Aber wenn es etwas Gutes am Fallen gibt, dann ist es die Chance, die man seinen Freunden gibt, einen aufzufangen.
Der Schlüssel zum Überleben als Assistenzarzt in der Chirurgie ist die Verleugnung. Wir leugnen, dass wir müde sind, wir leugnen, dass wir Angst haben, wir leugnen, wie wichtig uns der Erfolg ist. Und – und das ist am wichtigsten – wir leugnen, dass wir das alles verleugnen. Wir sehen nur das, was wir sehen wollen, und wir glauben, was wir glauben wollen. Und das funktioniert. Wir lügen uns selber so lange etwas vor, bis uns nach einer Weile die Lügen wie die Wahrheit vorkommen. Wir leugnen alles so lange, bis wir die Wahrheit nicht mehr erkennen, auch wenn sie sich direkt vor unserer Nase befindet.
Manchmal hat die Wirklichkeit so eine Art, sich von hinten anzuschleichen und einem in den Hintern zu beißen. Wenn der Damm bricht, kann man nur noch versuchen, zu schwimmen. Man kann sich nicht dadurch schützen, indem man sich ständig etwas vormacht. Man kann sich nur eine begrenzte Zeit lang etwas vorlügen. Wir sind müde. Wir haben Angst. Das zu leugnen ändert nichts an der Wahrheit. Früher oder später müssen wir alle mal mit dem Verleugnen aufhören, den Tatsachen ins Auge schauen und uns ins Getümmel stürzen. Verleugnung – wenn man erstmal damit anfängt, kann man nicht mehr aufhören, das ist wie eine Sucht. Aber wie kommt man von so einer Sucht wieder los?
Schmerz kommt in vielen Formen vor. Das leichte Zwicken, ein bisschen Brennen, der zufällige Schmerz. Das sind die normalen Schmerzen, mit denen wir jeden Tag leben.Aber es gibt auch den anderen, den man nicht ignorieren kann. Ein so heftiger Schmerz, der alles andere verdrängt, der die ganze Welt verblassen lässt, sodass wir an nichts anderes mehr denken können, außer daran, wie weh es tut. Wie wir mit unserem Schmerz umgehen, liegt an uns. Schmerz – wir betäuben ihn, wir halten ihn aus, wir umarmen oder ignorieren ihn. Und für manche von uns ist der beste Weg mit ihm umzugehen, sich einfach durchzubeißen.
Schmerz – man muss ihn einfach aushalten und hoffen, dass er von allein wieder weggeht. Hoffen, dass die Wunde, die er ausgelöst hat, verheilt. Es gibt keine wirkliche Lösung und auch keine leichten Antworten. Am besten atmet man tief ein und aus und hofft, dass der Schmerz nachlässt.Meistens kann man den Schmerz kontrollieren. Aber manchmal erwischt er einen da, wo man es nicht erwartet hat. Er trifft einen unter der Gürtellinie und hört nicht mehr auf wehzutun. Schmerz – man muss sich ihm einfach stellen. Denn die Wahrheit ist, dass man ihm nicht entkommen kann. Das Leben bringt ständig neuen Schmerz.
Im Allgemeinen kann man die Menschen in zwei Kategorien einteilen. Diejenigen, die Überraschungen lieben und Diejenigen, die das nicht tun. Ich liebe sie nicht. Ich kenne keinen Chirurgen, der sich über eine Überraschung freut, denn als Chirurgen sind wir gern über alles auf dem Laufenden. Das müssen wir auch sein, denn wenn wir es nicht sind, sterben Leute und dann wird jemand verklagt. Ist das überhaupt grade relevant? Ich glaub ich fang an zu faseln. Also, was ich vorhin eigentlich sagen wollte, und ich wollte tatsächlich was sagen. Es hat jedenfalls nichts mit Überraschungen oder Tod oder Verklagen zu tun. Nicht mal mit Chirurgen. Was ich sagen will ist Folgendes: Wer auch immer den Spruch geprägt hat "Was man nicht weiß, kann einem nicht weh tun.", war ein kompletter Vollidiot, denn für die meisten Menschen, die ich kenne, ist es das schlimmste Gefühl der Welt, etwas nicht zu wissen. (Zwei Menschen, die von einer Eisenstange durchbohrt wurden, werden an Meredith vorbeigeschoben.) Na okay, ich geb's zu: Vielleicht nur das Zweitschlimmste.
Für uns als Chirurgen gibt es so Vieles, was wir wissen müssen. Wir müssen wissen, dass wir die nötigen Fähigkeiten haben. Wir müssen wissen, wie wir uns um unsere Patienten kümmern und wie wir uns um einander kümmern. Irgendwann müssen wir sogar lernen, wie wir uns um uns selbst kümmern. Als Chirurgen müssen wir immer auf dem Laufenden sein. Aber für uns als Menschen ist es manchmal besser, im Dunkeln zu tappen, denn im Dunkeln hat man vielleicht Angst, aber dort herrscht auch Hoffnung.
Kommunikation - Das ist das erste, was man im Leben wirklich lernt. Komisch ist nur, wenn man älter wird und anfängt, ernsthaft miteinander zu reden, dann wird es richtig schwer zu wissen, was man sagen soll oder um das zu bitten, was man wirklich braucht.
Wenn man ehrlich sein will, gibt es natürlich Sachen, bei denen man nicht anders kann, als über sie zu reden. Manches möchten wir einfach nicht hören. Anderes sagen wir, weil wir nicht mehr länger still sein können. Manche Dinge sind mehr als das, was man sagt. Sie sind das, was man tut. Manchmal spricht man etwas aus, weil man keine Wahl hat. Manches behält man für sich. Und nicht allzu oft, aber ab und zu, gibt es Dinge, die für sich sprechen.
In der achten Klasse nahmen wir in der Schule "Romeo und Julia" durch. Als Fleißaufgabe ließ uns Mrs. Snyder das Stück mit verteilten Rollen lesen. Sal Scafarillo war Romeo. Wie das Schicksal so spielt, war ich Julia. Alle anderen Mädchen waren neidisch, aber ich sah das ein bisschen anders. Ich sagte Mrs. Snyder, dass Julia eine Idiotin war. Zuerst verliebt sie sich in den Mann, von dem sie weiß, dass sie ihn nicht haben kann, und dann macht sie das Schicksal für ihre eigene schlechte Entscheidung verantwortlich. Mrs. Snyder hat mir dann erklärt, dass wenn das Schicksal ins Spiel kommt, man manchmal keine Wahl mehr hat. Im reifen Alter von 13 war mir damals ganz klar, dass es in der Liebe wie im Leben darum geht, sich zu entscheiden und Schicksal hat nichts damit zu tun. Alle finden das so romantisch: Romeo und Julia, die wahre Liebe. Wie traurig... Wenn Julia blöd genug war, sich in den Feind zu verlieben, eine Flasche Gift zu trinken und sich in einem Mausoleum schlafen zu legen, dann hat sie das verdient, was sie bekommen hat.
Vielleicht hatte das Schicksal Romeo und Julia tatsächlich füreinander bestimmt – aber nur für eine Weile und dann war ihre Zeit vorbei. Wenn die das vorher gewusst hätten, dann wäre vielleicht alles in Ordnung gewesen. Ich habe Mrs. Snyder damals gesagt, wenn ich erwachsen sei, würde ich mein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Ich würde nicht zulassen, dass ein Kerl mich runterzieht. Mrs. Snyder meinte, ich würde mich glücklich schätzen können, wenn ich diese Leidenschaft je mit jemandem erleben könnte. Und wenn, dann würden wir für immer zusammen sein. Selbst heute noch glaube ich, dass es bei der Liebe hauptsächlich um Entscheidungen geht. Es geht darum, das Gift und den Dolch wegzulegen und sein eigenes Happy End zu schreiben, jedenfalls meistens. Doch manchmal, auch wenn man die besten Absichten hat und die richtigen Entscheidungen trifft, siegt das Schicksal trotzdem.
Dankbarkeit, Anerkennung, Wertschätzung. Egal welche Worte man benutzt, es läuft immer auf's Gleiche raus: Glücklich sein. Eigentlich sollen wir glücklich sein und dankbar für Freunde, Familie. Dankbar dafür, am Leben zu sein, ob es uns Spaß macht oder nicht.
Vielleicht sind wir nicht dafür bestimmt, glücklich zu sein. Vielleicht hat Dankbarkeit auch nichts mit Glücklich sein zu tun. Dankbarkeit bedeutet vielleicht einfach, das was man hat, so zu sehen, wie es wirklich ist. Man muss die kleinen Siege genießen. Und anerkennen, wie sehr man sich anstrengen muss, um einfach nur Mensch zu sein. Vielleicht sind wir dankbar für die Dinge, die wir kennen und vielleicht auch für die Dinge, die wir nie erfahren werden. Im Grunde genommen ist allein die Tatsache, dass wir den Mut haben weiterzumachen, genug Grund zu feiern.
Als Kind waren es die Süßigkeiten, die man geschenkt bekommen hatte. Man versteckte sie vor den Eltern und aß so lange davon, bis einem schlecht wurde. Als Student war es die aufregende Kombination von jung sein, Tequila und, naja, ihr wisst schon. Als Chirurg nimmt man so viel von den guten Dingen mit, wie man bekommen kann, weil man sie bei weitem nicht so oft bekommt, wie man sie bekommen sollte. Doch auch bei den guten Dingen kann der Schein trügen. Zu viel von einer Sache, selbst von der Liebe, ist wirklich nicht immer gut.
Woher weiß man, wenn irgendetwas zu viel ist? Wenn es zu früh kommt? Wenn man es gar nicht wissen wollte? Wenn es zu viel Spaß macht? Wenn man zu sehr liebt? Wenn man zu viel verlangt? Und wo ist der Punkt, an dem man es nicht mehr aushalten kann?
Vor 40 Jahren stellten die Beatles der Welt eine einfache Frage: Sie wollten wissen, woher all die einsamen Menschen kommen. Meine neuste Theorie besagt, dass sehr viele dieser einsamen Menschen aus Krankenhäusern kommen. Genauer gesagt aus den chirurgischen Abteilungen von Krankenhäusern. Als Chirurgen ignorieren wir unsere eigenen Bedürfnisse, damit wir die unserer Patienten bedienen können. Wir ignorieren unsere Freunde und Familien, damit wir die Freunde und Familien von anderen Leuten retten können. Und das bedeutet, dass wir am Ende eigentlich nichts weiter haben, als nur uns selbst. Und nichts auf der Welt kann einem ein größeres Gefühl der Einsamkeit geben.
Vor 400 Jahren hatte John Donne, ein bekannter Engländer, auch eine Meinung über das Alleinsein. Er meinte, wir wären niemals allein. Natürlich hat er das eleganter formuliert: "Kein Mensch ist eine Insel ganz für sich allein". Vergesst mal das mit der Insel. Er hat nichts weiter gemeint, als dass jeder von uns einmal jemanden braucht. Jemand, der uns zeigt, dass wir nicht allein sind. Und wer sagt denn, dass dieser jemand keine vier Beine haben darf? Es kann doch jemand sein, mit dem man spielt und herumtollt oder einfach nur abhängt.
Es ist ein moderner Mythos, dass die Selbstmordrate an Feiertagen abrupt ansteigt. In Wahrheit ist es nämlich so, dass sie sinkt. Experten vermuten, das liegt daran, dass Menschen nicht dazu neigen sich umzubringen, wenn sie sich im Kreise ihrer Lieben aufhalten. Ironischerweise sieht man gerade in dieser Nähe zur Familie den Grund dafür, dass an den Feiertagen die Fälle von Depressionen dramatisch ansteigen. Naja, Izzie zählt nicht...
Es gibt einen alten Spruch, der lautet: "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen". Man nimmt, was das Schicksal einem beschert, und ob man sie nun mag oder nicht, ob man sie liebt oder nicht, ob man sie überhaupt versteht oder nicht, man kommt irgendwie zurecht. Dann gibt es da Diejenigen, die sagen, dass die Familie, in die wir hineingeboren werden, nur ein Anfang ist. Sie füttert uns und gibt uns Kleider zum Anziehen und kümmert sich um uns, bis wir bereit sind, in die Welt hinauszuziehen und unseren eigenen Stamm finden.
Ein neuer Anfang, laut des Kalenders gibt es ihn jedes Jahr. Stellt einfach eure Uhren auf Januar. Das neue Jahr ist unsere Belohnung dafür, dass wir die Feiertage überlebt haben, und mit dem neuen Jahr kommt die große Tradition der guten Vorsätze. Man lässt die Vergangenheit hinter sich und beginnt von neuem. Es ist schwer, der Chance auf einen neuen Anfang zu widerstehen, der Chance, die Probleme des letzten Jahres zu begraben.
Wer darf entscheiden, wann das Alte endet und das Neue beginnt? Es ist kein besonderer Tag im Kalender, kein Geburtstag und auch nicht das neue Jahr. Es ist etwas, das passiert. Etwas Großes oder Kleines. Etwas, das uns verändert. Im Idealfall etwas, das uns Hoffnung gibt. Eine neue Art zu leben, ein neuer Blickwinkel. Das Loslassen von alten Gewohnheiten, alten Erinnerungen. Das Wichtigste ist, dass wir niemals aufhören daran zu glauben, dass ein neuer Anfang möglich ist. Aber es ist auch wichtig, nicht zu vergessen, dass es bei dem ganzen Mist ein paar Dinge gibt, die es wert sind, dass man sie festhält.
Als erstes lernen wir, misstrauisch zu sein, denn unsere Patienten lügen uns am laufenden Band an. Die Regel lautet, dass jeder Patient ein Lügner ist, bis man das Gegenteil beweisen kann. Lügen ist falsch, das sagt man uns jedenfalls. Andauernd, von Geburt an. "Lügen haben kurze Beine" - "Die Wahrheit ist immer das Beste" - "Ehrlich währt am längsten". Und so weiter... Tatsache ist: Lügen ist eine Notwendigkeit. Wir belügen uns sogar selbst, weil die Wahrheit ... weil die Wahrheit weh tut, verdammt nochmal!
Wie sehr wir auch versuchen, etwas zu ignorieren oder es zu leugnen, irgendwann brechen die Lügen zusammen. Ob uns das nun gefällt oder nicht. Aber hier ist die Wahrheit über die Wahrheit: Sie tut weh. Also lügen wir.
In der Chirurgie gibt es eine rote Linie auf dem Fußboden. Sie markiert die Grenze zwischen dem Krankenhaus als eine öffentliche Einrichtung und einem Ort für wenige Auserwählte. Ein Überschreiten dieser Linie ohne Erlaubnis wird nicht toleriert. Im Allgemeinen gibt es für Grenzen einen Grund. Sicherheit, den Schutz, die Klarheit. Wenn man diese Grenze überschreitet, tut man es normalerweise auf eigenes Risiko. Also warum ist es dann so, dass man, je schärfer sie ist, umso stärker versucht ist, sie zu überschreiten?
Wir können einfach nicht anders. Wir sehen eine Grenze - wir wollen sie überschreiten. Vielleicht, weil es so aufregend ist, das Altbekannte gegen das Neue einzutauschen. Es ist eine Art Mutprobe. Das Problem ist nur: Wenn man einmal die Grenze überschritten hat, ist es beinahe unmöglich, wieder zurückzugehen. Aber wenn man es dann doch schafft wieder zurückzugehen, ist es besser man ist nicht allein.
Wir kennen diesen Ausdruck in den Augen von Patienten. Da liegt es in der Luft, der leise Geruch des Todes. Man erfasst ihn mit einer Art sechstem Sinn. Wenn das Jenseits auf einen zurauscht, dann spürt man es kommen. Was ist das Eine, das man schon immer mal tun wollte bevor man stirbt? (Cristina,Meredith und Izzie seifen sich gegenseitig in der Dusche ein) Okay, Hallo?! Mein Traum ist das ja wohl nicht! (George fällt aus dem Bett) Seht ihr? Ich hab's doch gesagt, das ist nicht mein Traum!
(kein Outro)
Es heißt, in Krankenhäusern weiß man so etwas, man weiß wann man sterben wird. Manche Ärzte sagen, man sieht es in den Augen der Patienten. Manche meinen, es gäbe einen Geruch, den Geruch des Todes. Andere behaupten, es wäre einfach so eine Art sechster Sinn. Wenn das Jenseits auf einen zu rauscht, hört man es kommen. Egal was es ist, es ist beängstigend, denn wenn man es weiß, was soll man dann machen? Vergesst die Tatsache, dass euch die Angst verrückt macht. Wenn ihr wüsstet, dass dies euer letzter Tag auf der Welt ist, wie würdet ihr ihn verbringen wollen?
Wenn ihr wüsstet, dass dies euer letzter Tag auf der Welt ist, wie würdet ihr ihn verbringen wollen?
Nach langem Nachdenken und vielen schlaflosen Nächten, bin ich von einer Sache überzeugt: So etwas wie einen Erwachsenen gibt es nicht. Wir werden zwar älter, ziehen irgendwann von Zuhause aus, verlassen unsere Familie und gründen unsere eigene Familie. Aber die grundlegenden Unsicherheiten, die tiefsitzenden Ängste und all die alten Wunden, werden einfach mit uns zusammen erwachsen. Und gerade wenn man denkt, dass das Leben und die Umstände einen gezwungen haben, wirklich unwiderruflich zum Erwachsenen zu werden, sagt die eigene Mutter so einen Satz oder noch schlimmer sie sagt so etwas wie das. Wir wachsen, wir werden größer, wir werden älter. Aber die meiste Zeit sind wir immer noch ein Haufen Kinder, die auf dem Spielplatz herumlaufen und verzweifelt versuchen dazuzugehören.
Ich hab gehört, dass es möglich sein soll erwachsen zu werden, ich hab nur nie jemanden getroffen, der das tatsächlich geschafft hat. Ohne Eltern, denen man sich widersetzen kann, brechen wir die Regeln, die wir uns selber aufgestellt haben. Wir kriegen Wutanfälle, wenn wir nicht das bekommen, was wir wollen. Wir verraten unseren besten Freunden Geheimnisse im Dunkeln. Wir suchen nach irgendjemandem, der uns tröstet und wir hoffen, gegen alle Logik, gegen alle Erfahrung. Wie die Kinder geben wir die Hoffnung nie auf.
George O'Malley
Also es ist so: Manchmal, manchmal treffen selbst die Besten von uns unbedachte Entscheidungen, schlechte Entscheidungen, Entscheidungen von denen wir genau wissen, dass wir sie bereuen werden, und zwar in dem Augenblick, der Minute, und ganz besonders am Morgen danach. Naja vielleicht nicht bereuen im eigentlichen Sinn, denn zumindest, zumindest haben wir was versucht, aber trotzdem, irgendetwas in uns hat beschlossen, etwas Verrücktes zu machen, etwas, dass sich gegen uns wenden wird. Tja, aber leider tun wir es trotzdem. Was ich sagen will ist, dass wir ernten was wir sähen, irgendwann kommt alles auf den Tisch. Das nennt man Karma, und egal wie man's sieht, Karma ist scheiße. Wie schon gesagt: Karma ist scheiße.
So oder so wird unser Karma dazu führen, dass wir uns mit uns selbst konfrontieren. Wir können unserem Karma ins Auge blicken oder warten, bis es sich von hinten an uns ranschleicht. Auf die eine oder andere Art wird unser Karma uns immer finden. In Wahrheit ist es so, dass wir als Chirurgen mehr Gelegenheit als andere bekommen gutes Karma anzusammeln. Egal wie sehr wir es versuchen, wir können unserem Karma nicht entkommen. Es folgt uns bis nach Hause. Im Grunde können wir uns über unser Karma nicht beschweren. Es ist nicht unfair, es kommt nicht unerwartet, es sorgt für einen Ausgleich. Und selbst wenn wir Dinge tun, von denen wir wissen, dass es eine echte Versuchung für das Karma wird, uns in den Hintern zu treten, naja, man sieht's ja: Wir tun's trotzdem!
Wenn man Arzt ist, sagen einem die Patienten ständig, wie sie unsere Arbeit machen würden. "Nähen sie es einfach, tun sie ein Pflaster drauf und schicken sie mich nach Hause". Es ist leicht, eine schnelle Lösung parat zu haben, wenn man nicht viel von dem Problem versteht, wenn man nicht weiß, welchen Hintergrund etwas hat oder wie tief die Wunde wirklich ist. Der erste Schritt auf dem Weg zur wahren Heilung ist, genau zu wissen, um welche Krankheit es sich überhaupt handelt. Aber sowas wollen die Leute ja nicht hören. Wir sollen die Vergangenheit vergessen, die uns an diesen Punkt gebracht hat, die zukünftigen Verwicklungen ignorieren, die sich vielleicht ergeben und die schnelle Lösung akzeptieren.
Als Ärzte, als Freunde, als menschliche Wesen, versuchen wir immer alles so gut zu machen, wie wir können. Doch die Welt steckt voller Überraschungen und unerwarteter Wendungen. Und wenn man gerade angefangen hat sich auszukennen, bewegt sich der Boden unter einem. Und auf einmal kippt man einfach um. Wenn man Glück hat, tut man sich dabei nicht viel. Eine kleine Verletzung, auf die man ein Pflaster kleben kann. Aber es gibt Wunden, die tiefer gehen, als es den Anschein hat, da braucht man mehr, als eine schnelle Lösung. Bei manchen Wunden muss man das Pflaster einfach abreißen. Man muss Luft an sie lassen und ihnen Zeit geben, damit sie heilen können.
Auf dem Campus meiner Uni steht eine magische Statue. Es ist eine alte Tradition, dass die Studenten ihr die Nase reiben, wenn sie Glück brauchen. Meine Zimmergenossin im ersten Jahr glaubte sehr an die Macht der Statue und bestand darauf, ihr vor jeder Prüfung die Nase zu reiben. Zu lernen wäre vielleicht eine bessere Idee gewesen. Im zweiten Jahr musste sie wegen schlechter Noten das Studium beenden, aber Tatsache ist, dass wir alle diese kleinen abergläubischen Rituale haben. Wenn man nicht an magische Statuen glaubt, versucht man vielleicht auf dem Bürgersteig nicht auf Linien zu treten oder immer den linken Schuh zuerst anzuziehen. Klopf auf Holz, iss auf, sonst gibt es morgen schlechtes Wetter. Das Letzte, was man will, ist, die Götter gegen sich aufzubringen.
Aberglaube entsteht in dem Raum zwischen den Dingen, die wir kontrollieren können und dem, was wir nicht in der Hand haben. Siehst nen Penny, heb' ihn auf. Es folgt ein guter Tag darauf. Niemand lässt sich gerne eine Chance entgehen, dem Glück auf die Sprünge zu helfen, aber helfen 33 Wiederholungen wirklich? Hört denn irgendjemand zu? Und wenn sowieso niemand zuhört, warum mühen wir uns überhaupt mit diesen seltsamen Ritualen ab? Wir bauen auf Aberglauben, weil wir schlau genug sind, um zu wissen, dass wir nicht alle Antworten haben und das Leben manchmal unergründbare Wendungen nimmt. Verachte nie ein Juju, egal woher es kommt.
Ein gutes Basketballspiel kann eine spannende Angelegenheit sein. Wichtig bei solchen Spielen sind der Triumph, die Schmerzen und die einzelnen Spielzüge. Abgesehen davon gibt es aber auch noch die einsameren Spiele. Spiele, die wir alle ganz allein spielen. Gesellschaftliche Spielchen, psychologische Spielchen, mit ihnen verbringen wir unsere Zeit. Sie machen das Leben interessanter und lenken uns von dem ab, was wirklich los ist. Es gibt Menschen, die wahnsinnig gern Spiele spielen, jedes Spiel. Und dann gibt es Menschen, die beim Spielen ein bisschen zu ehrgeizig werden.
Das Leben ist kein Zuschauersport. Ob man gewinnt, verliert oder unentschieden spielt. Das Spiel läuft ohne Unterbrechung. Ob wir das nun wollen oder nicht. Also macht nur weiter so: Legt euch mit dem Schiedsrichter an, ändert die Regeln, mogelt ein bisschen, nehmt 'ne Auszeit und pflegt eure Blessuren. Aber spielt ... spielt. Spielt mit Einsatz, spielt schnell, spielt locker und frei. Spielt, als gäbe es kein Morgen. Okay, also es geht nicht darum, ob man gewinnt oder verliert. Es geht darum, wie man spielt. Stimmt's?
Der Schlüssel zum Erfolg als Assistenzarzt liegt in den Dingen, die wir aufgeben: Schlaf, Freunde, ein normales Leben. Wir opfern all das für den einen unglaublichen Augenblick, den Augenblick, von dem an wir uns rechtmäßig Chirurgen nennen dürfen. Es gibt Tage, an denen meint man, dass er die Opfer wert ist. Es gibt allerdings auch Tage, an denen erscheint einem alles wie ein Opfer. Und dann gibt es da noch diese Opfer, von denen man selber nicht weiß, warum man sie bringt.
Ein weiser Mann hat einmal gesagt, du kannst alles im Leben haben, wenn du bereit bist, alles andere dafür zu opfern. Was er meinte ist, dass man für alles einen Preis bezahlen muss. Bevor man sich also in den Kampf stürzt, sollte man sich besser klar sein, was man zu opfern bereit ist. Zu oft ist es so, dass man für was schön ist, das aufgibt, von dem man eigentlich weiß, dass es richtig ist. Jemanden in sein Leben zu lassen bedeutet, die Mauern einzureißen, die man sein Leben lang aufgebaut hat. Natürlich sind die schwersten Opfer diejenigen, die wir nicht kommen sehen. Wenn wir keine Zeit haben eine Strategie zu entwickeln, eine Seite zu wählen oder die möglichen Verluste abzuwägen. Wenn wir die Schlacht nicht bestehen können, sondern die Auseinandersetzung zu uns kommt, stellt sich manchmal heraus, dass das Opfer größer ist, als wir ertragen können.
Wir alle gehen durchs Leben wie der Elefant im Porzellanladen. Ein Sprung hier, ein Knacks da. Wir richten Schäden bei uns selbst an - und bei anderen Menschen. Die Schwierigkeit liegt darin herauszufinden, wie wir den Schaden begrenzen, den wir angerichtet haben oder den andere bei uns hinterlassen. Manchmal werden wir von dem Schaden überrascht. Manchmal denken wir, wir können den Schaden reparieren. Und manchmal können wir den Schaden nicht einmal sehen.
Wir sind alle irgendwie beschädigt, wie's aussieht. Manche von uns mehr als andere. Wir tragen die Schäden aus unserer Kindheit mit uns herum und dann, als Erwachsene, teilen wir so gut aus, wie wir können. Letzten Endes richtet jeder von uns mal Schaden an. Und dann machen wir uns an die Arbeit und versuchen zu reparieren, was zu reparieren geht.
Im Leben bring man uns bei, dass es sieben Todsünden gibt. Wir alle kennen die großen: Völlerei, Hochmut, Wollust. Aber die Sünde, über die man nicht viel hört, ist der Zorn. Vielleicht liegt das daran, dass wir denken, der Zorn wäre nicht so gefährlich. Wir denken, wir könnten ihn kontrollieren. Vielleicht zollen wir dem Zorn nicht genug Anerkennung. Vielleicht kann er sehr viel gefährlicher sein, als wir glauben. Wenn es um destruktives Verhalten geht, hat der Zorn es schließlich in die Top 7 geschafft.
Was also unterscheidet den Zorn von den anderen sechs Todsünden? Es ist eigentlich ganz einfach: Wenn man einer Sünde wie Neid oder Hochmut nachgibt, verletzt man nur sich selbst. Wenn man sich Lust oder Habgier hingibt, wird man nur sich selbst und vielleicht einen oder zwei andere verletzen. Aber Zorn... Zorn ist das Schlimmste. Die Mutter aller Sünden. Zorn kann einem zum Äußersten treiben, und wenn das passiert, kann man auch noch eine ganze Menge andere Leute mit in den Abgrund reißen..
- Meredith: Der Mensch braucht viele Dinge, um sich lebendig zu fühlen:
- George: Familie,
- Cristina: Liebe,
- Izzie: Sex.
- Derek: Aber wir brauchen nur eins,
- Preston: um zu leben:
- Cristina: Wir brauchen ein schlagendes Herz
- Addison: Wenn unser Herz in Gefahr ist,
- Alex: gibt es zwei mögliche Reaktionen:
- George: Entweder rennen wir weg
- Derek: oder
- Izzie: wir greifen an.
- Richard: Wissenschaftler nennen das
- Alex: Kampf
- Addison: oder Flucht.
- Miranda: Es ist ein Insinkt.
- Meredith: Wir können ihn nicht kontrollieren,
- Izzie: oder vielleicht doch?
(kein Outro)
(kein Intro und Outro)
Staffel 3[]
Im OP verliert die Zeit ihre Bedeutung. Zwischen all den Nähten und dem Leben retten, hört die Uhr auf wichtig zu sein. 15 Minuten, 15 Stunden, innerhalb des OPs lassen die besten Chirurgen die Zeit fliegen. Außerhalb des OPs jedoch, hat die Zeit die Angewohnheit sich zu rächen. Selbst den Stärksten unter uns scheint sie Streiche zu spielen, langsamer zu gehen, zu warten. So lange, bis sie einfriert und uns im Augenblick verharren lässt, ohne dass wir uns bewegen können, in die eine oder andere Richtung.
Die Zeit fliegt. Die Zeit wartet auf niemanden. Die Zeit heilt alle Wunden. Wir alle wollen nur das eine, und das ist mehr Zeit. Zeit aufzustehen, Zeit erwachsen zu werden, Zeit loszulassen. Zeit.
In jeder beliebigen Sekunde feuern etwa eine Billion Synapsen Impulse mit über 700 Stundenkilometern durchs Gehirn. Über die meisten haben wir keine Kontrolle. Wenn uns kalt ist, bekommen wir eine Gänsehaut. Wenn wir erregt werden, schießt das Adrenalin durch den Körper. Der Körper folgt solchen Impulsen automatisch und ich glaube deswegen ist es auch so schwer für uns, unsere eigenen Impulse zu kontrollieren. Natürlich haben wir manchmal auch Impulse, die wir nicht kontrollieren wollen, auch wenn wir uns später wünschen, wir hätten's getan.
Der Körper ist ein Sklave seiner Impulse. Aber das, was uns menschlich macht, ist das was wir kontrollieren können. Nach dem Sturm, nach der Aufregung, nachdem sich das erste Aufbrausen gelegt hat, können wir uns wieder beruhigen und das Chaos beseitigen, das wir angerichtet haben. Wir können versuchen loszulassen. Aber auf der anderen Seite ...
Wenn Chirurgen träumen, träumen sie normalerweise von verrückten, unmöglichen Operationen. Jemand kollabiert in einem Restaurant, schneiden ihn mit dem Buttermesser auf und ersetzten eine Klappe mit einer ausgehöhlten Karotte. Aber ab und zu schleichen sich da auch andere Fantasien hinein. Die meisten unserer Fantasien verschwinden, wenn wir aufwachen und werden in die hintersten Gehirnwindungen verbannt. Doch manchmal sind wir ganz sicher: Wenn wir uns nur große Mühe geben, können wir den Traum leben.
Fantasien sind ganz einfach: Genuss ist gut - und doppelt so viel Genuss ist besser. Schmerz ist schlecht - und kein Schmerz ist immer besser. Aber die Realität ist anders. Die Realität ist, dass Schmerz existiert, um uns etwas zu sagen. Wir können nur ein gewisses Maß an Genuss ertragen, ohne Bauchschmerzen zu bekommen. Vielleicht ist das gut so. Vielleicht sollen gewisse Fantasien einzig und allein in unseren Träumen existieren.
An einem gewissen Punkt während ihrer Ausbildung, bekommen die meisten Assistenzärzte ein Gefühl dafür, wer sie sind als Arzt, und was für ein Chirurg sie wohl werden. Wenn man sie fragt, sagen sie es einem, sie sagen dann nicht "Ich werde Chirurg", sie sagen, "Unfallchirurg", "Neurochirurg". Unterschiede, die mehr sind als eine Beschreibung des Spezialgebiets. Sie tragen dazu bei, zu definieren wer man ist, denn außerhalb des OPs ist das nicht nur so, dass die meisten Chirurgen keine Ahnung haben wer sie sind, sie haben auch Angst es herauszufinden.
Dennys Nachricht auf dem Anrufbeantworter seiner Eltern:
Dad, Mom, ich bin's! Ich ruf vom "Seattle Grace Hospital" an, wo die wunderschöne, begabte und unglaublich hartnäckige Dr. Izzie Stevens mir gerade, sie hat mir gerade ein nagelneues Herz gegeben und versprochen mich zu heiraten. Ich weiß, dass wir uns nicht immer einig waren und es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ob ihr's glaubt oder nicht, ich wollte, ich habe versucht alles besser zu machen. Ich weiß, dass ihr wütend auf mich seid, doch ich hoffe, dass ihr mir verzeiht. Wie sich rausstellt, muss man manchmal das Falsche machen. Manchmal muss man einen großen Fehler machen, um rauszufinden wie man es richtig macht. Fehler tun weh, aber es ist der einzige Weg herauszufinden, wer man wirklich ist. Ich weiß jetzt wer ich bin. Ich weiß was ich will. Ich hab die Liebe meines Lebens gefunden. Ich hab ein neues Herz und ich möchte, dass ihr das nächste Flugzeug hierher nehmt und mein Mädchen kennenlernt. Von jetzt an wird alles anders, das verspreche ich, von jetzt an wird nichts mehr so sein wie früher. Ich hab euch lieb. Macht's gut!
Regel Nummer eins: Richte keinen Schaden an. Als Ärzte sind wir diesem Grundsatz verpflichtet. Aber natürlich passiert das jedem mal, dann kommen die Schuldgefühle und es gibt keinen vorgegebenen Weg, wie man damit zurecht kommt. Ein Schuldgefühl kommt niemals allein, es bringt seine beiden Freunde mit: Zweifel und Unsicherheit.
Regel Nummer eins: Richte keinen Schaden an. Leichter gesagt als getan. Wir können uns natürlich vornehmen was wir wollen, aber Tatsache ist, dass die meisten von uns ständig irgendwo Schaden anrichten. Selbst wenn wir versuchen zu helfen, richten wir manchmal mehr Schaden an, als wir Gutes tun. Und dann zeigt die Schuld ihr hässliches Gesicht und was man mit dieser Schuld macht, das liegt an einem selbst. Am Ende haben wir keine Wahl: Entweder lässt man sich von den Schuldgefühlen zu dem Verhalten treiben, das einem den Ärger eingebrockt hat, oder man lernt daraus und gibt sich Mühe weiterzumachen.
Um ein guter, ein wirklich guter Chirurg zu sein, muss man großes Engagement zeigen. Wir müssen bereit sein, das Skalpell in die Hand zu nehmen und einen Schnitt zu machen, der vielleicht oder vielleicht auch nicht, mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Es geht darum, voll engagiert zu sein. Denn wenn wir es nicht sind, dürfen wir das Skalpell gar nicht erst in die Hand nehmen.
Es gibt Zeiten, in denen es selbst den besten von uns schwerfällt engagiert zu sein, und wir sind vielleicht überrascht, wie leicht wir uns davon abbringen lassen, Engagement zu zeigen. Das mit dem Engagement ist kompliziert. Andererseits überrascht es uns manchmal, wie engagiert wir sein können. Wahres Engagement erfordert Mühe und Opfer. Deswegen müssen wir es wohl manchmal auf die harte Tour lernen, unser Engagement wohlüberlegt einzusetzen.
Als Chirurgen entwickeln wir ein Gespür für Krankheiten. Manchmal kommen wir den Problemen leicht auf die Spur, aber meistens müssen wir Schritt für Schritt vorgehen. Zuerst prüfen wir die Oberfläche und suchen nach irgendwelchen Anzeichen für Ärger - nach einem Muttermal, einer Wunde oder einer störenden Geschwulst. Meistens können wir nicht sagen, was mit jemandem nicht stimmt, wenn wir ihn uns nur ansehen. Rein äußerlich betrachtet kann er nämlich völlig in Ordnung erscheinen, während uns sein Inneres eine ganz andere Geschichte erzählt.
Nicht alle Wunden sind oberflächlich. Die meisten Wunden gehen tiefer, als wir es uns vorstellen können. Das kann man mit dem bloßen Auge nicht sehen. Und dann gibt es Wunden, die uns überraschend zugefügt werden. Die beste Art eine Wunde oder Krankheit zu behandeln, ist in die Tiefe zu gehen und den wahren Grund für die Verletzung zu finden. Und wenn man ihn gefunden hat, muss man versuchen ihn mit aller Kraft zu beseitigen.
Viele wissen nicht, dass das menschliche Auge einen blinden Fleck auf der Netzhaut hat. Es gibt also einen Teil der Welt, den wir tatsächlich nicht sehen können. Das Problem ist nur, dass dieser blinde Fleck manchmal dazu führt, dass wir Dinge nicht sehen, die wir lieber nicht ignorieren sollten.
Vielleicht ist das mit den blinden Flecken nicht so, dass unser Gehirn uns glücklich machen will. Vielleicht will es uns nur beschützen.
Cristina Yang
Als Ärzte kennen wir die Geheimnisse eines jeden: medizinische Vorgeschichte, sexuelle Vergangenheit. Vertrauliche Informationen, die für einen Chirurgen so wichtig sind wie ein Zehnerskalpell - und ganz genauso gefährlich. Wir behalten diese Geheimnisse für uns, das ist unsere Pflicht. Aber nicht jedes Geheimnis kann gewahrt werden.
Auf gewisse Weise ist Verrat unvermeidlich. Wenn unser Körper uns im Stich lässt, ist eine Operation oft der Schlüssel zur Genesung. Wenn wir uns gegenseitig im Stich lassen, wenn wir uns gegenseitig verraten, ist der Weg zur Heilung weniger klar. Wir tun alles, um verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen. Es gibt allerdings bestimmte Wunden, Momente des Verrats, die so schlimm sind, so grundlegend, dass es keine Möglichkeit gibt zu reparieren, was kaputt gegangen ist. Und wenn so etwas passiert, dann kann man nichts anderes tun, als warten.
(kein Intro)
Am Ende ist es doch so: Wir wollen im Grunde nichts anderes, als einem anderen Menschen nahe zu sein. Das ganze restliche Theater, wenn wir versuchen Distanz zu wahren, demonstrieren, dass uns die anderen Leute egal sind, ist meistens reiner Blödsinn. Also suchen wir uns die Menschen aus, denen wir nahe sein wollen. Und wenn wir diese Menschen einmal gewählt haben, bleiben wir meistens in ihrer Nähe. Egal wie sehr wir ihnen auch weh tun. Die Menschen, die am Ende eines Tages noch bei einem sind, das sind diejenigen, die es wert sind, dass man bei ihnen bleibt. Natürlich kann man sich auch zu nah kommen, andererseits ist es manchmal genau das, was man braucht: Sich jemandem ganz nah zu fühlen.
(kein Intro und Outro)
(kein Intro und Outro)
Niemand glaubt, dass sein Leben nur so irgendwie ganz okay verlaufen würde. Wir glauben alle, dass aus uns etwas Besonderes wird. Und von dem Tag an, an dem wir uns dazu entschieden haben Chirurgen zu werden, sind wir voll hoher Erwartungen. Wir erwarten von uns, dass wir neue Wege beschreiten, dass wir Menschen helfen, dass wir etwas bewegen. Wir haben hohe Erwartungen an den Menschen, der wir sein möchten, wohin wir gehen werden. Und irgendwann kommen wir an.
Wir denken alle, dass wir mal was ganz Tolles werden. Und wir fühlen uns ein klein wenig wie beraubt, wenn sich unsere Erwartungen nicht erfüllen. Aber manchmal sind wir unseren Erwartungen weit voraus. Das was man erwartet verblasst manchmal vollkommen neben dem, was man nicht erwartet. Man muss sich schon wundern, warum wir an unseren Erwartungen festhalten. Das Erwartete ist das, was uns in der Balance hält. Aufrecht, ruhig, was wir erwarten ist nur der Anfang. Das was wir nicht erwarten, ist das, was unser Leben verändert.
Wir als Chirurgen leben in einer Welt der größten anzunehmenden Katastrophen. Wir haben aufgehört zu hoffen, dass das Bestmögliche passiert, weil das selten eintritt. Doch ab und zu geschieht etwas Außergewöhnliches. Und auf einmal scheint das Bestmögliche tatsächlich erreichbar. Und ab und zu geschieht doch etwas Unglaubliches. Und gegen unser besseres Wissen, beginnen wir zu hoffen.
Ärzte werden geschult ihren Patienten nur die Tatsachen mitzuteilen. Aber was die Patienten wirklich wissen wollen ist, "Gehen diese Schmerzen je wieder weg?" - "Wird es mir bald wieder besser gehen?" - "Bin ich gesund?". Was unsere Patienten eigentlich interessiert ist, "Gibt es Hoffnung?". Es gibt immer wieder Augenblicke, in denen man sich der größten Katastrophe stellen muss. Wenn der eigene Körper den Patienten betrogen hat, und alles was die Wissenschaft bieten kann, nicht mehr hilft. Wenn das Schlimmste, was passieren kann, wahr wird, dann ist das Klammern an die Hoffnung, alles was uns bleibt.
Die Wissenschaft kennt das Verschwinden. Krankheiten zum Beispiel können verschwinden. Krebsgeschwüre sind einfach nicht mehr da. Wir machen einen Patienten auf und sehen, dass der Krebs weg ist. Dafür gibt es keine Erklärung. Es ist sehr selten, aber es kommt vor. Wir nennen es eine Fehldiagnose und behaupten, wir hätten es eigentlich gar nicht gesehen. Jede Erklärung ist besser als die Wahrheit. Im Leben löst sich Einiges in Luft auf. Wenn etwas, von dem wir nicht wussten, dass wir es haben, verschwindet, vermissen wir's?
(kein Outro)
Wie ich schon sagte: Dass etwas verschwindet, das kommt vor. Aus Schmerzen werden Phantomschmerzen. Blut hört auf zu fließen und Menschen, Menschen sterben. Es gibt noch mehr, was ich zu sagen habe, so viel mehr. Aber ich bin verschwunden.
(kein Outro)
Es gibt medizinische Wunder. Als Gläubige am Altar der Wissenschaft, möchten wir uns nicht eingestehen, dass es Wunder gibt, aber es gibt sie. Es gibt Dinge, die einfach passieren. Wir können es nicht erklären, wir können sie nicht kontrollieren, aber sie passieren doch. Wunder geschehen in der Medizin durchaus, sie geschehen jeden Tag. Nur nicht unbedingt dann, wenn wir sie brauchen.
Natürlich enden die meisten Tage so. Aber oft werden die Gebete auch erhört. Wir sollten die Wunder auch einfach mal akzeptieren. Wenn wir unsere Hand über die Kluft zwischen den Welten strecken, können wir uns manchmal gegen sämtliche Wahrscheinlichkeiten, gegen aller Logik, berühren.
Menschen haben an den überraschendsten Stellen Narben. Sie sind so etwas wie geheime Straßenkarten ihrer persönlichen Geschichte, ein Diagramm alter Verletzungen. Die meisten Wunden heilen und es bleibt nichts weiter als eine Narbe zurück, manche heilen jedoch nicht. Manche Verletzungen tragen wir ständig mit uns herum. Auch wenn sie schon lange her sind, halten die Schmerzen an.
Was ist schlimmer: Die neuen Wunden, die so schmerzhaft sind oder die alten, die vor Jahren schon verheilen sollten? Vielleicht haben uns unsere alten Wunden etwas zu erzählen. Sie erinnern uns, wie wir damals waren und was wir überstanden haben. Sie lehren uns, was wir in der Zukunft vermeiden sollten, zumindest hätten wir das gern. Aber leider ist das nicht so, oder? Es gibt Dinge, die müssen wir einfach immer wieder durchmachen, immer und immer wieder.
Chirurgen haben immer einen Plan: Wo soll geschnitten werden, wo geklammert und wo genäht? Aber trotz genauster Pläne kann es zu Komplikationen kommen. Manches kann schief laufen und plötzlich steht man mit runtergelassener Hose da.
Leider führen unsere Pläne oft dazu, dass wir schlecht auf unerwartete Ereignisse reagieren können. Wenn uns das Leben also überrascht, ob nun im OP oder im Privatleben, müssen wir improvisieren. Natürlich können einige von uns besser improvisieren als andere. Manche von uns brauchen dann eben einen Plan B und machen das Beste daraus. Und manchmal ist das, was wir wollen, genau das, was wir brauchen. Manchmal allerdings, manchmal brauchen wir aber auch schlicht und einfach einen neuen Plan.
Von der Vergangenheit eingeholt
Die Geschichte eines Patienten ist genauso wichtig wie seine Symptome. Sie hilft uns dabei zu entscheiden, ob es sich um Sodbrennen handelt oder einen Herzinfarkt, ob Kopfschmerzen einen Tumor bedeuten. Manchmal versuchen Patienten ihre Vorgeschichte umzuschreiben. Sie behaupten dann, sie würden nicht rauchen oder vergessen bestimmte Medikamente zu erwähnen. Bei einer Operation kann es dann den Tod bedeuten. Wir können es zwar ignorieren, aber irgendwann wird sich unsere Vergangenheit an uns rächen. An einem gewissen Punkt müssen wir uns alle entscheiden: Greife ich auf das zurück, was ich weiß, oder schreiten wir voran und beginnen etwas Neues?
Es ist schwer, die Vergangenheit wirklich hinter sich zu lassen. Unsere Vergangenheit ist das, was uns ausmacht, was uns die Richtung vorgibt. Unsere Vergangenheit taucht immer wieder auf, immer und immer wieder. Was wir uns vor Augen halten müssen ist, dass wir unsere Vergangenheit selbst schaffen und zwar durch das, was wir heute tun.
Als Assistenzärzte wissen wir, was wir wollen. Wir wollen Chirurgen werden und wir tun alles, um unser Ziel zu erreichen. Wir kämpfen uns durch die härtesten Klausuren, ertragen 100-Stunden-Wochen, stehen stundenlang in OP-Sälen herum. Egal was, wir tun's.
Wir wollen Chirurgen werden, aber es ist schwierig das mit dem, was wir sonst noch wollen, unter einen Hut zu bringen. Allzu oft ist das, was man will, das was man nicht haben kann. Verlangen ist das, was unser Herz bricht, es füllt uns aus. Verlangen kann einem das Leben zur Hölle machen. Aber so hart es auch sein mag, etwas wirklich zu wollen: Die Menschen, die am meisten leiden, sind diejenigen, die nicht wissen, was sie wollen.
Die andere Seite des Lebens (Teil 1)
Der Traum sieht so aus, dass wir endlich glücklich sein werden, wenn wir unsere Ziele erreicht haben. Den richtigen Mann finden, die Assistenzzeit überstehen, das ist der Traum. Und wenn wir das geschafft haben, fangen wir natürlich wieder an, von etwas anderem zu träumen. Wenn wir so etwas träumen, würden wir gerne aufwachen. Sofort bitte!
(kein Outro)
Die andere Seite des Lebens (Teil 2)
(kein Intro)
Irgendwann akzeptieren wir vielleicht, dass aus dem Traum ein Albtraum geworden ist. Wir sagen uns, dass die Realität sowieso besser ist. Wir reden uns ein, dass es besser ist, gar nicht zu träumen. Aber die Stärksten von uns, die wirklich Entschlossenen, die halten an ihrem Traum fest. Manchmal konfrontiert uns das Leben mit einem anderen Traum. Wir betrachten diesen neuen Traum und empfinden gegen alle Wahrscheinlichkeit eine gewisse Hoffnung. Wenn wir Glück haben, verstehen wir irgendwann in unserem Leben, dass es gar nicht um diesen oder jenen Traum geht, sondern darum, überhaupt zu träumen.
Die Ausbildung eines Chirurgen endet nie. Jeder Patient, jedes Symptom, jede Operation ist ein Test, eine Gelegenheit für uns zu demonstrieren, wie viel wir wissen und wie viel mehr wir noch zu lernen haben.
(kein Outro)
Richard Webber
Der Chefarzt hat hauptsächlich eine Aufgabe: Er trägt die Verantwortung. Im Grunde ist jeder Chirurgie-Patient in diesem Krankenhaus Ihr Patient, völlig egal, ob Sie selbst der Operateur sind. Das Skalpell haben Sie in der Hand. Sie müssen im Stande sein, mit der Familie zu sprechen und ihr versichern, Ihr Team habe alles getan, was möglich war, um ihr Kind zu retten. Den Ehemann, die Ehefrau. Man lässt sich vereinnahmen, von der Sorge anderer Menschen und ihren Familien. Diese Verantwortung, das macht einen... Sie tragen Sorge für die anderen Menschen und ihre Familien und opfern dafür ihre eigene.
(kein Outro)
Staffel 4[]
In der medizinischen Praxis sind Veränderungen unausweichlich. Neue Operationstechniken werden entwickelt, Methoden auf den neuesten Stand gebracht, Fachkenntnisse vertiefen sich. Innovation ist alles, nichts bleibt lange gleich. Entweder passen wir uns den Veränderungen an, oder wir bleiben zurück.
Veränderung, wir mögen sie nicht, wir haben Angst davor. Aber wir können sie nicht aufhalten. Entweder passen wir uns den Veränderungen an, oder wir bleiben zurück. Es tut weh, zu wachsen. Wer sagt das wäre nicht so, der lügt. Aber die Wahrheit ist, je mehr sich Dinge verändern, umso mehr gleichen sie sich. Und manchmal, manchmal ist Veränderung etwas Gutes, und manchmal ist Veränderung alles.
Im Krankenhaus haben wir jeden Tag mit Abhängigkeiten zu tun. Es ist schockierend, wie viele Formen der Abhängigkeit existieren. Es wäre zu einfach, wenn es nur um Drogen und Alkohol und Zigaretten ginge. Ich glaube das Schwierigste am Überwinden einer Sucht ist, sie überwinden zu wollen. Ich meine, es gibt doch einen Grund dafür, warum wir abhängig werden, oder? Oft, viel zu oft, ist es so, dass etwas, das zunächst ein ganz normaler Teil des Lebens ist, irgendwann die Grenze überschreitet. Es wird zur Obsession, zur Besessenheit, es gerät außer Kontrolle. Es ist das High-Sein, das wir unbedingt wollen. Das High-Sein, neben dem alles andere verblasst.
Das Problem mit der Abhängigkeit ist, dass es nie gut ausgeht. Denn irgendwann wird das, was uns das High-Sein beschert, egal was es ist, aufhören uns ein gutes Gefühl zu verschaffen und anfangen weh zu tun. Es heißt, dass man die Sucht nicht loswerden kann, bevor man den absoluten Tiefpunkt erreicht hat. Aber woher weiß man, wann das ist? Denn egal wie sehr uns eine Sache auch verletzt, manchmal schmerzt es noch viel mehr, sie loszulassen.
Ärzte geben Patienten Vieles. Wir geben ihnen Medikamente, wir geben ihnen gute Ratschläge und -jedenfalls meistens- geben wir ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber was einem am allerschwersten fällt, ist, einem Patienten die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit ist schwierig, die Wahrheit ist peinlich, und sehr oft tut die Wahrheit weh. Ich meine, die Leute sagen sie wollen die Wahrheit hören, aber wollen sie das wirklich?
Im Grunde genommen will niemand die Wahrheit hören, ganz besonders nicht, wenn sie einem nahe geht. Manchmal sagen wir die Wahrheit, weil wir dem anderen nicht mehr geben können, als die Wahrheit. Manchmal sagen wir die Wahrheit, weil wir sie laut sagen müssen, damit wir sie selber hören. Und manchmal sagen wir die Wahrheit, weil wir einfach nicht anders können. Manchmal ist es aber auch so, dass wir die Wahrheit sagen, weil wir dem anderen wenigstens das schuldig sind.
Im Leben ist nur eine Sache sicher, abgesehen vom Tod und den Steuern: Egal, wie viel Mühe man sich gibt, egal, wie gut man es gemeint hat - Fehler macht man auf jeden Fall. Man wird andere Menschen verletzen, man wird von anderen Menschen verletzt werden und wennn man sich je davon erholen will, dann gibt es eigentlich nur eins was man sagen kann: Callie sagt: "Ich verzeih dir. Du hast einen Fehler gemacht, doch wir haben geschworen, bis der Tod uns scheidet. Also will ich dir verzeihen."
"Vergeben und vergessen", so sagt man ja wohl. Das klingt nach einem guten Motto, aber es ist nicht sehr praktisch. Wenn uns jemand weh tut, wollen wir es ihm mit gleicher Münze heimzahlen. Wenn uns jemand unrecht tut, wollen wir Recht bekommen. Ohne Vergebung werden alte Rechnungen nie beglichen, werden alte Wunden niemals heilen. Und wir können höchstens hoffen, dass wir eines Tages das Glück haben, zu vergessen.
Es gibt einen Grund, warum Chirurgen lernen wollen, mit dem Skalpell umgehen zu wollen. Wir tun gerne so, als wären wir hartgesottene, abgeklärte Wissenschaftler. Wir tun gern so, als hätten wir keine Angst. Aber in Wirklichkeit werden wir Chirurgen, weil wir glauben, dass wir das, was uns tief in unserem Inneren quält, einfach wegschneiden können: Schwäche, Zerbrechlichkeit, Tod.
Es sind nicht nur die Chirurgen. Die Wahrheit ist, ich kenne niemanden, der nicht von irgendetwas verfolgt wird, oder irgendjemandem. Und egal ob wir versuchen den Schmerz mit einem Skalpell wegzuschneiden, oder ihn in die hinterste Ecke des Schrankes zu schieben, so oder so werden wir scheitern. Die einzige Möglichkeit die dunklen Wolken zu vertreiben, ist, ein neues Kapitel aufzuschlagen oder das alte Kapitel richtig zu beenden. Endlich ist ein Kapitel beendet.
Bei Chirurgen ist es so: Vielleicht liegt's am Stolz oder vielleicht geht's nur darum, hart zu erscheinen, aber ein wahrer Chirurg gibt niemals zu, dass er Hilfe braucht, außer es ist vollkommen unabdingbar. Chirurgen müssen nicht um Hilfe bitten, weil sie dafür viel zu hart sind. Chirurgen sind Cowboys. Harte Schale, harter Kern. Jedenfalls wollen sie, dass alle anderen das glauben.
Tief im Inneren wollen wir alle glauben, dass wir hardcore sein können. Aber hardcore heißt nicht einfach nur hardcore zu sein, es heißt auch, Dinge zu akzeptieren. Manchmal muss man sich auch erlauben, einmal nicht hardcore zu sein. Man muss nicht jede Minute des Tages knallhart sein, es ist erlaubt das Visier hochzuklappen. Ehrlich gesagt, in manchen Augenblicken ist es das Beste, zumindest solange man diesen Augenblick sorgfältig wählt.
Bevor wir Ärzte geworden sind, waren wir Medizinstudenten. Das bedeutet, dass wir viel Zeit damit zugebracht haben, Chemie zu studieren. Organische Chemie, Biochemie, darüber haben wir alles gelernt. Aber wenn es um die zwischenmenschliche Chemie geht, zählt nur eins: entweder sie stimmt oder sie stimmt nicht.
Die Chemie: Entweder sie stimmt oder sie stimmt nicht.
Es gibt einen Punkt im Leben, wo man offiziell erwachsen ist. Plötzlich ist man alt genug zu wählen, zu trinken und sich anderen Erwachsenen-Aktivitäten hinzugeben. Auf einmal erwarten alle von einem, dass man verantwortungsbewusst ist, ernsthaft, eben ein Erwachsener. Wir werden älter, wir werden bedeutend. Aber werden wir wirklich jemals erwachsen?
Auf gewisse Weise werden wir natürlich erwachsen. Wir haben Familien, wir heiraten, werden geschieden. Doch im Grunde haben wir immer noch die gleichen Probleme, die wir mit 15 hatten. Egal wie alt wir sind und bedeutend, wir stolpern immer noch und wir zweifeln andauernd. Wir bleiben ewig jung.
Wir sind Ärzte geworden, weil wir Menschenleben retten wollen. Wir sind Ärzte geworden, weil wir Gutes tun wollen, wegen der Aufregung, wegen der Spannung. Doch das, woran wir uns am Ende eines Tages erinnern, sind die Verluste. Was wir in schlaflosen Nächten durchspielen, sind die Schmerzen, die wir verursacht haben, die Krankheiten, die wir nicht heilen konnten, die Leben, die wir zerstört haben oder nicht retten konnten.
(kein Outro)
Der Alltag als Arzt hat wenig von dem, was man sich davon erträumt hat. Wir sind Ärzte geworden, weil wir Menschenleben retten wollen. Wir sind Ärzte geworden, weil wir Gutes tun wollen, wegen der Aufregung, wegen der Spannung. Doch das, woran wir uns am Ende eines Tages erinnern, sind die Verluste. Was wir in schlaflosen Nächten durchspielen, sind die Schmerzen, die wir verursacht haben, die Krankheiten, die wir nicht heilen konnten, die Leben, die wir zerstört haben oder die wir nicht retten konnten. Am Ende des Tages ist die Realität absolut nicht das, was wir uns erhofft hatten. Die Realität ist am Ende des Tages meistens vollkommen auf den Kopf gestellt, ganz anders als man denkt.
Manchmal kommt einem die ganze Welt verkehrt herum vor. Und dann, wenn man es am wenigsten erwartet, kann es passieren, dass die Welt wieder ins Lot kommt.
Miranda Bailey
Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde, zumindest wird das so überliefert. Er schuf die Vögel der Lüfte und die Tiere des Feldes und er betrachtete seine Schöpfung und sah, dass sie gut war. Und dann schuf Gott den Menschen und seitdem geht es nur noch bergab. Weiter heißt es in der Geschichte, Gott habe den Menschen nach seinem eigenen Bild geschaffen. Dafür gibt es wenig Beweise. Immerhin hat Gott die Sonne, den Mond und die Sterne gemacht. Der Mensch macht nichts weiter als Ärger. Und wenn der Mensch entdeckt, dass er in Schwierigkeiten steckt -und das tut er meistens- wendet er sich an etwas, das größer ist als er selbst: An die Liebe, das Schicksal oder die Religion, damit er die Welt versteht. Doch für einen Chirurgen ist die einzige Sache, die überhaupt einen Sinn ergibt, die Medizin.
Als Ärzte wissen wir heute mehr über den menschlichen Körper, als zu irgendeiner anderen Zeit in unserer Geschichte. Aber das Wunder des Lebens selbst, warum die Menschen leben und sterben, warum sie andere verletzen oder verletzt werden, das ist immer noch ein Geheimnis. Wir wollen den Grund kennen, das Geheimnis, die Antwort am Ende des Buches. Denn die Vorstellung, dass wir hier unten ganz allein sein könnten, können wir einfach nicht ertragen. Doch am Ende eines Tages ist die Tatsache, dass wir füreinander einstehen, trotz unserer Meinungsverschiedenheiten und egal woran wir glauben, Grund genug, nicht aufzuhören zu glauben.
Wir denken gern, dass wir vernunftbegabte Wesen sind - menschlich, gewissenhaft, zivilisiert, nachdenklich. Doch wenn die Dinge kompliziert werden, auch nur ansatzweise, dann wird es deutlich: Wir sind nicht besser als die Tiere, aber wir haben einen Daumen zum Greifen. Wir denken, wir haben den aufrechten Gang, wir sprechen, wir träumen, doch im Grunde wühlen wir alle immer noch blind im Urschleim herum. Wir beißen, krallen und kratzen, um in der kalten, dunklen Welt wie all die anderen Kröten und Faultiere zu überleben.
In jedem von uns steckt ein bisschen was von einem Tier und vielleicht ist das ein Grund zum Feiern. Unsere tierischen Instinkte sind es, die uns Trost suchen lassen, Wärme und ein Rudel zum Mitlaufen. Vielleicht fühlen wir uns eingesperrt oder gefangen, aber als Menschen können wir doch Wege finden, uns frei zu fühlen. Wir sind dazu da, um aufeinander aufzupassen. Wir sind die Hüter unserer Menschlichkeit, obwohl in uns allen ein Tier steckt. Was uns von den Tieren unterscheidet ist, dass wir denken können, fühlen, träumen und lieben und entgegen aller Wahrscheinlichkeit, entgegen aller Instinkte, entwickeln wir uns weiter.
Große Chirurgen werden nicht gemacht, sie werden geboren. Sie werden ausgetragen und aufgezogen und das erfordert Opfer, sehr große Opfer. Aber wenn Blut, Eingeweide und das andere eklige Zeug abgewaschen sind, ist man ein Chirurg geworden und das war es wert.
Eine Geburt ist sicher total intensiv und magisch und so weiter, nur der Vorgang selbst, der ist nicht gerade angenehm. Aber er ist auch der Anfang von etwas Unglaublichem, von etwas Neuem, von etwas Unvorhersehbarem, von etwas Wahrem, etwas, dass es wert ist geliebt zu werden, etwas, dass es wert ist vermisst zu werden, etwas, das ein Leben für immer verändern wird.
Es gibt da eine Person in meinem Kopf, sie ist brillant. Sie kann Thoraxdrainagen legen, Kraniotomien durchführen, sie kann eine Wiederbelebung einleiten, ohne nervös zu werden. Sie ist eine sehr gute Chirurgin, vielleicht sogar eine großartige. Sie ist ich, nur sehr viel besser.
Meredith zu ihrer Therapeutin: Es war ein guter Tag, vielleicht sogar ein großartiger Tag. Ich war eine gute Ärztin, sogar als es schwer war, ich war die, die ich in meinem Kopf bin. Es gab einen Augenblick, an dem ich dachte, ich schaff das nicht, ich kann das nicht allein. Aber ich hab die Augen zu gemacht und mir vorgestellt, wie ich es schaffe und ich hab's geschafft, ich hab die Angst ausgeblendet und hab's getan. Es war ein echt guter Tag.
Das Problem, das man als Assistenzarzt hat, ist das beständige Gefühl, verrückt zu sein. Man bekommt jahrelang keinen Schlaf, man verbringt täglich Zeit mit Leuten, die in einer tiefen Krise stecken. Dadurch kann man nicht mehr beurteilen, was normal ist, bei einem selbst oder bei allen anderen. Dennoch bitten die Leute, ihnen dauernd zu sagen, wie es ihnen geht. Woher zum Teufel soll man das wissen? Man weiß ja nicht einmal selbst, wie es einem geht.
Wundern Sie sich nicht, warum Leute verrückt werden. Wundern Sie sich, warum sie es nicht werden, angesichts dessen, was wir an einem einzigen Tag verlieren können, einem Augenblick. Ich frage mich, weswegen wir es verdammt noch mal schaffen, die Fassung zu bewahren.
Meine Mutter pflegte zu sagen: "Ein Tag, an dem niemand stirbt, wird einem Chirurgen nur selten geschenkt!". Jeden Tag sehen wir dem Tod ins Gesicht. Jeden Tag verlieren wir Menschenleben. Und jeden Tag hoffen wir, dass wir den Tod irgendwie aufhalten können. Wir sind mit dem Tod verbunden, an ihn gekettet, wie Häftlinge, wie Gefangene.
(kein Outro)
(Kein Intro und Outro)
Staffel 5[]
Wer erinnert sich nicht an die Gute-Nacht-Geschichten aus seiner Kindheit? Da passt Aschenputtel der Schuh, der Frosch wird zum Prinzen und Dornröschen wachgeküsst. Es war einmal… Und dann lebten sie glücklich bis an ihr Lebensende. Märchen, der Stoff aus dem die Träume sind. Das Problem ist nur, dass Märchen nicht wahr werden. Das passiert nur bei den anderen Geschichten, denen die mit düsteren, stürmischen Nächten beginnen und schlimm enden. Es sind die Albträume, die scheinbar immer wahr werden. Dem, der sich die Redewendung "Sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende" einfallen ließ, sollte man kräftig in den Arsch treten.
(kein Outro)
(kein Intro)
"Es war einmal ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." Die Geschichten, die wir erleben, sind der Stoff aus dem die Träume sind. Märchen werden nicht wahr. Die Realität ist viel stürmischer, viel undurchsichtiger, viel beängstigender. Die Realität ist viel interessanter als "...und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende."
Als Chirurgen werden wir dazu ausgebildet, den Schaden wieder zu richten. Am Tiefpunkt fällt für uns der Startschuss, bei der Arbeit. Aber im Privatleben, da ist der Tiefpunkt ein Zeichen von Schwäche und wir tun, was wir können, um davor wegzulaufen.
Knochen brechen, Organe platzen, Haut reißt. Wir können Fleischwunden wieder zunähen, den Schaden richten, die Schmerzen lindern. Aber wenn das Leben zusammenbricht, wenn wir zusammenbrechen, können wir uns nicht auf die Medizin verlassen. Es gibt keine verbindlichen Regeln. Wir müssen da irgendwie ganz allein durch und für einen Chirurgen gibt es nichts Schlimmeres und nichts Besseres.
Irgendwann vor Christi Geburt betrachtete jemand seinen kranken Freund und sagte:" Ich hätte da eine Idee. Ich bohre ein Loch in deinen Schädel, dann wird es dir besser gehen!". Damit war die Chirurgie geboren. Man muss schon irgendwie wahnsinnig sein, um auf die Idee zu kommen, jemandem den Schädel zu durchbohren, aber Chirurgen waren schon immer eine eigensinnige Zunft. Normalerweise wissen wir was wir tun und wenn nicht, tun wir trotzdem so. Wir betreten mutig unerforschtes Terrain, hissen die Flagge und fangen an, Leute herumzukommandieren. Es ist belebend und angsteinflößend.
Wir glauben gern, dass wir furchtlos sind. Entschlossen, unerforschtes Terrain zu erforschen und Erfahrungen zu machen. Tatsache ist, wir haben immer eine Riesenangst.Vielleicht reizt uns diese Angst auch. Manche sehen sich Horrorfilme an, wir schneiden was auf und tauchen in dunkle Gewässer ab. Aber ist das nicht das was einen aufbaut, wenn man einen Drink, eine Freundin und 45 Minuten Zeit hat? Es ist doch langweilig, wenn immer alles glatt läuft. Ein bisschen Unheil, darüber lohnt es sich zu reden.
Ich bin ein Fels, ich bin eine Insel. Das ist das Mantra von fast allen Chirurgen, denen ich jemals begegnet bin. Wir glauben, wir wären unabhängig, Einzelgänger, Außenseiter und, dass wir zur Ausübung unseres Berufes nur einen OP, ein Skalpell und billiges Fleisch brauchen. Aber die Wahrheit ist, nicht mal die Besten von uns schaffen es allein. Die Chirurgie ist genauso wie das Leben, ein Mannschaftssport und irgendwann muss man sich von der Bank erheben und entscheiden, für welche Mannschaft man spielt.
Sich im realen Leben sein Team zusammenzustellen, ist nicht mit dem Sportunterricht von damals zu vergleichen. Die erste Wahl zu sein, kann einem Angst einjagen. Und die letzte Wahl zu sein, ist auf einmal nicht das Schlimmste auf der Welt. Manchmal sehen wir uns das Spiel von der Seitenlinie an, überzeugt ein Außenseiter zu sein. Wir wissen nämlich, sobald wir von der Bank aufstehen, kommt jemand, der das ganze Spiel ordentlich aufmischt.
Der Patient ist für den Chirurgen sein Schlachtfeld. Das ist unser Terrain, in dem wir uns vorwagen und uns zurückziehen, um alle Landmienen zu räumen. Immer wenn man glaubt, die Schlacht gewonnen und die Welt sicher gemacht zu haben, stößt man schon auf die nächste Landmiene.
Manche Kriege enden nie. Manche enden in einem unsicherem Waffenstillstand. Manche Kriege enden mit einem Sieg auf ganzer Linie. Manche Kriege enden mit einem Friedensangebot. Und manche Kriege enden voller Hoffnung. Aber all diese Kriege sind nichts, verglichen mit dem schlimmsten Krieg überhaupt, gegen den, der uns noch bevor steht.
Als normaler Mensch weiß man mit Sicherheit: am Ende wartet der Tod. Aber als Chirurg findet man in dieser Sicherheit keinen Trost mehr. Wir Chirurgen schlagen dem Tod ein Schnäppchen, indem wir ihn hinauszögern oder verweigern. Wir stellen uns ihm in den Weg und bieten ihm trotzig die Stirn.
Wir kommen auf die Welt, leben und sterben. Nicht immer zwingend in dieser Reihenfolge. Manchmal schließen wir mit Dingen ab, nur um sie wieder aufleben zu lassen. Wenn nicht mit dem Tod alles endet, worauf kann man sich dann noch verlassen? Denn aufs Leben kann man sich definitiv auch nicht verlassen. Das Leben ist die zerbrechlichste, unbeständigste, unberechenbarste Angelegenheit, die es gibt. Allerdings kann man sich doch auf eine Kleinigkeit verlassen: Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.
Es ist intensiv, was sich im OP abspielt, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen und man im Hirn rumfummelt, als wäre es Knetmasse. Man verbündet sich mit den Chirurgen, die mit einem am OP-Tisch stehen, ein unzertrennliches Bündnis, das sich nicht in Worte fassen lässt. Es entsteht ein vertrauliches Gefühl, wenn man so miteinander verbunden ist. Ob es einem nun gefällt oder nicht, diese Menschen werden zur Familie.
Was genau uns miteinander verbindet, kann man manchmal unmöglich erklären. Man bleibt miteinander verbunden, auch wenn das Bündnis vermeintlich zerbrochen ist. So manches Bündnis setzt Zeit, Raum und Logik außer Kraft, denn manche Bindungen sind vorbestimmt.
Wenn man klein ist, hat man in der Nacht Angst, weil sich Monster unterm Bett versteckt haben. Wenn man älter wird; sind die Monster überall. Es sind Selbstzweifel, Einsamkeit, Reue und obwohl man älter und weißer ist, fürchtet man sich immer noch vor der Dunkelheit.
Schlafen, so etwas kann man doch mühelos, man macht einfach die Augen zu. Aber für so viele von uns, scheint der Schlaf außerhalb unserer Reichweite. Wir wollen schlafen, aber wir wissen nicht, wie wir einschlafen sollen. Aber wenn wir uns unseren inneren Dämonen stellen, unseren Ängsten und uns gegenseitig um Hilfe bitten, dann ist die Nacht nicht mehr so angsteinflößend, weil uns klar wird, dass wir nicht allein sind in der Dunkelheit.
Meine Mutter nannte es den großartigsten und furchteinflößendsten Augenblick ihres Lebens. Am Kopf des OP-Tisches zu stehen und zu wissen, dass das Leben eines Patienten in den eigenen Händen liegt und nur in den eigenen, davon träumen wir alle. Denn der Erste, den sie im OP Solo fliegen lassen, hats richtig drauf.
Wir kommen allein auf die Welt und wir verlassen sie auch allein und bei allem was dazwischen passiert, sind wir es uns selbst schuldig, Gesellschaft zu finden. Wir brauchen Hilfe, wir brauchen Unterstützung. Ansonsten müssen wir alles allein durchstehen, als Fremde, voneinander getrennt und wir vergessen, wie sehr wir eigentlich miteinander verbunden sind. Stattdessen wählen wir die Liebe, wir wählen das Leben und einen Augenblick lang fühlen wir uns ein kleines bisschen weniger allein.
Wenigstens einmal im Jahr dürfen wir uns etwas wünschen, wenn wir die Kerzen auf unserer Geburtstagstorte auspusten. Ein paar von uns wünschen sich auch bei anderen Gelegenheiten etwas, bei ausgefallenen Wimpern, ein Springbrunnen, Glückssternen und von Zeit zu Zeit geht so ein Wunsch auch mal in Erfüllung. Und was dann? Hat er sich so erfüllt, wie wir es uns gewünscht haben? Sonnen wir uns in unserm eigenen Glück? Oder fällt uns nur auf, dass wir noch eine lange Liste mit anderen Wünschen haben, die darauf warten gewünscht zu werden?
Unsere Wünsche sind nicht so leicht zu erfüllen. Wir haben große Wünsche, anspruchsvolle, unerreichbare. Wir haben Wünsche, weil wir Hilfe brauchen, und weil wir Angst haben. Wir wissen, dass wir vielleicht zu viel verlangen. Wir wünschen uns trotzdem etwas, denn manchmal gehen die Wünsche in Erfüllung.
Über die Facharztausbildung sagte meine Mutter immer: "Man braucht ein Jahr, um zu lernen wie man einen aufschneidet, aber man braucht ein ganzes Leben, um es nicht zu tun". Das Schwierigste im Medizinstudium ist das Erlangen eines gesunden Urteilsvermögens. Ohne Urteilsvermögen sind wir nur kleine Kinder, die mit einem Zehner-Skalpell herumlaufen.
Wir sind Menschen, wir machen Fehler, wir verkalkulieren uns und reden dann von einem Irrtum. Aber wenn ein Chirurg eine falsche Entscheidung trifft, ist das nicht so einfach. Menschen verletzten sich und bluten und wir kämpfen dann bei jedem Stich und quälen uns bei jeder Naht. Doch nur die vorschnellen Entscheidungen, die wir sofort, problemlos und ohne zu zögern treffen, sind die, die uns immer wieder heimsuchen.
Denny Duquette
Ich glaube an den Himmel, ich glaube auch an die Hölle. Ich war weder da, noch dort, aber ich glaube daran. Es muss beides geben, denn ohne Himmel und Hölle würden wir alle auf die Vorhölle zusteuern.
Der Himmel, die Hölle, die Vorhölle. Niemand weiß, wo wir tatsächlich landen, oder was uns erwartet, wenn wir dahin kommen. Doch in einem können wir uns ganz sicher sein, mit absoluter Gewissheit: es gibt Augenblicke, in denen wir andere Sphären erreichen. Das ist dann der Himmel auf Erden, und vielleicht müssen wir vorerst auch gar nicht mehr wissen.
Jeder Medizinstudent weiß, dass eine erhöhte Herzfrequenz bedeutet, dass man Probleme hat. Herzrasen könnte auf alles Mögliche hindeuten. Von einer Panikattacke hin zu etwas viel, viel schwerwiegenderem. Herzflimmern oder Herzrhythmusstörungen können auf verborgene Beschwerden hinweisen. Es könnte auch auf eine Romanze hinweisen. Und damit hätte man die größten Probleme am Hals.
Anscheinend macht unser eigenes Herz immer das, was es will. Das Befinden kann sich ohne Vorwarnung ändern. Eine Romanze kann das Herz höher schlagen lassen. Panik kann das auch. Und Panik kann einem einen richtigen Schrecken einjagen. Es ist also kein Wunder, dass Ärzte so viel Zeit damit verbringen, dass das Herz stabil bleibt, damit es ruhig schlägt, konstant und gleichmäßig. Damit das Herz einem nicht bis zum Hals schlägt, wenn man sich vor etwas fürchtet oder wenn man eigentlich mit etwas ganz anderem rechnet.
Alle Krankengeschichten der Patienten beginnen gleich. Nämlich damit, dass es ihnen gut geht. Diese Zeit nennt man dann „davor“. An diese Zeit werden sich die Patienten klammern, an die Erinnerung an die Zeit, als es ihnen noch gut ging. So als könnte man den alten Zustand wiedererlangen, indem man nur darüber redet. Dabei übersehen die Patienten die Tatsache, dass sie mit uns darüber reden, ihren Ärzten. Und das bedeutet, dass es kein Zurück gibt. Sobald sie uns sehen, sind sie in der neuen Zeit angekommen, im „danach“. Und obwohl alle Krankengeschichten der Patienten gleich beginnen, hängt ihr Schicksal von uns ab, davon wie gut unsere Diagnose und Behandlung ist. Wir wissen, dass wir den Verlauf der Geschichte bestimmen und wir alle wollen Helden sein.
(kein Outro)
Die Menschen reagieren immer gleich, wenn sie erfahren, dass man Arzt ist. Man wird nicht mehr als Normalsterblicher angesehen. Die Menschen fangen an, einen größer zu machen, als man ist. Sie müssen uns für Götter halten, sonst wären wir wie alle anderen: unsicher, nicht fehlerfrei, gewöhnlich, mit Makeln behaftet. Deswegen treten wir selbstsicher und energetisch auf und bleiben äußerlich gelassen. So verbergen wir die Tatsache, dass wir auch nur Menschen sind.
Patienten halten uns für Götter. Oder sie halten uns für Monster. Aber Tatsache ist: Wir sind auch bloß Menschen. Wir bauen Mist und kommen vom Weg ab, auch die Besten von uns haben mal einen schlechten Tag. Trotzdem machen wir weiter. Wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus oder feiern jedes gerettete Menschenleben, denn es gibt immer einen neuen Patienten, der unsere Hilfe braucht. Und deswegen zwingen wir uns, es immer wieder zu versuchen, damit wir immer mehr dazulernen. In der Hoffnung, dass wir vielleicht eines Tages den Göttern, die wir für unsere Patienten sein müssen, ein wenig näher kommen.
Jeder Chirurg, den ich kenne, wird von einem Schatten verfolgt. Eine dunkle Wolke aus Ängsten und Zweifeln schwebt über ihnen, folgt selbst den Besten unter uns bis in den OP. Wir tun so, als wäre der Schatten nicht da. Und hoffen, dass er, wenn wir mehr Menschenleben retten, noch härter an uns arbeiten und schneller weglaufen, müde wird und die Jagd aufgibt. Aber heißt es nicht, man kann vor seinem eigenen Schatten nicht weglaufen?
Auf jedem Chirurgen lastet ein Schatten. Und man wird seinen Schatten nur los, wenn man das Licht ausmacht und aufhört vor der Dunkelheit wegzulaufen, um dann seinen Ängsten ins Gesicht zu sehen, mitten ins Gesicht.
Chirurgen sind nicht dafür bekannt, warmherzig und anschmiegsam zu sein. Sie sind arrogant, ungeduldig und gemein. Tja. Naja. Haben sie Freunde? Vermutlich nicht, wer würde sie schon ertragen? Tja, Chirurgen sind wie eine schlimme Erkältung, fies und hartnäckig. Chirurgen sind fies, aggressiv, nicht auszuhalten. Solche Menschen hat man doch gerne um sich herum, wenn man hinüber ist.
Der Beruf des Arztes ist nicht geeignet, um Freundschaften zu schließen. Vielleicht, weil wir dem Leben und der Sterblichkeit ständig ins Gesicht sehen müssen, vielleicht, weil wir dem Tod täglich ins Auge blicken, wissen wir, dass das Leben, jede Minute, nur eine Gnadenfrist ist, und dass jeder Mensch, für den wir Sorgen wollen, uns doch irgendwann verloren geht. Ich kenne ein paar Ärzte, die sich genau aus diesem Grund erst gar nicht die Mühe machen, Freundschaften zu schließen. Aber die anderen haben sich zur Aufgabe gemacht, diese Gnadenfrist länger hinauszuzögern. Wir verdrängen den Tod, und zwar soweit wir nur können.
Alex Karev
Chirurgen sind total verkorkst. Wir sind Schlachter, verkorkste, messerschwingende Schlachter. Wir schneiden Leute auf und machen weiter, Leute sterben unter unserer Aufsicht und wir machen weiter. Wir verursachen und wir erleiden traumatisches, wir haben keine Zeit zu überlegen, was wir über dem Blut, dem Tod und dem ganzen anderen Schrott empfinden.
Ganz egal wie hart wir sind, Traumatisches hinterlässt immer eine Narbe. Es folgt uns bis nach Hause, es ändert unser Leben. Traumatisches wirft jeden aus der Bahn. Aber vielleicht ist das ja gerade der Sinn, weil der Schmerz, die Angst, der ganze Schrott, vielleicht lässt uns genau das weitermachen, ist es das was uns antreibt. Vielleicht müssen wir erst einmal die Orientierung verlieren, bevor wir klar sehen.
Aufgeben kommt nicht in Frage. Jedenfalls nicht für Chirurgen. Wir verlassen den OP erst, wenn der letzte Atemzug gemacht wurde. Unheilbare Erkrankungen sind eine Herausforderung. Lebensbedrohliches hilft uns morgens auf die Beine. Wir lassen uns nicht so leicht einschüchtern, wir zucken nicht zusammen, wir geben nicht nach, wir kapitulieren nicht. Jedenfalls nicht bei der Arbeit.
Um unsere Arbeit zu machen, müssen wir daran glauben, dass Nachgeben nicht in Frage kommt. Und das es, egal wie krank unsere Patienten sein mögen, Hoffnung für sie gibt. Aber selbst wenn die Hoffnung der Realität weicht und wir uns der Wahrheit stellen, heißt das nur, dass wir diese Schlacht verloren haben, und nicht den ganzen Krieg. Mit dem Nachgeben verhält es sich folgendermaßen: Hat man es einmal gemacht, ich meine bedingungslos nachgegeben, vergisst man schnell wieso man sich gestritten hatte.
Sie haben doch sicher auch, als sie klein waren, auf dem Spielplatz hin und wieder ein anderes Kind gebissen, oder? Wir wurden dann gezwungen uns zu entschuldigen. Wir entschuldigten uns, aber wir meinten es nicht ernst, denn das blöde Kind, das wir gebissen hatten, hatte es total verdient. Aber wenn wir älter werden, ist es nicht mehr so einfach, etwas wieder gut zu machen. Ist man aus dem Sandkasten raus, darf man es nicht nur so sagen, man muss es auch so meinen. Als Arzt sagt man "tut mir leid" natürlich bei nicht so schönen Anlässen. Es bedeutet entweder jemand stirbt und man kann nicht helfen, oder gleich wird es wirklich weh tun.
Als Ärzte können wir unsere Fehler nicht rückgängig machen und wir verzeihen uns auch diese nur selten, aber das ist nun mal unser Berufsrisiko. Als Normalsterbliche können wir versuchen bessere Menschen zu werden, damit aus Unrecht Recht wird. Auch wenn wir uns überfordert fühlen. Ein "es tut mir leid" hilft nicht immer, weil wir es zu oft als Floskel gebrauchen, als Waffe oder als Ausrede. Aber wenn uns etwas wirklich leid tut, wir es auch so sagen, wie wir es meinen, wenn unsere Taten mehr sagen, als Worte es je könnten, wenn wir's richtig hinkriegen, ist das "tut mir leid" perfekt. Wenn wir's richtig anstellen ist das "tut mir leid" eine Erlösung.
Izzie Stevens
Man weiß vorher nicht, ob es der schönste Tag im Leben wird. Die Tage von denen man es erwartet, entpuppen sich manchmal als nicht so schön. Sie sind nie so schön, wie man sie sich vorgestellt hat. Es sind die gewöhnlichen Tage. Meistens fängt so ein Tag ganz normal an und am Ende des Tages stellt man fest, es war der schönste Tag und heute war die Hochzeit. Sie war wunderschön, perfekt.
Man weiß vorher nicht, ob es der schönste Tag im Leben wird, erst wenn es geschieht. Man erkennt den schönsten Tag des Lebens erst, wenn man mittendrin steckt. Während man sich etwas oder jemandem ganz hingibt, während einem das Herz gebrochen wird, während man seinem Seelenverwandten begegnet. Und dann erkennt man, dass die Zeit nicht reichen wird. Man merkt, man will ewig leben und das sind die schönsten Tage, die perfekten Tage, nicht wahr?
- Denny: Ich wette du warst ne wunderschöne Braut.
- Izzie: Es war ein wunderschöner Tag.
Wenn etwas beginnt, weiß man für gewöhnlich nicht, wie es ausgeht. Das Haus, das man verkaufen wollte, wird zum Zuhause, die Mitbewohner, die man anfangs gar nicht wollte, werden zur Familie und der One-Night-Stand, den man unbedingt vergessen wollte, zur großen Liebe des Lebens.
Unser ganzes Leben verbringen wir damit, uns Sorgen über die Zukunft zu machen. Wir planen die Zukunft, als würde uns das vor der Wucht der Zukunft bewahren. Aber die Zukunft verändert sich dauernd, in der Zukunft wohnen unsere tiefsten Ängste und unsere größten Hoffnungen. Aber eins ist gewiss: Wenn sie sich am Ende offenbart, ist die Zukunft nie so, wie wir sie uns vorgestellt haben.
Ärzte verbringen die meiste Zeit damit, sich auf die Zukunft zu konzentrieren, sie zu planen, darauf hinzuarbeiten. Doch an einem bestimmten Punkt erkennt man plötzlich, dass sich das Leben jetzt abspielt, nicht erst wenn das Studium vorbei ist oder die Facharztausbildung. Sondern jetzt und hier, gerade eben, einmal blinzeln und man hat es verpasst.
Habt ihrs schon gesagt: "Ich liebe dich, ich möchte niemals wieder ohne dich leben"? "Du hast mein Leben verändert", habt ihr das gesagt? Man macht Pläne, setzt sich Ziele, arbeitet darauf hin, aber ab und zu sollte man wahrnehmen, was um einen herum geschieht und alles begierig aufnehmen, denn wir leben jetzt. Morgen könnte alles vorbei sein.
Staffel 6[]
Die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross sagt: Wir alle durchleben während des Sterbens oder nach einem schweren Verlust 5 Phasen der Trauerarbeit. Wir wollen den Tod zunächst nicht wahrhaben. Weil der Verlust so undenkbar ist, können wir uns nicht vorstellen, dass es so ist. Wir werden auf jeden wütend. Auf Überlebende, aber auch auf uns selbst. Und dann verhandeln wir. Wir bitten und flehen um Hilfe. Wir würden alles geben, was wir haben, unsere Seelen opfern, wenn uns dafür auch nur ein Tag Aufschub gewährt werden würde. Ist das Verhandeln fehlgeschlagen, lässt sich unsere Wut nicht mehr rechtfertigen. Dann kommt die vierte Phase: Depression, Verzweiflung. Bis wir schließlich akzeptieren müssen, dass wir alles in unserer Macht stehende getan haben. Dann lassen wir los. Wir lassen los und nehmen unser Schicksal an.
In unserer Ausbildung lernen wir tagtäglich viele Wege, wie man gegen den Tod kämpft. Aber wir lernen nicht, wie man danach weiterlebt.
Im Wörterbuch wird Trauer als starkes seelisches Leiden oder als Verzweiflung in einer Notlage oder nach einem Verlust definiert. Tiefer Kummer, schmerzvolles Bedauern. Wir Chirurgen, Wissenschaftler lernen aus Büchern und verlassen uns auf sie, verlassen uns auf ihre Definitionen und ihre Bestimmungen. Im Alltag drückt sich Trauer oft unterschiedlich aus. Manchmal kann man tiefen Kummer gar nicht erkennen.
- Lexie: Trauer gehört nun mal zum Leben, aber jeder drückt seine Trauer anders aus.
- Mark: Manchmal müssen wir nicht nur den Tod betrauern, sondern auch das Leben, die Verluste.
- Alex: Wenn wir uns fragen, warum es derartig beschissen ist und es so höllisch weh tun muss, müssen wir uns versuchen, daran zu erinnern, dass sich dies auch wieder blitzschnell ändern kann.
- Izzie: So bleibt man am Leben. Wenn es so weh tut, dass man keine Luft mehr bekommt, lernt man zu überleben.
- Derek: Man überlebt, indem man sich daran erinnert, dass es eines Tages, auch wenn es unvorstellbar ist, nicht mehr so ein Gefühl sein wird, dass es nicht mehr so weh tun wird.
- Bailey: Jeden überfällt die Trauer zu einem anderen Zeitpunkt, auf seine eigene Art und Weise.
- Owen: Und das Beste, was wir tun können, was jeder dann tun kann, ist, es mit Ehrlichkeit zu versuchen.
- Meredith: Das allerschlimmste am Trauern ist, dass man es nicht kontrollieren kann.
- Arizona: Das Beste, was wir dann tun können, ist die Trauer zuzulassen, wenn sie einen übermannt.
- Callie: Und loszulassen, wenn wir es können.
- Meredith: Und das Gemeinste daran ist, dass es in dem Moment, in dem man glaubt, man hätte es überstanden, wieder von vorne los geht.
- Cristina: Und immer, jedes Mal, verschlägt es einem den Atem.
- Meredith: Es gibt fünf Phasen der Trauer. Jeder erlebt sie anders, aber es sind immer fünf.
- Alex: Verweigerung,
- Derek: Wut,
- Bailey: Verhandlung,
- Lexie: Depression,
- Webber: Akzeptanz
Paranoia gibt einem den entscheidenden Vorsprung im OP. Chirurgen gehen immer vom schlimmst möglichen Fall aus. Man kann den Patienten zu machen, man hat die Blutung gestillt. Man weiß es. Und doch ist da die Stimme in seinem Kopf, die einen fragt: „Was wenn nicht? Was, wenn der Patient stirbt und man hätte es verhindern können?“ Man überprüft also seine Arbeit noch Mal, bevor man den Patienten zumacht. Paranoia ist der beste Freund des Chirurgen.
Niemand kann sich davor abschotten. Jeder von uns hat Angst vor einer ungewissen Zukunft. Doch das ist eigentlich sinnlos. Denn all die Sorgen und all die Pläne für die Fälle, die eintreten oder nicht eintreten, das macht alles noch schlimmer. Also führt euren Hund spazieren oder macht ein Nickerchen. Aber was immer ihr tut, hört auf euch Sorgen zu machen. Denn das einzige Mittel gegen Paranoia ist, hier zu sein, im Hier und Jetzt, so wie du bist.
Die verdammten Verpflichtungen
Am Anfang unseres Lebens haben wir nur wenige Verpflichtungen. In der Schule leisten wir unseren Fahneneid. Wir schwören, unsere entliehenen Bücher in die Bibliothek zurückzubringen. Aber je älter wir werden, desto mehr Gelübde legen wir ab. Geben Versprechen und bürden uns jede Menge Verpflichtungen auf. Wir wollen die Wahrheit sagen, nichts als die Wahrheit. Wir wollen lieben und ehren, bis dass der Tod uns scheidet. Und die Liste unserer Verpflichtungen wird immer länger, bis wir schließlich jedem irgendetwas schulden und plötzlich glauben… Was zum …?
Und deshalb tun wir das, was jeder intelligente Mensch tun würde. Wir laufen mit aller Kraft vor unseren Verpflichtungen weg und hoffen, dass man sie vergessen wird. Aber die Versprechen holen uns ein. Und manchmal stellt man fest, dass man nicht hätte weglaufen müssen, denn es war gar nicht so schwer.
Wenn man krank wird, ist manchmal eine einzige Bakterie daran schuld, ein einzelner, fieser Eindringling. Doch schon bald verdoppelt sich dieser Eindringling und es werden zwei, und aus zwei werden vier und aus vier werden acht und dann, ehe der Körper es spürt, wird er angegriffen. Es ist eine Invasion. Die Frage, die sich ein Arzt dann stellt, sobald die Eindringlinge sich in unserem Körper breit gemacht haben, lautet: "Wie zum Teufel wird man sie wieder los?"
Was tut man, wenn einen die Infektion erwischt hat, wenn sie von einem Besitz ergreift? Tut man das, was man tun sollte und schluckt die Medizin? Oder lernt man damit zu leben und hofft darauf, dass die Infektion eines Tages wieder verschwindet? Oder gibt man einfach auf und lässt sich von ihr töten?
Um eine gute Diagnose zu erstellen, müssen Ärzte die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Zuerst holen wir die Meinung der Patienten ein, obwohl die oft nicht die geringste Ahnung haben, was los ist. Also sehen wir uns den Patienten von jedem denkbaren Standpunkt aus an, wir schließen Möglichkeiten aus. Bei dem Versuch herauszufinden, wo das Problem liegt, finden wir neue Informationen. Wir werden um eine zweite Meinung gebeten in der Hoffnung, dass uns etwas auffällt, was andere vielleicht übersehen haben. Für den Patienten kann eine neue Perspektive Leben oder Tod bedeuten. Für den Arzt kann es bedeuten, dass er sich mit jedem anlegt, der zu erst gefragt wurde.
Wenn wir auf ein Ergebnis zusteuern, das zu schrecklich ist, um es anzunehmen, dann holen wir eine zweite Meinung ein. Manchmal bestätigt die Antwort, die wir bekommen, unsere schlimmsten Befürchtungen, doch manchmal kann sie ein Problem im neuen Licht erscheinen lassen und man sieht es vollkommen neu. Nachdem alle Meinungen angehört wurden und jeder Standpunkt in Betracht gezogen wurde, findet man endlich, was man gesucht hatte: die Wahrheit. Aber die Wahrheit ist niemals das Ende. Von diesem Moment an, beginnt man wieder von vorn, mit einem Haufen neuer Fragen.
Derek Shepherd
Die meisten Chirurgen antworten auf die Frage, warum sie Chirurg geworden sind, dasselbe: Wegen des High-Seins, des Adrenalinstoßes, es geht um den Nervenkitzel bei einer OP, wenn man versucht Leben zu retten. Meine Antwort wäre anders, vielleicht weil ich mit vier Schwestern aufgewachsen bin, hmm ganz sicher weil ich mit vier Schwestern aufgewachsen bin. Die Stille der Chirurgie hat mich angezogen. Der OP ist ein Ort der Stille, des Friedens, diese Ruhe hilft uns geistig hellwach zu bleiben und Komplikationen vorherzusehen. Liegt der Patient erst mal offen vor dir auf einem OP-Tisch, verschwindet der ohrenbetäubende Lärm der Welt und auch alle Sorgen verschwinden. Man taucht in die Stille ein und die Zeit verstreicht, ohne dass man sich Gedanken darüber macht. Ein großartiger Augenblick der Ruhe und des Friedens.
Die meisten Chirurgen antworten auf die Frage, warum sie Chirurg geworden sind, dasselbe: Wegen des High-Seins, des Adrenalinstoßes, es geht um den Nervenkitzel bei einer OP. Mich hat die Stille der Chirurgie angezogen. Frieden ist kein Dauerzustand. Es gibt friedliche Augenblicke. Frieden ist vergänglich. Kaum wahrgenommen, verfliegt er wieder. Frieden kann uns jederzeit widerfahren, wenn uns ein Fremder Hilfe anbietet, wenn wir versuchen, unser Ziel zu erreichen, auch die Rückkehr zur Routine beschert uns einen friedlichen Augenblick. Jeden Tag erleben wir solch friedliche Augenblicke. Das Schwierige ist nur, sie auch wahrzunehmen, um uns auf sie einzulassen, sie zu genießen, um dann loszulassen.
Die Panik, die einen Chirurgen überkommt, wenn der Pager mitten in der Nacht losgeht, ist nicht zu beschreiben. Das Herz fängt an wie wild zu pochen, der Kopf wird leer, die Finger werden taub, und man legt los, denn es könnte ja eine Mutter sein, ein Vater, ein Kind und jetzt liegt es bei einem selbst, denn man hat das Leben eines Menschen in der Hand. Wir sind Chirurgen, wir geben immer unser Bestes. Ist der Patient ein Kind, dann gibt man nicht nur sein Bestes, dann übernimmt man die ganze Verantwortung, die Verantwortung dafür, ob das Kind am Leben bleibt und eine Zukunft hat, oder nicht. Sowas jagt ja wohl jedem eine Heidenangst ein.
Es heißt, je mehr man investiert, desto mehr bekommt man zurück. Aber man muss auch bereit sein, ein Risiko einzugehen. Man muss sich klarmachen, dass man alles verlieren könnte. Geht man dieses Risiko ein und hat man mit Bedacht investiert, könnte einen das Ergebnis überraschen.
Die Welt der Ärzte entwickelt sich ständig weiter, bewegt sich unentwegt vorwärts. Bleibt man eine Sekunde stehen, kommt man schon nicht mehr mit. Aber so sehr wir uns auch bemühen vorwärts zu kommen und dabei nie wieder zurück zu blicken, holt uns die Vergangenheit doch immer wieder ein und macht uns die Hölle heiß. Und wie uns die Geschichte lehrt, die jenigen, die die Vergangenheit vergessen wollen sind dazu verdammt sie immer und immer wieder zu wiederholen.
Manchmal lässt einen die Vergangenheit einfach nicht los, auch wenn wir alles Erdenkliche tun, um sie vergessen. Und manchmal entwickeln wir einen anderen Blick für die Vergangenheit und plötzlich sehen wir die Gegenwart mit anderen Augen.
Mein schönstes Geschenk aller Zeiten bekam ich zu Weihnachten, als ich 10 war: Mein allererstes Nähset. Ich hab es solange benutzt, bis meine Finger bluteten und dann versucht, meine Finger damit zu nähen. Schon damals wusste ich, dass ich Chirurgin werden wollte. Was ich eigentlich sagen will ist: Manchmal bekommt man die besten Geschenke völlig überraschend.
Als Chirurgen können wir jeden Tag jemandem das Leben schenken. Das kann schmerzvoll sein, oder auch angsteinflößend, aber letzten Endes lohnt es sich immer, jedes Mal. Wir haben die Möglichkeit, jemandem ein Geschenk zu machen. Manchmal sind unsere Geschenke nicht so dramatisch wie in einem OP. Manchmal besteht ein Geschenk aus dem einfachen Versuch, sich zu entschuldigen. Manchmal ist Verständnis das Geschenk. Manchmal, dass man das Geheimnis eines Freundes bewahrt. Angeblich soll die Freude ja am Schenken selbst liegen, und wenn diese Freude verflogen ist und man merkt, dass das Schenken zur Last wurde, lässt man's gut sein. Aber die meisten Leute, die ich kenne, schenken bis es weh tut und noch ein bisschen mehr.
Angeblich vollziehen sich wesentliche Veränderungen in unserem Leben immer langsam, im Laufe der Zeit. Aber das stimmt nicht. Die großen Sachen passieren ganz schnell. Zum Beispiel Erwachsenwerden oder Elternwerden oder ein Arzt. Gerade war man das alles noch nicht und dann, ganz plötzlich, ist man es. Jeder Mediziner könnte mir den Zeitpunkt nennen, wann aus ihm ein Arzt geworden ist. In der Regel ist das nicht nach Abschluss des Medizinstudiums. Der Zeitpunkt ist plötzlich da und diesen Moment vergisst man nicht. Leider kriegt man manchmal die Veränderung nicht mit, man glaubt, alles wäre normal, man wäre ganz der Alte. Aber dann wacht man eines Tages auf, sieht sich um und erkennt nichts wieder, rein gar nichts.
Man vergisst den Moment, in dem man zum Arzt wurde, nie. Ein Schalter wird umgelegt, plötzlich ist der Kittel mehr als nur ne Verkleidung. Plötzlich hat man ihn verdient. Nur kann es passieren, dass einem entgeht, wie sehr dieser Moment einen verändert.
Die erste Regel in der Chirurgie lautet: Äußere Einflüsse minimieren, immer mit sauberen Händen arbeiten, Wunden und Einschnitte immer abdecken. Die zweite Regel lautet: Wenn die erste Regel nicht funktioniert, versucht man was anderes. Manchmal lassen sich äußere Einflüsse nicht verhindern. Manchmal ist die Verletzung so schlimm, dass man einen Schnitt machen muss, einen gewaltigen.
In der Chirurgie beginnt der Heilungsprozess mit einem Schnitt, mit einem Einschnitt, sodass eine tiefe Wunde entsteht. Wir müssen erst eine Wunde schaffen, um zu heilen. Das kommt einem grausam vor. Und wider aller Vernunft hilft es. Man riskiert die äußeren Einflüsse der Heilung zu Liebe. Und wenn es vorbei ist, die offene Wunde wieder geschlossen wurde, wartet man ab. Man wartet und hofft, dass der Patient wieder gesund wird und dass man in Wirklichkeit durch den Einschnitt nicht alles schlimmer gemacht hat.
Derek Shepherd
Wir verlangen unseren Patienten viel ab. Wir versetzen sie in Narkose, schneiden sie auf und stochern mit scharfen Instrumenten in ihren Gehirnen und Gedärmen herum. Wir bitten sie um ihr blindes Vertrauen. Merkwürdigerweise fällt es Chirurgen schwer, Selbstvertrauen zu haben, denn man bläut uns vom ersten Tag ein, niemandem außer uns selbst zu vertrauen. Und, dass wir uns nur auf unseren eigenen Instinkt verlassen dürfen. Man darf sich nur auf die eigenen Fähigkeiten verlassen. Bis man eines Tages die Vorlesung verlässt und den OP betritt. Dort muss man mit den anderen zusammenarbeiten, im Team. Ein Team, auf das man sich verlassen muss, egal ob man ihm nun vertraut oder nicht.
Dereks Rede im Unmkleideraum der Assistenzärzte: Hallo. Ich weiß, es war ein langer Tag und Sie alle möchten schnell nach Hause. Aber irgendwie war das ein schlechter Start heute Morgen. Ich kann Ihr Vertrauen nicht über Nacht gewinnen, aber lassen Sie mich Ihnen eins versichern: Sie genießen meins. Deshalb war es mir ein Anliegen, nochmal hier rein zu kommen und mich bei Ihnen allen zu entschuldigen. Ich möchte vorab ein paar Dinge klären. Ich bin weder gegen noch für die Fusion. Für mich ist jeder hier ein unbeschriebenes Blatt. Die Vergangenheit interessiert mich nicht. Ich freue mich auf die Zukunft. Ich weiß, dass dieses Krankenhaus viel zu bieten hat. Ich habe vor, das Vermächtnis von Richard Webber in Ehren zu halten. Ich will es nicht zerstören. Ich bin erfüllt von Demut und fühle mich geehrt, Ihr neuer Chefarzt zu sein
Ein chirurgisches Skalpell besteht heute aus sterilisiertem karbonisiertem rostfreien Stahl. Verglichen mit dem ersten Skalpell, das nicht mehr als ein scharfer Stab war, ist das eine enorme Verbesserung. Medizin erfindet sich ständig neu und die Chirurgen dürfen dem in nichts nachstehen. Es herrscht ein unaufhörlicher Druck, sich den Veränderungen anzupassen, ein qualvoller Prozess. Aber ohne diesen Prozess würde man feststellen, dass man Rückschritte macht, statt Fortschritte
Wir müssen uns ständig neu erfinden, fast jede Minute, denn die Welt kann sich binnen einer Sekunde verändern, und um zurückzublicken, bleibt keine Zeit. Manchmal werden uns Veränderungen aufgezwungen, manchmal geschehen sie ganz zufällig und dann machen wir das Beste draus. Damit wir wieder alles auf die Reihe kriegen, müssen wir uns ständig was Neues einfallen lassen und deshalb verändern wir uns und passen uns an. Wir definieren uns immer wieder neu. Wir müssen nur sicher sein, dass das neu definierte Ich besser als das alte ist.
Richard Webber
Dr. Webbers Ansprache vor seiner AA-Gruppe: Ich habe während meiner Laufbahn viele Assistenzärzte kommen und gehen sehen. Und sie sind alle süchtig - nach OP's. Sie sind ihnen wichtiger als Essen oder Schlaf. Sie sind ihnen wichtiger als alles andere. Bis sich alles nur noch um OP's dreht. Was sie allerdings noch nicht wissen ist, dass sie so eine Sucht total fertig machen kann. Manche schaffen das, sie schaffen's auf die andere Seite. Sie überstehen das, ohne 'n Knacks wegzukriegen. Sie werden zu besseren Ärzten und zu selbstbewussten Menschen. Ich nicht. Ich bin daran zerbrochen. Es ist niemand meinetwegen gestorben und dafür danke ich Gott jeden Tag. Ich hab Menschen wehgetan und konnte mich selbst nicht mehr ertragen. Ich bin seit 45 Tagen trocken. Ich bin Richard. Ich bin ein dankbarer und hoffentlich genesender Alkoholiker.
Dr. Webbers Gelöbnis am Ende seines Vortrages vor den Ärzten: Hier und jetzt gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen. Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse, auch über den Tod des Patienten hinaus, wahren. Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrecht erhalten. Meine Kolleginnen und Kollegen sollen meine Schwestern und Brüder sein. Ich lasse mich weder durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Rasse, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Nationalität, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung beeinflussen, noch von meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber abbringen. Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden. Dies alles verspreche ich feierlich, frei und auf meine Ehre.
Chirurgen sind detailorientiert. Wir stehen auf Statistiken und Checklisten und geordnete Abläufe. Unsere Patienten leben weiter, weil wir gern die Schritte befolgen. Und obwohl wir uns so gerne auf Zahlen und einen Plan verlassen, wissen wir auch, dass die größten medizinischen Entdeckungen eher zufällig zustande gekommen sind. Eine verschimmelte Bakterienkultur führte zu Penicillin. Die Chinarinde zu einem Heilmittel gegen Malaria. Eine kleine blaue Pille gegen hohen Blutdruck - Impotenz adé! Wir können nur schwer akzeptieren, dass uns nicht harte Arbeit oder die Liebe zum Detail zu den Antworten führt, die wir suchen. Aber manchmal müssen wir uns nur entspannt zurücklehnen und auf einen glücklichen Zufall warten.
Egal wie viel Pläne wir schmieden oder Schritte wir befolgen, wir wissen nie, wie der Tag ausgehen wird. Wir wüssten natürlich lieber, welche Steine uns in den Weg gelegt werden. Es sind die Zufälle, die unseren Tag interessanter machen und unser Leben. Menschen, von denen wir nie geglaubt hätten, dass sie auftauchen würden. Und plötzlich nimmt dann Einiges eine überraschende Wendung. Durch einen Zufall entwickeln sich die Dinge anders, als man es gedacht hätte und das ist entweder schön oder braucht eine gewisse Eingewöhnungsphase. Aber ganz tief in seinem Innern weiß man, dass man es am Ende doch schön finden wird. Und dann geht man jeden Abend schlafen und denkt an den morgigen Tag. Man geht seine Pläne durch, bereitet seine Liste vor und hofft darauf, dass die Zufälle, die einem zustoßen, glücklicher Natur sind.
Chirurgen sind keine selbstgefälligen Zeitgenossen. Wir legen weder die Füße hoch, noch sitzen wir untätig herum. Egal welches Spiel, wir möchten gewinnen, und wenn wir gewonnen haben, spielen wir ein neues Spiel. Ob Assistenzarzt oder Oberarzt, wir treiben uns an, egal was am Ende dabei herauskommt. Auf einen Bergsteiger wartet ja auch immer ein neuer Berg.
Es gibt viele Fotos von Bergsteigern auf Berggipfeln. Sie lachen darauf, sind ekstatisch, blicken triumphierend. Auf dem Weg nach oben werden keine Fotos gemacht. Wer will sich schon an den harten Weg erinnern. Wir treiben uns an, weil wir es müssen, nicht weil es uns gefällt. Der erbarmungslose Aufstieg, man quält sich und es tut weh, über sich hinaus zu wachsen. Nein, davon macht niemand Fotos. Daran will sich niemand erinnern. Wir wollen uns nur an die Aussicht vom Gipfel erinnern, an den atemberaubenden Moment, als man ganz oben stand. Deswegen treiben wir uns so an. Und die Mühe lohnt sich, das ist das Verrückte daran. Dafür nehmen wir alles in Kauf.
Owen Hunt
Sterben ist nicht leicht. Unser Körper ist so ausgestattet, dass wir ne Menge überleben können: dicke Schädel, kräftige Herzen, scharfe Sinne. Wenn der Körper anfängt zu versagen, kommt die Medizin zum Zug. Chirurgen sind so arrogant, dass sie glauben, dass es niemanden gibt, dem sie nicht das Leben retten können. Wie ich schon sagte, sterben ist nicht leicht.
Leben ist besser als Sterben, bis es nicht mehr so ist. Aber auch wenn es das Richtige ist, einen Menschen sterben zu lassen, Chirurgen sind einfach nicht dafür gemacht. Wir sind arrogant und lieben den Wettkampf, wir verlieren nicht gern. Der Tod kommt einem wie eine Niederlage vor, auch wenn wir wissen, dass es keine ist und dass es nötig war und richtig, denn wir haben getan, was wir konnten. Und trotzdem kann man den Gedanken nicht verdrängen, dass man mehr hätte tun können.
Psychologen glauben, dass unser Verhalten, unsere Gedankengänge, unsere Art mit den Dingen umzugehen, ein direktes Resultat aus der Beziehung mit unseren Eltern ist. Und jede zwischenmenschliche Beziehung ist in Wahrheit nur eine andere Version dieser allerersten Beziehung. Und wir versuchen wieder und wieder, es diesmal richtig zu machen.
Mutter sein ist nicht einfach. Es wär wahrscheinlich besser, man müsste einen Führerschein dafür machen. Aber die meisten von uns würden nicht mal die schriftliche Prüfung bestehen. Manche sind Naturtalente, sie wurden dafür geboren, andere haben andere Talente. Aber das Gute daran ist, die Biologie schreibt vor, dass man das nicht alleine machen muss. Man kann sein ganzes Leben mit der Frage verplempern, wie man sich als Elternteil so machen würde, es sei denn man schmeißt irgendwann die Sorgen über Bord und geht die Sache einfach an.
Wir sind Ärzte. Wir lernen, Menschen zu versorgen und wir sind ziemlich sicher, worauf wir uns einstellen müssen. Schnitte, Infektionen, Genmutationen.
Wir Ärzte haben ein Arsenal an Waffen griffbereit. Antibiotika, um Infektionen zu töten, Schmerzmittel, um Schmerzen abzuwehren, Skalpelle und Wundhaken, um Tumore und Geschwüre zu entfernen. So packen wir das Übel an der Wurzel. Aber leider nur das Übel, das man sehen kann, bei allem anderen ist man auf sich selbst gestellt.
Die Haut ist flächenmäßig das größte Organ des Körpers. Sie schützt uns, hält uns zusammen und kann uns mitteilen, was wir fühlen. Die Haut kann weich, verwundbar und ausgesprochen sensibel sein. Sie wird schnell brüchig. Die Haut ist einem Chirurgen total egal. Wir schneiden einfach durch sie hindurch, dringen in das Innere vor, um die darunter liegenden Geheimnisse zu entdecken. Man braucht dafür Feingefühl und Sensibilität.
Auch wenn wir versuchen dickhäutig zu werden, es gibt Millionen elektrisierender Nervenenden in der Haut. Und die machen mit uns, was sie wollen. Und dann spüren wir doch wieder alles. Wir versuchen uns davor zu schützen, Schmerzen zu spüren. Aber manchmal sind Schmerzen unvermeidlich und es bleibt einem nichts anderes übrig, als Gefühle zuzulassen.
Viele glauben, dass positives Denken zu einem glücklicheren, gesünderen Leben führen würde. Als Kind bekommt man oft zu hören, dass man lächeln und ein fröhliches Gesicht aufsetzen soll. Wenn man erwachsen ist, soll man die Dinge immer positiv sehen, das Beste aus seinem Leben machen und die Gläser als halb voll betrachten. Manchmal steht die Realität unserem Vorhaben, fröhlich zu sein, im Weg. Wenn die Gesundheit versagt oder der Freund einen betrügt oder gute Freunde einen enttäuschen, in solchen Momenten möchte man einfach nur ehrlich sein, seine Maske ablegen und dazu stehen, dass man ängstlich oder unglücklich ist.
Fragt man Menschen, was sie sich vom Leben erhoffen, lautet die Antwort meistens: "Glücklich werden". Aber vielleicht hält uns genau diese Erwartungshaltung, dieser Wunsch glücklich zu werden, davon ab, es jemals zu werden. Je mehr wir uns bemühen und je größer der Wunsch nach Glückseligkeit wird, desto verwirrter sind wir am Ende. Bis wir uns irgendwann gar nicht mehr wiedererkennen. Und trotzdem lächeln wir einfach weiter, versuchen auf Teufel komm raus glücklich zu werden. Bis es uns schlagartig klar wird, dass die Lösung die ganze Zeit vor uns lag: Freunde und Vertrautes machen glücklich, nicht der Traum vom Glück.
Der Tod und seine Freunde (Teil 1)
Für die meisten Menschen ist ein Krankenhaus ein Ort des Schreckens. Ein angsteinflößender, feindseliger Platz. Ein Ort, an dem schreckliche Dinge geschehen. Die meisten fühlen sich in einer Kirche wohler, oder in der Schule, oder zu Hause. Aber ich bin hier aufgewachsen. Während meine Mutter auf Visite war, habe ich oben auf der OP-Galerie lesen gelernt. Ich habe in der Leichenhalle gespielt und alte Krankenakten mit Buntstiften bemalt. Das Krankenhaus war meine Kirche, meine Schule, mein Zuhause. Ein Krankenhaus war mein sicherer Hort, mein Refugium. Ich find es toll hier. (Gary Clark geht an Meredith vorbei) Ich korrigiere: Ich fand es toll hier.
Ich habe oben auf der OP-Galerie lesen gelernt. Ich habe in der Leichenhalle gespielt und alte Krankenakten mit Buntstiften bemalt. Das Krankenhaus war meine Kirche, meine Schule, mein Zuhause, mein sicherer Hort, mein Refugium. Ich finde es toll hier. Ich korrigiere: Ich fand es toll hier.
Der Tod und seine Freunde (Teil 2)
Derek Shepherd
Als Mensch trifft man täglich Entscheidungen. Ja oder Nein. Rein oder raus. Rauf oder runter. Und dann sind da noch die wirklich wichtigen Entscheidungen. Lieben oder hassen? Ist man ein Held oder ein Feigling? Kämpft oder kapituliert man? Will man leben oder sterben? Will man leben oder sterben, das ist eine wichtige Entscheidung und meistens haben wir keinen Einfluss darauf.
Ja oder nein? Rein oder raus? Leben oder sterben? Held oder Feigling? Kämpfen oder kapitulieren? Ich sag es lieber nochmal, weil es wichtig ist. Menschen treffen täglich Entscheidungen. Leben oder sterben? Das ist die wichtigste aller Entscheidungen. Und diese Entscheidung haben wir nicht immer in der Hand.
Staffel 7[]
Jede Zelle im menschlichen Körper erneuert sich im Durchschnitt alle 7 Jahre. In gewisser Weise häuten wir uns wie eine Schlange. Rein wissenschaftlich gesehen sind wir dann ganz neue Menschen. Wir sehen vielleicht aus wie immer, sehr wahrscheinlich sogar, denn diese Veränderung ist nicht sichtbar, bei den meisten jedenfalls nicht. Aber wir alle haben uns verändert, vollkommen, für immer.
Wenn man Sachen sagt wie "Menschen ändern sich nicht", macht das einen Wissenschaftler wahnsinnig, denn Veränderungen sind im wahrsten Sinne des Wortes die einzige Konstante in der Wissenschaft. Energie, Materie, die ändert sich ständig. Sie verwandelt sich, vermischt sich, sie wächst, sie stirbt. Es ist unnatürlich, wenn Menschen versuchen, sich nicht zu ändern, wenn wir uns an Dinge klammern, sodass die sich nicht entwickeln können. Wir klammern uns an alte Erinnerungen, anstatt neue zu schaffen. Es ist unnatürlich, dass wir trotz aller wissenschaftlichen Beweise glauben, dass das Leben von Dauer wäre. Der Wandel ist konstant. Wie wir ihn erleben, liegt ganz bei uns. Er kann einem wie der Tod vorkommen oder wie eine zweite Chance. Wenn wir unsere Finger lösen, unseren Griff lockern und uns darauf einlassen, kann er auch wie pures Adrenalin wirken. So als könnten wir jederzeit eine neue Chance im Leben bekommen. So als könnten wir jederzeit neu geboren werden.
Es heißt, ein Blitz würde niemals zweimal an derselben Stelle einschlagen, aber das ist ein Gerücht. Es passiert natürlich nicht oft, ein Blitz schlägt für gewöhnlich gleich beim ersten Mal richtig ein. Wird man von einem Stromschlag von über 100.000 Volt getroffen, spürt man ihn. Man kann dann schon mal vergessen wer man ist. Man kann durch ihn Verbrennungen erleiden, erblinden, das Herz kann stehen bleiben. So ein Schlag kann zu schweren inneren Verletzungen führen. Aber auch wenn so was im Bruchteil einer Sekunde geschieht, kann es sich auf das ganze Leben auswirken.
Ein Blitz schlägt nicht oft zwei Mal an derselben Stelle ein, so etwas passiert nur einmal im Leben. Auch wenn man den Eindruck hat, man müsste dann den Schock immer und immer wieder erleben. Irgendwann werden die Schmerzen vergehen, der Schock wird nachlassen und dann beginnt der Heilungsprozess und man beginnt sich von etwas zu erholen, das einen vollkommen überrascht hat und manchmal stehen die Chancen für einen gar nicht so schlecht. Wenn man am rechten Ort zur rechten Zeit ist, ja, dann kann man ungeheuer was einstecken und das Ganze trotzdem überleben.
Die meisten Chirurgen sind schon als Kinder absonderlich. Während die anderen draußen spielten, saßen wir im Zimmer, lernten das Periodensystem auswendig, krümmten uns stundenlang über ein Kindermikroskop und sezierten unsere ersten Frösche. Man stelle sich vor, wie überrascht und erleichtert wir waren, als wir älter wurden und feststellten, dass es noch andere gab, die genau so merkwürdig waren wie wir. Die gleichen Mikroskope, die gleichen toten Frösche, das gleiche unerklärliche Verlangen, Menschen auseinander zu nehmen.
Niemand wird freiwillig zum Freak. Die meisten Menschen merken es nicht einmal, bis es viel zu spät ist, um daran noch etwas zu ändern. Aber egal wie absonderlich man am Ende ist, die Chancen stehen gut, dass da trotzdem jemand ist, der zu einem passt. Außer derjenige hat sich schon anders orientiert, denn wenn's um die Liebe geht, können selbst die absonderlichsten Typen nicht ewig warten.
Die Biologie bestimmt wie wir leben. Vom Moment unserer Geburt an, wissen wir wie man atmet und isst. Doch wenn wir älter werden, kommen neue Instinkte zum Vorschein. Wir entwickeln Revierverhalten, wir konkurrieren miteinander, wir suchen uns einen Unterschlupf und am allerwichtigsten: Wir vermehren uns. Manchmal kann sich die Biologie allerdings gegen uns wenden, ja manchmal ist die Biologie scheiße.
Die Biologie sagt "Wir sind wer wir sind, von Geburt an". Unsere DNA ist in Stein gemeißelt, unveränderlich. Aber wir sind nicht nur unsere DNA, wir sind Menschen, das Leben verändert uns. Wir entwickeln neue Eigenschaften, wir werden weniger territorial, wir geben den Konkurrenzkampf auf, wir lernen aus unseren Fehlern, wir stellen uns unseren größten Ängsten. Egal was auch geschieht, wir finden immer Wege, mehr als nur unsere DNA zu werden. Dabei riskieren wir natürlich, uns zu sehr zu verändern. Bis zu dem Augenblick, an dem wir uns nicht mehr wiedererkennen. Den Weg zurück zu finden kann schwer sein, es gibt keinen Kompass, keine Karte. Wir müssen einfach die Augen schließen, einen Schritt machen und hoffen, dass wir ankommen.
Wir Ärzte werden ausgebildet. Wir üben erst an Fröschen, an Schweinen, an Toten und werden schließlich auf die Lebenden losgelassen. Die Ausbildung ist schonungslos und gründlich. Wir werden wie Kinder großgezogen und irgendwann werden wir mit einem harten Tritt aus unserem warmen Nest gestoßen.
Wir alle wollen erwachsen werden. Nichts ist uns wichtiger und wir ergreifen jede Gelegenheit, die sich uns bietet. Wir wollen leben. Wir sind so erpicht darauf, das warme Nest zu verlassen, dass wir gar nicht darüber nachdenken, dass es da draußen richtig kalt wird. Und damit mein' ich saukalt. Erwachsen werden, heißt manchmal, jemanden zurückzulassen. Und wenn wir dann endlich auf eigenen Füßen stehen, merken wir, dass wir ganz allein sind.
Das Intro der Dokumentation Seattle Medical - Road to Recovery
Seattle Grace Mercy West Hospital - Hier sind einige der besten, einflussreichsten Ärzte des Landes zu Hause. Vor ein paar Monaten hat ein Amokläufer in diesen Hallen 11 tote Menschen und noch mehr verletzte zurückgelassen. Heute besuchen wir die Überlebenden und ihre Patienten, verfolgen ihre Triumphe und ihre Niederlagen. Wir begrüßen Sie bei Seattle Medical, auf dem Wege der Besserung.
Interview von Cristina
Wir haben etwas absolut Schreckliches durchgemacht und wir haben es überlebt. Und jetzt ist jeder Tag ein Geschenk und wir sind alle gesegnet, gesegnet hier sein zu dürfen, gesegnet das zu tun, was wir am besten können. Und zwar Menschenleben zu retten, Tag für Tag, ein Leben nach dem anderen. Wir sind geheilt und können jetzt damit weitermachen, andere zu heilen.
- Gibt es etwas, das sie aus all dem gelernt haben?
Ein Held zu sein, hat seinen Preis.
Frage: Wann hat sich vor ihnen zum letzten Mal ein Fremder ausgezogen, auf einen roten Fleck auf seinem Rücken gezeigt und gefragt: "Was zum Teufel ist das da für ein Ding"? Ein Normalsterblicher antwortet hoffentlich: "Noch nie". Wenn sie Arzt sind, lautet ihre Antwort wahrscheinlich: "Vor 5 Minuten etwa". Es wird immer erwartet, dass Ärzte auf alles eine Antwort haben. Die Wahrheit ist, wir glauben einfach gern, dass wir auf alles eine Antwort haben. Im Grunde sind alle Ärzte Besserwisser, bis irgendetwas passiert, dass uns daran erinnert, dass dem nicht so ist.
Wir alle suchen nach Antworten, in der Medizin, im Leben, immer. Manchmal schlummern die Antworten, die wir suchen, unter der Oberfläche. Manchmal bekommen wir Antworten auf Fragen, die wir noch gar nicht gestellt haben. Manchmal sind wir von den Antworten total überrascht. Manchmal, selbst wenn wir auf die Antwort gestoßen sind, die wir gesucht haben, bleiben wir mit einem riesigen Haufen neuer Fragen zurück.
Der Körper eines Menschen steht unter einem enormen Druck. Sein Blutdruck zeigt an, mit welcher Kraft das Blut in die Aorta gepresst wird. Es ist wichtig diesen Druck zu regulieren. Niedriger oder nicht ausreichender Druck kann zu Schwäche oder Versagen führen. Aber die wirklichen Probleme entstehen erst, wenn der Druck zu hoch wird. Wenn der Druck immer weiter steigt, muss man die Sache genauer untersuchen, denn das ist der beste Hinweis darauf, dass etwas fürchterlich schief läuft.
Jedes System, das unter Druck steht, braucht ein Überdruckventil. Es muss einen Weg geben, den Stress zu reduzieren, die Spannung abzubauen, bevor man es nicht mehr aushalten kann. Es muss einen Weg geben, sich Erleichterung zu verschaffen. Denn wenn der Druck keinen Weg nach draußen hat, bahnt er sich einen und die Sache explodiert. Der Druck, unter den wir uns selber setzen, ist am schwersten zu ertragen. Der Druck, besser zu sein, als wir es sind. Der Druck, ein besserer Mensch zu sein, als wir es uns zutrauen. Er lässt nie, niemals nach, er wird immer größer und größer und größer.
Auf eine Fähigkeit sind wir Ärzte ganz besonders stolz: Wir können praktisch im Stehen schlafen, jederzeit und überall. Aber dieser Stolz ist trügerisch, denn die Wahrheit ist, dass man nach 20 Stunden ohne Schlaf genauso gut auch betrunken zur Arbeit kommen könnte, egal ob man Arzt ist oder nicht. Kein Wunder, dass sich nachts die Zahl fataler Behandlungsfehler erhöht, wenn wir Ärzte voller Stolz im Stehen schlafen. Kürzlich wurden unser gemeinschaftlicher Stolz und unsere Egos durch eine neue Vorschrift erschüttert: Die Assistenzärzte müssen jetzt tagsüber schlafen, bevor sie die ganze Nacht durcharbeiten. Keiner von uns steht auf Nachtschichten, aber wer weiß wann wir mal nachts medizinische Hilfe brauchen. Also Augen zu und durch.
Im Schutze der Dunkelheit machen Menschen Dinge, die sie niemals an helllichtem Tage tun würden. Nachts erscheinen einem Entscheidungen weiser, man ist wagemutiger. Bei Sonnenaufgang muss man für das, was man in der Dunkelheit gemacht hat, die Rechnung zahlen. Man muss sich im gleißenden Tageslicht seinem Spiegelbild stellen.
Die ersten 24 Stunden nach einer Operation sind kritisch. Jeder Atemzug, jede Flüssigkeit, die man produziert, wird protokolliert, analysiert, zelebriert oder betrauert. Aber was ist mit den nächsten 24 Stunden? Was passiert, wenn aus dem ersten Tag zwei werden und aus Wochen Monate? Was ist, wenn die unmittelbare Gefahr vorüber ist, wenn die Geräte abgestellt und die Ärzte und Krankenschwestern weg sind? Durch eine OP wird man gerettet, aber in der postoperativen Phase nach der OP beginnt der Heilungsprozess. Aber was wenn nicht?
Jede OP hat nur ein Ziel: Die vollständige Genesung eines Patienten. Es soll ihm hinterher besser gehen als vorher. Manche Patienten erholen sich schnell, spüren sofort Erleichterung. Für Andere verläuft der Heilungsprozess schrittweise. Und es kann sogar sein, dass man erst nach Monaten oder sogar Jahren feststellt, dass die Schmerzen weg sind. Die größte Herausforderung nach einer OP ist, Geduld zu haben. Und wenn man fest an seine Heilung glaubt und die ersten Wochen und Monate übersteht, dann kann man in sein altes Leben zurück. Aber das weiß man vorher nicht.
Die Medizin ist bis zu einem gewissen Grad eine Wissenschaft. Ich finde, Medizin ist auch eine Kunst. Ärzte, die die Medizin nur als reine Wissenschaft betrachten, möchte man nicht um sich haben, wenn die Blutung nicht aufhören will, oder das eigene Kind vor Schmerzen schreit. Die Kliniker gehen nach Vorschrift, die Künstler folgen ihrem Bauchgefühl. Die Künstler spüren die Schmerzen ihrer Patienten und sie tun alles, damit sie aufhören. Extreme Maßnahmen, dort hört die Wissenschaft auf und man wird kreativ.
Chirurgie ist radikal. Wir schneiden Körper auf, nehmen etwas raus und basteln das, was übrig ist, wieder zusammen. Im Privatleben benutzen wir kein Skalpell. Sonst würden wir ja immer, wenn etwas weh tun würde einfach nur schneiden, schneiden und schneiden. Die Sache ist die: Wenn ein Skalpell erst mal etwas entfernt hat, kriegt man es nie wieder zurück. Also, zum Glück haben wir privat kein Skalpell.
Die Menschen werden romantisch, wenn sie an Anfänge denken. Ein Neustart, von vorne beginnen, eine Welt voller Möglichkeiten. Aber ganz egal, welches Abenteuer man beginnt, man bleibt doch Derselbe. Man bringt sich selbst zu jedem Neuanfang im Leben, wie soll er da groß anders werden?
Das ist es doch was jeder will, oder? Einen Neustart, nochmal von vorne anfangen. Als ob das die Sache einfacher macht. Fragt mal den Kerl, der den Fels den Berg hinaufrollt. Nichts ist einfach an einem neuen Anfang, ganz und gar nichts.
Ärzte verschleiern ihren Patienten gegenüber manchmal die Wahrheit. Wir geben vage Antworten auf schwierige Fragen, wir erwähnen postoperative Schmerzen nicht, wir sprechen dem Patienten gegenüber von Unwohlsein. Wenn der Patient nicht verstorben ist, erzählen wir ihm, die Operation sei gut verlaufen. Doch wenn es um Placebos geht, wird es für einen Arzt richtig schwierig. Der Hälfte unserer Patienten sagen wir die Wahrheit, bei der anderen Hälfte hoffen wir, dass der Placeboeffekt funktioniert. Wir reden uns ein, dass sich der Patient in jedem Falle besser fühlen wird, in gutem Glauben, dass das Medikament wirkt, obwohl wir den Patienten dem Tod überlassen.
Ärzte sagen nicht immer die ganze Wahrheit, weder ihren Patienten, noch ihren Familien. Meistens machen wir uns selbst etwas vor. Deshalb brauchen wir manchmal eine Weile, bis wir merken, dass die Wahrheit die ganze Zeit schon zum Greifen nahe war.
Die schwerste Lektion für einen Arzt ist es, Prioritäten zu setzen. Wir sind dafür ausgebildet, alles dafür zu tun, um Leben zu retten. Auch wenn wir zum Beispiel ein Bein amputieren müssen, um ein Leben zu retten, tun wir es ohne zu zögern. Das ist keine einfache Aufgabe, denn man kommt immer wieder zu der Frage: "Wo liegen die Risiken?". "Was werden wir verlieren oder gewinnen?". Im Endeffekt sind wir nur Spieler, die versuchen Haus und Hof nicht zu verspielen.
Die Chirurgie ist ein Spiel mit hohem Risiko. Doch egal wie hoch die Risiken sind, früher oder später muss man auch mal was aus dem Bauch heraus entscheiden. Und vielleicht, nur vielleicht, kommt man dann sogar dorthin, wo man eigentlich hingehört.
Wie viel schafft man eigentlich in einer Stunde? Den Wochenendeinkauf vielleicht, im Stau stehen, einen Ölwechsel machen lassen? Eine Stunde ist nicht lange, wenn man genau darüber nachdenkt. 60 Minuten, 3600 Sekunden. Mehr nicht. Aber in der Medizin bedeutet eine Stunde oft alles. Wir nennen es die goldene Stunde. Das magische Zeitfenster, das darüber entscheidet, ob ein Patient überlebt oder stirbt.
Eine Stunde, eine einzige Stunde, kann alles verändern. Für immer. Eine Stunde kann ein Leben retten. In einer Stunde kann man seine Meinung ändern. Manchmal empfinden wir eine Stunde als ein Geschenk. Für manche hat eine Stunde fast keine Bedeutung. Für andere kann eine Stunde alles auf den Kopf stellen. Aber am Ende eines Tages ist es trotzdem bloß eine Stunde. Eine von vielen. Eine von vielen, die noch kommen. 60 Minuten, 3600 Sekunden. Mehr nicht. Dann fängt alles wieder von vorn an. Und wer weiß, was die nächste Stunde bereit hält.
Die meisten Leute halten Ärzte für die verantwortungsbewusstesten Menschen überhaupt, denn sie entscheiden ja über Leben und Tod. Sie verschlampen nichts, sie übersehen keine wichtigen Details oder treffen falsche Entscheidungen. Denn das wäre furchtbar, nicht wahr?
Wir sind wirklich sehr verantwortungsbewusst. Unseren Patienten gegenüber. Das Problem ist, es beschränkt sich rein auf unsere Arbeitszeit. Wenn es um uns selbst geht, durchdenken wir nicht immer alles, treffen keine vernünftigen Entscheidungen, denn das haben wir ja den ganzen Tag lang im Krankenhaus gemacht. Mit uns selbst können wir nicht verantwortungsbewusst umgehen. Und zahlt sich das aus, verantwortungsbewusst zu handeln? Denn auch wenn man brav seine Vitamine einnimmt, seine Steuern zahlt und sich auch nie vordrängelt, entgleiten einem die Menschen, die man liebt, trotzdem manchmal wie Wasser zwischen den Fingern. Und was hat man dann davon? Vitamine und sonst nichts.
Rebellen, Regelbrecher, Gangster mit einem Skalpell. Dieses Bild zeichnen wir gern von uns. Dann kommen wir uns knallhart vor, sexy. Das Problem ist nur, wir sind ganz anders. Im Grunde genommen sind wir Regelkonform. Wir sind Schafe, wir halten uns an die Vorschriften und befolgen sie ohne Abweichungen. Denn halten wir uns nicht an die Vorschriften, sterben unsere Patienten und dann sind wir nicht mehr knallhart, wir sind einfach mies.
Und vor diesem Problem steht ein Arzt jeden Tag. Geht man auf Nummer sicher und folgt den Vorschriften? Oder man geht ein Risiko ein und erfindet die Vorschriften neu. Manchmal wird Risiko auch belohnt. Manchmal kann es aber auch ein Reinfall sein. Trotzdem, hin und wieder muss man einfach mal was riskieren und aufs Ganze gehen. Und hat man dann endlich sein Ziel erreicht, fühlt man sich als wäre man der König auf der Welt. Aber wenn nicht...
Callie Torres
Das Gehirn ist das geheimnisvollste Organ im menschlichen Körper. Es lernt, es verändert sich und es passt sich an. Es sagt uns, was wir sehen, was wir hören. Es lässt uns Liebe empfinden. Unsere Seele wohnt dort. Egal, wie viel wir forschen, niemand kann sagen wie die empfindliche graue Masse in unserem Schädel eigentlich funktioniert. Und wenn das menschliche Hirn verletzt und traumatisiert ist, naja, dann wird es so richtig geheimnisvoll.
(kein Outro)
Nach einem Unfall ist der Körper besonders verletzlich. Die Reaktionszeiten sind entscheidend. Plötzlich ist man von vielen Menschen umgeben: Ärzten, Krankenschwestern, Spezialisten, Technikern. Chirurgie ist ein Mannschaftssport. Alle wollen nur eins: ihr Ziel erreichen. Alle diese Menschen versuchen einen zu heilen. Doch ein chirurgischer Eingriff ist nun mal traumatisierend. Sobald der Eingriff vorüber ist, beginnt die Heilung. Wir nennen es Rekonvaleszenz. Rekonvaleszenz ist kein Mannschaftssport, sie ist ein ewig dauernder Langstreckenlauf. Die Strecke ist lang und anstrengend und höllisch einsam.
Die Länge der Rekonvaleszenzzeit hängt vom Ausmaß der Verletzungen ab. Der Heilungsprozess ist nicht immer erfolgreich. Wie sehr wir uns auch anstrengen, einige Wunden verheilen nie ganz. Möglicherweise muss man diese Schwäche für den Rest seines Lebens akzeptieren, mitunter sind die Veränderungen radikal. Dann wird es nie wieder wie früher. Manchmal erkennt man sich dann selbst nicht wieder, so, als hätte man überhaupt nichts überwunden. Man ist ein völlig neuer Mensch und es beginnt ein völlig neues Leben.
Bakterien, Krankheiten, Gifte. Unser Körper kämpft ständig gegen Gefahren an. Gefahren, die direkt vor uns liegen, die im Verborgenen lauern. Ob man es bemerkt oder nicht: Unser Körper schützt sich fortwährend selbst. Jedes Mal wenn man blinzelt, spült man tausende unerwünschte Mikroben fort. Atmet man zu viele ungebetene Pollen ein, muss man niesen. Der Körper weiß, wann er auf etwas trifft, gegen das er kämpfen muss. Der Körper macht den Eindringling ausfindig, schickt seine weißen Blutkörperchen los und greift an.
Gerade wenn wir glauben, wir wären uns über etwas klar geworden, hält das Universum eine Überraschung für uns parat. Wir improvisieren dann. Manchmal finden wir das Glück an Orten, an denen wir es nicht erwarten und wir besinnen uns auf das, was am allerwichtigsten ist. In dieser Beziehung ist das Universum echt komisch: Manchmal sorgt es dafür, dass wir genau dort landen, wo wir hingehören.
Wir kennen das doch alle. Es gehört zum Stoff, den man in der siebten Klasse in Biologie lernt: Sich anpassen oder sterben. Sich anzupassen ist allerdings nicht einfach. Die Konkurrenz muss bekämpft, ihre Angriffe abgewehrt werden und manchmal muss man töten. Man tut was man kann, um zu überleben.
Sich anpassen oder sterben. Wie sehr man es sich auch einredet, die Lektion wird deswegen nicht leichter. Das Problem ist: Wir sind Menschen. Wir wollen mehr als einfach nur überleben. Wir wollen Liebe. Wir wollen Erfolg. Wir wollen das Beste aus uns rausholen. Wir kämpfen bedingungslos, um all das zu bekommen. Würden wir das nicht tun, wären wir Tod.
Ich hab immer gesagt: "Allein bin ich glücklicher". Ich hab meine Arbeit, meine Freunde, aber wenn man jemanden ständig in seinem Leben hat, hat man mehr Ärger, als es Wert ist. Offenbar seh ich das jetzt anders.
Es gibt schon einen Grund, warum ich sagte ich wär allein glücklich. Naja, ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich allein glücklich wäre. Es lag nur daran, dass ich dachte, wenn ich jemanden liebe und es dann auseinander geht, das würde ich nicht überleben. Allein zu sein ist einfacher. Es ist nicht angenehm, wenn man das Gefühl hat, dass man Liebe braucht und sie dann nicht bekommt. Nachher verlässt man sich noch auf die Liebe, weil sie einem gefällt. Nachher baut man noch sein Leben darauf auf und dann bricht alles zusammen. Kann man so einen Schmerz überhaupt aushalten? Die Liebe zu verlieren ist wie ein Organschaden, das ist wie sterben. Es gibt nur einen Unterschied: Der Tod ist das Ende. Das hier könnte ewig so weiter gehen.
Staffel 8[]
Selbst gute Ehen scheitern. Gerade hat man noch festen Boden unter den Füßen und im nächsten Moment schon nicht mehr. Und es gibt immer zwei Versionen: Deine, die des Anderen. Beide Versionen fangen allerdings gleich an, und zwar mit zwei Menschen, die sich in einander verlieben. Niemand, der heiratet, glaubt vorher, dass es schiefgehen wird. Man denkt: "Wir werden es schaffen". Also ist es immer ein Schock, wenn der Moment kommt, in dem einem klar wird, dass es vorbei ist. Gerade hat man noch festen Boden unter den Füßen, und im nächsten Moment schon nicht mehr.
Bist du stark genug? Wenn deine Ehe in Gefahr ist, kannst du den Sturm meistern? Wenn der Boden nachgibt und deine Welt zusammenbricht, muss man vielleicht einfach nur Vertrauen haben und daran glauben, dass man es gemeinsam durchstehen kann. Vielleicht muss man einfach nur die Zähne zusammenbeißen und, egal was passiert, nicht locker lassen.
Meine Mutter ging damals fort und nahm mich mit. Sie sagte es meinem Vater erst, als wir tausende Kilometer weit weg von ihm landeten. Damals nannte man sowas familiäre Probleme. Heute heißt das Kidnapping.
Wenn man glaubt, dass wahre Liebe das einzige ist, was einem das Herz zerreißen kann, dass das Leben erhellt und schöner macht oder es zerstört, dann empfindet man wie eine Mutter.
Man arbeitet, man lernt und bereitet sich vor, Monate und Jahre. Und am Ende steht der Tag, der Tag an dem man Vortritt und Verantwortung übernimmt. An diesem Tag muss man auf alles vorbereitet sein. Aber es gibt eine Sache, auf die man nie richtig vorbereitet ist: Wenn jemand nicht vor-, sondern zurücktritt.
Manchmal passiert es ganz plötzlich: Man tritt hervor, man übernimmt die Führung, man sieht einen neuen Weg vor sich. Man sieht den Weg und man schlägt ihn ein. Selbst wenn man nicht weiß, wohin er führt.
- Derek: Es gibt eindeutige Unterschiede zwischen dem männlichen und weiblichen Gehirn.
- Webber: Das weibliche Gehirn hat einen größeren Hippocampus. Normalerweise haben Frauen deswegen ein besseres Gedächtnis und Erinnerungsvermögen.
- Alex: Das männliche Gehirn hat einen größeren Parietal-Cortex, was sehr nützlich ist, wenn man Angriffe abwehren muss.
- Jackson: Das männliche Gehirn geht an Herausforderungen anders heran als das weibliche.
- Mark: Frauen kommunizieren über die Sprache. Sie reden viel, das nennt sich Empathie. Männern liegt das nicht so sehr.
- Owen: Das bedeutet nicht, dass wir keine Emotionen empfinden können.
- Derek: Ja, wir können über unsere Gefühle sprechen. Es ist nur so, meistens lassen wir es lieber!
- Alex: "Sei ein Mann", das sagt man ständig zu uns.
- Owen: Aber was soll das überhaupt bedeuten?
- Webber: Geht es dabei um Stärke?
- Owen: Vielleicht geht es darum, Opfer zu bringen.
- Jackson: Geht es dabei ums gewinnen?
- Mark: Ich glaub es ist viel einfacher.
- Derek: Manchmal ist es gut, keine Verantwortung zu übernehmen. Manchmal muss man ein ganzer Kerl sein, um sein Ego beiseite zu schieben, 'ne Niederlage einzugestehen, und um wieder ganz von vorne anzufangen.
Der menschliche Körper ist in der Lage, Verluste zu kompensieren. Er passt sich den Umständen an, sodass er ohne das klarkommt, was er eigentlich gern hätte. Aber manchmal ist der Verlust zu groß und der Körper kann sich nicht allein helfen. Dann kommen die Chirurgen ins Spiel.
Man ist voller Hoffnung, wenn man am Anfang steht. Denn man sieht nur die Welt, die es zu erobern gilt, nicht die, die man verlieren kann. Man sagt, die Unfähigkeit einen Verlust zu akzeptieren, sei eine Form von Wahnsinn. Das ist wahrscheinlich richtig. Aber manchmal ist es der einzige Weg, um weiterleben zu können.
Als Baby ist man unkompliziert. Ein Schrei bedeutet: Man hat Hunger. Noch ein Schrei: Man ist müde. Erst als Erwachsener wird man schwierig. Erwachsene verbergen ihre Gefühle und errichten Mauern um sich. Deshalb weiß man nie so genau, was andere Erwachsene denken oder empfinden. Ohne es zu wollen, wird man ein Meister der Verstellung.
Offen auszusprechen was man denkt, ist sehr schwer. Manchmal braucht man einen Schups, manchmal muss man allerdings Dinge verschweigen und sich dumm stellen. Auch wenn man's kaum aushält zu schweigen: Lieber Klappe halten und das Geheimnis bewahren. Auch andere Wege führen zum Glück.
Chirurgen dürfen keine Mühe scheuen, die Risiken sind zu groß. In dem Moment, in dem wir aufhören uns anzustrengen, passiert etwas Schreckliches. Etwas, das wir nicht haben kommen sehen.
Wir gehören vielleicht nicht immer zu den Siegern, aber wir sind nicht faul. Wir wagen etwas und wir gehen auf's Ganze. Wir holen weit aus und manchmal, ja, schlagen wir auch daneben. Aber manchmal gelingt uns auch ein Home-Run.
Angenommen, man steht im OP und flickt eine Vena-Cava und plötzlich geht alles den Bach runter. Man behält die Nerven, operiert weiter und bekommt die Lage wieder in den Griff. Zu blöd, dass man bei Herausforderungen außerhalb des OP's kein Skalpell zur Hand nehmen darf. Naja, man könnte es versuchen, allerdings wäre das dann Körperverletzung und würde geahndet.
Beängstigend, wie schnell alles den Bach runter gehen kann. Manchmal erinnert man sich erst nach einem großen Verlust an das, was einem eigentlich am Wichtigsten ist. Manchmal geht man gestärkt aus so einer Situation heraus, ist weiser geworden. Man ist besser gewappnet für die nächste Katastrophe, die auf einen zurollt. Manchmal, aber eben nicht immer.
"Ich hatte einen furchtbaren Tag", das sagen wir ständig. Der Streit mit dem Chef, die Magengrippe, der Verkehr. Das nennen wir furchtbar, obwohl eigentlich nichts furchtbares passiert ist..
Dann fangen wir an, uns nach diesen Dingen zu sehnen: Nach einer Wurzelbehandlung, einer Steuerprüfung, nach Kaffeeflecken auf unserer Kleidung. Wenn die wirklich schlimmen Sachen passieren, bitten wir einen Gott, an den wir nicht glauben, uns die kleinen Übel zu schicken und uns vor den großen zu verschonen. Das kommt einem jetzt fast idyllisch vor, oder? Die Überschwemmung in der Küche, der Heuschnupfen, der Streit, der uns vor Wut beben lässt. Wäre es anders gewesen, wenn wir gewußt hätten was da auf uns zukommt? Hätten wir erkannt, dass dies die besten Augenblicke unseres Leben waren?
Opfer eines plötzlichen Zusammenpralls zu behandeln, ist am schwierigsten. Nicht nur die Kollision erzeugt Verletzungen, sondern auch alles was danach kommt. Durch den Aufprall werden die Opfer aus Autos geschleudert, krachen durch Windschutzscheiben, die inneren Organe prallen gegen knöcherne Strukturen. Unendlich viele kleinere und größere Verletzungen treten auf. Deshalb weiß man nie, wie viel Schaden tatsächlich angerichtet wurde, bis die Opfer zum Stillstand kommen.
Man kann sich auf einen plötzlichen Schicksalsschlag nicht vorbereiten. Man kann sich nicht dagegen wappnen. Man wird einfach getroffen, aus dem Nichts. Und auf einmal ist nichts in deinem Leben so wie es vorher mal war. Für immer.
Habt ihr jemals die Hauptrolle in einem Stück gespielt? Ein Solo in einem Konzert? Alle Augen sind auf euch gerichtet. Die Zuschauer wollen das sehen, wofür sie bezahlt haben. Und man muss diesen unglaublichen Erwartungsdruck standhalten. In gewisser Weise ähnelt ein OP-Saal auch einem Theater. Es gibt viele Parallelen. Viele Menschen bereiten sich auf die Vorstellung vor. Die Bühne wird eingerichtet, es gibt Kostüme, Masken, Requisiten. Alles muss geprobt werden, hat eine Choreografie. Und jeder arbeitet auf den einen Moment hin, wenn sich der Vorhang öffnet. Wisst ihr, was man über die Carnegie Hall sagt? Es gibt nur einen Weg dort hinzukommen!
Wenn das Leben doch nur eine Kostümprobe wäre und wir Zeit für Wiederholungen hätten. Wir könnten jede Szene solange üben, bis wir alles richtig machen. Unglücklicherweise ist jeder Tag unseres Lebens eine einzigartige Vorstellung. Aber es scheint, dass selbst wenn wir die Möglichkeit haben, etwas zu proben, uns innerlich darauf einzustellen, sind wir trotzdem nie richtig auf die großen Momente des Lebens vorbereitet.
Hoffnung für die Hoffnungslosen
"Wir können leider nichts mehr tun", das ist das Letzte was ein Chirurg einem Patienten sagen möchte. Aufgeben kommt für Chirurgen nicht in Frage. Deshalb versuchen wir auch alles in unserer Macht stehende. Ein hoffnungsloser Fall bedeutet für Chirurgen nur: Streng dich ein bisschen mehr an.
Wann wirft man das Handtuch? Wann gibt man zu, dass es ein hoffnungsloser Fall ist? Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem einem alles zu viel wird. Man ist dann zu erschöpft, um weiter zu kämpfen und dann gibt man auf. Doch dann fängt die eigentliche Arbeit erst an. Man versucht Hoffnung zu schöpfen, wo es scheinbar keine mehr gibt.
Es ist Bestimmung, welches Kind man bekommt. "Genau dieses sollte es sein", das sagen einem jedenfalls die Leute von der Adoptionsstelle immer. Egal, ich möchte gern glauben, dass das stimmt. Aber alles andere, was so passiert, scheint vom Zufall abhängig zu sein. Was wäre, wenn etwas, das ich gesagt oder getan habe, alles kaputt gemacht hätte? Was wäre, wenn ich mich für ein anderes Leben entschieden hätte oder für einen anderen Partner? Wir hätten einander vielleicht nie gefunden! Was wäre, wenn ich anders aufgewachsen wäre, wenn meine Mutter nicht krank geworden wäre oder wenn ich einen guten Vater gehabt hätte? Was wäre, wenn ...? Was wäre, wenn ...? Was wäre, wenn ...?
Dein Leben ist ein Geschenk, nimm es an. Egal wie verkorkst oder schmerzhaft es dir im Moment vorkommt. Manche Dinge entwickeln sich so, als wären sie vom Schicksal vorherbestimmt. Als müssten sie einfach so und nicht anders geschehen.
Es gibt Zeiten im Leben, da überwindet Liebe alles. Erschöpfung, Schlaflosigkeit, einfach alles. Aber es gibt auch Zeiten, da bringt Liebe einem anscheinend nichts - außer Schmerz.
Man sucht immer nach Möglichkeiten, den Schmerz zu lindern. Manchmal gelingt es, indem man einfach das Beste aus dem macht, was man hat. Manchmal, indem man einfach den Moment genießt. Und manchmal braucht man, um den Schmerz zu lindern, einfach nur einen Waffenstillstand auszurufen.
Wenn man alles versucht hat, aber die Kopfschmerzen einfach nicht weggehen, der Husten nicht aufhört, die Schwellung nicht zurückgeht, dann holt man sich professionelle Hilfe. Als Chirurgen verbringen wir Jahre damit, unsere Wahrnehmung zu schärfen, um erkennen zu können, wo das Problem liegt. Das Problem ist: Wenn man so viel Zeit damit verbringt seine Wahrnehmung für winzige Details zu schärfen, dann kann es passieren, dass man eine sehr eingeschränkte Sichtweise entwickelt. Und wie soll man mit jemandem streiten, der die Wissenschaft auf seiner Seite hat?
Es mag uns nicht gefallen, aber es ist wirklich wichtig, ab und zu innezuhalten, zurückzutreten und das Ganze mit Abstand zu betrachten. Wenn man irgendwann herausgefunden hat, dass man die Perspektive verloren hat, kann das unter Umständen befreiend wirken. Und plötzlich entdeckt man neues Potenzial in sich und andere Wege tun sich auf, Möglichkeiten, von denen man bisher nichts geahnt hat. Solange sich in einer hoffnungslosen Situation plötzlich ein Ausweg auftut, ist das gut. Aber leider läuft es manchmal auch andersrum.
Uns Chirurgen wird beigebracht, den Rat von Kollegen einzuholen, um einen anderen Blickwinkel auf die Dinge zu erhalten. Wir ermutigen sogar den Patienten, eine zweite Meinung einzuholen. Und was zählt schon eine zweite Meinung, wenn man weiß, dass man Recht hat. Also seien wir mal ehrlich, Chirurgen sind eher sowas wie Cowboys. Wir machen alles im Alleingang.
Man kann Rat bei anderen suchen, sich mit vertrauten Ratgebern umgeben. Aber letztendlich fällt man seine Entscheidungen allein. Man entscheidet selbst und irgendwann, wenn es Zeit wird zu handeln und man allein mit dem Rücken zur Wand steht, ist die einzige Stimme, die dann noch zählt, die Stimme im eigenen Kopf. Und die sagt einem, was man wahrscheinlich sowieso schon wusste. Und diese Stimme irrt sich eigentlich fast nie.
Uns wurde beigebracht, aufmerksam zu sein, das Problem zu erkennen, die richtigen Fragen zu stellen, nach der Wurzel des Übels zu suchen, bis wir genau wissen woran wir sind und wir uns an die Arbeit machen können. Doch das fordert einiges Fingerspitzengefühl, sonst verrennen wir uns in etwas. Dann sehen wir Probleme, wo gar keine sind.
Unsere Absichten sind immer gut, wir wollen stets das Richtige tun. Aber wir haben auch den Drang, Grenzen zu überschreiten. Also geraten wir in Gefahr, zu weit zu gehen. Man sagt uns "Du darfst niemanden verletzen" und gleichzeitig bringt man uns bei, Andere mit dem Messer aufzuschneiden. Manchmal machen wir Sachen, von denen wir lieber die Finger gelassen hätten. Wir können es nur schwer aushalten, wenn sich ein Problem unserer Macht entzieht. Dann sollten wir uns zurückziehen, bevor wir es noch viel schlimmer machen, bevor wir einen furchtbaren Schaden anrichten.
Im OP haben wir ein Sprichwort: "Streichel nie den Löwen!". Ganz egal, wie gut der Tumor aussieht, wie klein er auch ist, wie operabel er auch erscheint. Es ist immernoch ein Tumor, ein gefährlicher Tumor, der beißen kann.
Wir haben alle die Warnsignale gehört und wir haben sie ignoriert. Manchmal fordert man sein Glück heraus, indem man die Würfel befragt. Wir spielen mit dem Feuer. Es liegt in der menschlichen Natur. Verbietet man uns, etwas anzufassen, fassen wir es natürlich an. Sogar dann, wenn wir es besser wissen. Vielleicht, weil wir genau wissen, dass wir provozieren wollen.
Bei uns kennt jedes Kind den Text dieses Liedes. Der Fußknochen ist verbunden mit dem Unterschenkel, der Unterschenkel ist verbunden mit dem Knie. Doch während des Medizinstudiums, lernen wir, dass es doch etwas komplizierter ist. Aber trotzdem, der Liedtext ist nicht falsch. Alles hängt zusammen. Der Fußknochen ist verbunden mit dem Unterschenkel, der Unterschenkel ist verbunden mit dem Knie. Und wenn man ein Glied entfernt, fällt der Rest einfach in sich zusammen.
Der menschliche Körper hat mehrere Systeme, die ihn am Leben erhalten. Das eine sorgt dafür, dass man atmet, ein anderes hält einen aufrecht. Eins sorgt dafür, dass man Hunger hat und eins, dass man glücklich ist. Sie hängen alle zusammen. Entfernt man ein Glied aus der Kette, fällt der Rest in sich zusammen. Und erst wenn eins unserer lebenserhaltenden Systeme kurz davor steht, zu versagen, wird uns klar, wie sehr wir uns bisher immer auf sie verlassen haben.
Kinder wollen immer, dass alles so bleibt, wie es war. Dieselben Lehrer, dasselbe Haus, dieselben Freunde. Einem Chirurgen geht es da nicht anders. Man gewöhnt sich an dieselben Assistenten, dieselben OP-Schwestern, dasselbe Krankenhaus. Das ändert sich in dem Moment, in dem das fünfte Jahr anbricht. Man muss sich eine neue Stelle suchen.
Wie sagt man doch so schön: "Man kommt nicht vorwärts, wenn man die Vergangenheit nicht hinter sich lässt". Loslassen ist einfach, vorwärts gehen ist schmerzhaft. Deshalb kämpfen wir manchmal auch dagegen an und versuchen, alles beim Alten zu lassen. Doch manchmal muss sich was verändern. Irgendwann muss man einfach loslassen und vorwärts gehen. Ganz egal, wie schmerzhaft es ist, es ist die einzige Möglichkeit sich weiterzuentwickeln.
Stellt euch mal vor, ihr seid Assistenzärzte und habt die letzten fünf Jahre damit zugebracht zum Chirurgen ausgebildet zu werden. Aber diese fünf Jahre zählen plötzlich nicht mehr. Das Einzige, was zählt, das Einzige, was noch zwischen euch und eurer weiteren Karriere steht, ist eine Prüfung. In irgendeinem Hotel, in irgendeiner Stadt, mit irgendeinem Prüfer, der euch irgendwelche Fragen stellt. Nervös? Zu recht!
Kindergarten, Highschool, College, Medizinstudium, Assistenzarzt, dieser Weg führte uns hierher. Manche Menschen zerbrechen vielleicht unter dem Druck, andere blühen auf. Wie auch immer, jetzt können wir nichts mehr tun. Die Zeit des Lernens und der Vorbereitung ist vorbei. Ob es uns gefällt oder nicht, der Moment ist gekommen. Das Einzige, was wir noch tun können, ist, anwesend zu sein.
Carpe Diem - Nutze den Tag. Carpe Diem nervt total. Wenn man das Motto "Carpe Diem" einhält, wie soll man da sein Leben planen? Seine Kariere oder eine Familie? Wenn jeder den Tag nutzen würde, gäbe es keine Ärzte mehr, keiner würde mehr studieren. Wir wären alle viel zu beschäftigt im Hier und Jetzt zu leben. Was immer das auch bedeuten mag...
Okay, die alten Römer hatten in einem Punkt Recht: Man muss sein Leben leben! Und Leben bedeutet, man muss jeden Morgen, wenn man aufwacht, eine Entscheidung treffen. Zwischen Carpe Diem und Zukunftsplänen liegen manchmal ein paar Scheißtage. Ganz egal, ob sich der Vorhang schließt, oder nicht.
Es gibt da diese Vögel, eine Art Schwalbe, glaub ich. Jeden September verlassen tausende dieser Vögel das verregnete Seattle, um in Mexiko zu überwintern. Diese Tiere sind nicht dumm und jedes Jahr versammeln sich überall in Seattle Menschenmengen, um Bier zu trinken und den Abflug der Schwärme zu beobachten. Sie nennen es "Den großen Abflug".
Ich weiß nicht, wie die Vögel das machen. Sie fliegen tausende von Meilen, ohne sich zu verirren, ohne gegen Fensterscheiben zu knallen, ohne von Katzen gefressen zu werden. Aber jedes Frühjahr sind sie wieder da. Ich nehme an, sie kehren zu dem zurück, was sie kennen. Sie sagen, es sei ein toller Anblick, wenn sie wegfliegen. Sie sagen, man würde tatsächlich den Augenblick erkennen, in dem die Vögel auf irgendein mysteriöses Signal hin, alle gleichzeitig beschließen, fortzufliegen. Tja, vielleicht hab ich also was verpasst. Egal, dann eben nächstes Jahr.
Richard: Vor einem Monat noch, waren sie an der Uni und wurden von Ärzten unterrichtet. Heute sind sie die Ärzte. Die 7 Jahre ihrer Ausbildung zur Chirurgen, werden die beste und die schlimmste ihres Lebens sein. Man wird ihnen das Äußerste abverlangen. Acht von ihnen werden in ein weniger anspruchsvolles Spezialfach wechseln, Fünf den Druck nicht Stand zu halten und zwei wird man bitten, zu gehen. Hier ist ihre Startlinie. Dies ist ihr Stadium. Wie gut sie spielen, hängt von ihn ab.
Meredith: Die Jahre, die wir als Assistenzärzte in der Chirurgie verbringen, werden die besten und die schlimmsten unseres Lebens sein. Man wird uns das Äußerste abverlangen. Das ist die Startlinie. Das ist unser Stadion. Wie gut wir spielen, hängt von uns ab.
Staffel 9[]
Sterben ändert alles. Es hat emotionale Auswirkungen, klar, aber vor allem ist da der praktische Kram. Wer übernimmt deinen Job? Wer kümmert sich um deine Familie? Zum Glück muss man sich als Toter darüber keine Gedanken mehr machen. Fremde werden auf einmal in deinem Haus wohnen, deine Arbeit erledigen. Das Leben geht einfach weiter, ohne dich.
Man sagt, der Tod sei für die Hinterbliebenen am härtesten. Es ist schwer, sich endgültig zu verabschieden. Manchmal ist es sogar unmöglich. Man wird nie wirklich den Verlust vergessen können. Die vielen kleinen Erinnerungen hinterlassen einen bittersüßen Beigeschmack. Überall mahnen Fotos oder persönliche Gegenstände. Dinge, die an einen erinnern, wenn man nicht mehr da ist.
Als Kind besaß ich so ein Memory. Die Karten liegen umgedreht in mehreren Reihen, auf jeder Karte ein Bild, man dreht eine Karte um, guckt sie an und dreht sie wieder um. Dann muss man sich daran erinnern, wo die dazugehörige Karte gelegen hat. Manchmal hat man keine Ahnung. Und manchmal deckt ein anderer die Karte auf, die man unbedingt braucht. Die Karte liegen vermeintlich völlig ungeordnet nebeneinander, aber je mehr man nach und nach aufdeckt und sich ansieht, desto mehr bekommt man ein Gefühl dafür, wie alles zusammen passt.
Merediths Nachricht auf Cristinas Mailbox:
Hey, also ich hab nicht angerufen, weil du auch nicht angerufen hast. Also, du hattest Recht, und zwar mit allem. Du hattest Recht. Hier ist ein Ort, an dem furchtbare Dinge passieren. Es war richtig von dir zu gehen, so entgehst du wahrscheinlich einer Katastrophe, weißt du. Aber ich, ich bin hier praktisch aufgewachsen und du hast Recht, das hat Wunden hinterlassen. Wunden, die wahrscheinlich nie wieder verheilen. Ich erinnere mich an so viele Menschen. Menschen, die ich für immer verloren habe. Aber ich hab auch noch viele andere Erinnerungen. Hier hab ich mich verliebt. Hier hab ich eine Familie gegründet. Hier wurde ich zu einer Ärztin ausgebildet. Hier hab ich gelernt, Verantwortung für das Leben anderer zu übernehmen, und hier hab ich dich kennengelernt. Das heißt dieser Ort hat mir mindestens genauso viel gegeben, wie genommen, das heißt ich lebe hier und überlebe hier. Kommt nur darauf an, wie man es betrachtet. Und ich hab mich dafür entschieden, es positiv zu sehen und du wirst für immer in meinem Herzen sein. Hoffe es geht dir gut. Bis dann.
Cristina ruft Meredith zurück: Du vervollständigst mich. Du wirst immer meine Seelenverwandte sein.
Chirurgen gehen keine Kompromisse ein. Wir trotzen dem Tod. Wir übertreffen die Perfektion. Wir operieren 17 Stunden ohne Pause, wenn es sein muss. Chirurgen sind für Kompromisse nicht geschaffen, was aber nicht heißt, dass wir es nicht immer wieder versuchen.
Wenn man seinem Herzen folgt, wenn man sich gegen etwas entscheidet, passiert etwas Merkwürdiges, nicht wahr? Eine Last fällt einem von den Schultern, die Sonne scheint ein wenig heller als sonst und für einen kurzen Augenblick, findet man wieder ein wenig Frieden.
Die Arbeitskleidung eines Chirurgen trägt dazu bei, ein gewisses Image zu stützen. Der Arztkittel, das Namensschild, die OP-Kleidung, das alles zeichnet ihn als Autoritätsperson aus, als jemanden, dem man vertrauen kann. Hat er sich dieser Kleidung entledigt, sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Wir sind empfindlich, verletzlich, menschlich und genauso anfällig für Dummheiten, wie alle anderen auch.
Es mag einem Chirurgen schwer fallen das zuzugeben, aber es ist keine Schande menschlich zu reagieren. Es kann erleichternd sein, wenn man sich nicht mehr verstecken muss, wenn man akzeptiert, wer man wirklich ist und wenn man zulässt, dass die anderen einen auch so sehen. Ein bisschen Selbsterkenntnis schadet Niemandem. Denn wenn man weiß, wer man ist, erkennt man leichter, wo man steht und letztendlich auch, was man wirklich braucht.
Manchmal liegen Dinge außerhalb unserer Kontrolle. Wir können sie nicht ändern und so zurechtbiegen, wie es uns passen würde. Es ist egal, ob man schon eine dreiviertel Stunde dem Zeitplan hinterherhinkt und man weder die Haare gebürstet noch Frühstück gemacht hat und einem in jeder Sekunde, die man herumsitzt und wartet, Gehirnzellen verloren gehen, einfach absterben.
- Cristina: Nicht den Atem anhalten. Wer aufhört zu atmen, hört auf zu denken. Atme, bitte lieber Gott, atme.
- Dr. Craig Thomas: Atmen Sie, Dr. Yang! Sein Sie nicht so harsch, Sie verstecken sich. Frauen Ihrer Generation sind uncharmant, Sie sind ein Affront gegen die Natur. Mittelmäßige Chirurgen werden Sie sehen und merken, wie sie in Ihrem Schatten verschwinden. Machen Sie sich nicht kleiner, um sie zu trösten. Suchen Sie hier nicht nach Freunden, Sie werden keine finden. Keiner dieser Menschen vermag es, Sie zu verstehen. Das wird sich nie ändern. Wenn Sie Glück haben, treffen Sie eines Tages, wenn Sie alt und verschrumpelt sind, wie ich, einen jungen Arzt, der sich im Grunde nur für seine Kunst interessiert. Und dem werden Sie dann etwas beibringen, so wie ich Ihnen etwas beigebracht habe. Bis dahin, lesen Sie ein gutes Buch. Sie sind zu etwas Großem geboren, Yang. Enttäuschen Sie mich nicht.
- Meredith hat Zola ins Bett gebracht und geht leise aus dem Zimmer. Nicht aufwachen. BItte wach nicht auf. Braves Mädchen. Es klingelt. Oh Gott, nein! Nicht heute Abend. Nicht noch irgendwas.
Ärzte haben noch nie auf alles eine Antwort gehabt. Es gab mal Zeiten, da haben wir den Kranken einfach Blut abgezapft, so als würde man einen Ölwechsel vornehmen. Wir müssen ständig überdenken, was wir eben noch für richtig hielten und neue Ansätze finden.
Es kann einem Angst machen, wenn man merkt, dass man sich geirrt hat. Aber wir dürfen uns nicht davor fürchten unsere Meinung zu ändern, zu akzeptieren, dass die Dinge anders sind, als wir dachten und, dass sie nie wieder so sein werden wie früher. Im Guten, wie im Schlechten. Wir müssen bereit sein, uns von dem zu verabschieden, was wir für richtig hielten. Je eher wir das akzeptieren, was ist, und uns nicht mehr an das klammern, was war, desto schneller finden wir uns genau dort wieder, wo wir hingehören.
Kann es sein, dass zwei Menschen wirklich füreinander bestimmt sind? Nur du und du allein. Seelenverwandte. Es wär schön, wenn es so wäre, dass wir alle jemanden haben, der da draußen auf uns wartet oder wir auf ihn. Ich weiß nur nicht, ob ich daran glaube.
Vielleicht glaub ich doch daran, an diesen ganzen Füreinander bestimmt sein - Kram. Warum sollte man nicht daran glauben? Wirklich, wer möchte denn nicht mehr Romantik in seinem Leben haben? Vielleicht müssen wir einfach dafür sorgen, dass es geschieht. Zur Stelle sein und dafür eintreten, dass wir füreinander bestimmt sind. Wenigstens hat man danach die Gewissheit, ob man füreinander bestimmt ist oder nicht.
Die meisten Menschen hassen Krankenhäuser, aber nicht die Assistenzärzte. Für sie ist das Krankenhaus ein magischer Ort voller Poisie: Die rhythmischen Signale der Maschinen, das Knistern des frischen OP-Kittels. Es ist ein Ort voller Verheißungen, Abenteuer, Überraschungen. Ein Ort, an dem Träume wahr werden können.
Es müssen nicht unbedingt Harfen spielen oder Vögeln singen oder Rosenblätter vom Himmel fallen. Und es gibt definitiv Tage, denen jede Romantik abgeht. Aber wenn man sich umsieht, ist die Welt doch faszinierend. Also haltet eine Sekunde inne, genießt die Schönheit, lasst den Zauber wirken, saugt ihn ein, denn er hält nicht für immer an. Die romantischen Gefühle werden sich verflüchtigen, Vieles wird geschehen, Menschen werden sich verändern. Die Liebe wird sterben, aber vielleicht noch nicht heute.
Das Nebennierensystem reagiert auf Stress mit der Freisetzung von Hormonen, die uns hellwach und reaktionsfähig machen. Das Problem ist nur, dass es nicht unterscheiden kann, ob uns nur die Nerven flattern oder ob eine wirkliche Katastrophe bevorsteht.
Der Körper erkennt nicht den Unterschied zwischen Nervosität und Aufregung, Panik und Zweifel, zwischen Anfang und Ende. Der Körper sagt einem nur, dass man weglaufen soll. Manchmal ignoriert man das. Das wäre die kopfgesteuerte Reaktion. Aber manchmal hört man auch auf ihn, man soll doch auf sein Bauchgefühl vertrauen, oder? Wenn dein Körper sagt "lauf", dann lauf.
Um ein Problem richtig und effektiv behandeln zu können, braucht eine Chirurgin so viele Informationen wie möglich. Also stellen wir Fragen. Fragen wie: "Wann haben die Schmerzen angefangen?", "Haben Sie diese Symptome früher schon mal gehabt?", "Gab es in Ihrer Familie ähnliche Fälle?", "Sind Sie zur Zeit sexuell aktiv?", "Sind Sie in letzter Zeit operiert worden?". Wenn die Patienten nicht Willens oder nicht in der Lage sind, diese Fragen zu beantworten, müssen wir ein paar Tests durchführen, um uns einen Einblick zu verschaffen. Bis wir die Testergebnisse haben, können wir nichts weiter tun, als abwarten.
Wenn ihr das nächste Mal in einer Arztpraxis seid, denkt daran, man stellt euch all diese Fragen nicht aus Eigennutz, sondern weil man euch helfen will. Erzählt alles. Kleine Details sind nicht unwichtig, aus ihrer Summe ergibt sich die eigentliche Geschichte. Es besteht kein Grund zur Eile, nehmt euch die Zeit, die ihr braucht und fangt ganz am Anfang an.
Das Ende ist der Anfang ist das Ende
Der große Tag ist gekommen. Der Tag, an dem man die Nachricht erhält, die Testergebnisse. Ist die Biopsie bösartig oder gutartig? Werd ich leben oder sterben? Man will es einfach wissen, selbst wenn einem das Ergebnis Angst machen wird. Denn dann kann man wenigstens weitergehen, wohin auch immer.
Man sagt, Unwissenheit ist ein Segen, denn wenn man erst mal vom dem Tumor weiß oder die Diagnose kennt, gibt es kein Zurück mehr. Wird man stark sein oder wird man zusammenbrechen? Das kann niemand vorher wissen. Also machen wir uns darüber keine Gedanken, genießen wir die Zeit, die wir haben, bis die Nachricht kommt. Ja, Unwissenheit ist ein Segen.
Patienten, bei denen eine Amputation durchgeführt wurde, haben oft noch Empfindungen in dem fehlenden Gliedmaß, ganz so als wäre es noch da. Dieses Phänomen nennt man Phantomschmerz. Es ist, als könne der Körper nicht akzeptieren, dass er einen schrecklichen Verlust erlitten hat. Der Geist versucht den Körper wieder vollständig zu machen. Patienten, die diese Phantomgefühle haben, berichten über die unterschiedlichsten Empfindungen. Aber was am häufigsten vorkommt sind Schmerzen.
Der Körper kann eigensinnig sein, wenn es darum geht, Veränderungen zu akzeptieren. Der Geist hofft einfach, dass der Körper wieder komplett wird und der Geist wird immer um Hoffnung kämpfen - koste es, was es wolle - bis er einen Weg findet, die neue Realität anzuerkennen und akzeptiert, dass das, was weg ist, für immer weg ist.
Wir haben alle die Schlagwörter gehört: "Rationalisieren", "Optimieren", "Integrieren", "Maximieren". Jeden Tag erfindet jemand eine neue Strategie oder Technologie oder ein Werkzeug, um unsere Effizienz zu steigern. Die Idee dahinter ist, uns das Leben zu erleichtern. Aber die Frage ist doch: Funktioniert das auch?
Um wirklich effizient zu sein, muss man sich von dem trennen, was nicht funktioniert. Man muss herausfinden, was wichtig ist und sich an dem festhalten, was wirklich wichtig ist.
Alex Karev
Veränderungen sind echt nicht mein Ding. In der Onkologie gibt es einen Begriff, wenn eine normale Zelle bösartig wird, man nennt es: "Zelluläre Transformation". Die verdammte Zelle verändert sich und wird toxisch und man kann sie nicht aufhalten. Also was mich betrifft, kann ich sagen: Ich hasse Veränderungen.
Das mit den Veränderungen ist merkwürdig, nicht jeder kann damit umgehen. Veränderungen schleichen sich an. Die Dinge sind nicht mehr so, wie sie einmal waren und plötzlich hat sich deine Welt total verändert. Man stellt fest, dass sich der Boden unter einem bewegt hat. Alles ist in Bewegung und ungewiss. Und es gibt keinen Weg zurück. Die Welt um einen herum ist plötzlich anders. Sie ist nicht wiederzuerkennen und man kann nichts dagegen tun. Man steckt in der Klemme. Die Zukunft starrt einem ins Gesicht und man weiß nicht, ob man mag, was man da sieht. Und ich sagte ja schon: Veränderungen sind echt nicht mein Ding.
Man sagt, es gibt ein sicheres Zeichen für eine erfolgreiche Verhandlung. Es wird kritisch, wenn die Parteien auseinander gehen und sich beide über den Tisch gezogen fühlen. Das Ziel ist ein Kompromiss, sodass sich beide Seiten als Sieger fühlen.
Man sagt, das Verhandeln ist eine Kunst. Doch wenn wir verhandeln, entwickeln wir eine Strategie. Wir gehen taktisch vor. Strategien und Taktiken sind fehl am Platz, wenn man nach einem Kompromiss sucht. Mit diesen Begriffen zieht man in den Krieg.
Es gibt ein Verfahren zur Behandlung von Epilepsie, bei dem die Verbindung zwischen der rechten und der linken Gehirnhälfte unterbrochen wird. Damit sollen die Signale, die die Anfälle auslösen, blockiert werden. Das Problem dabei ist, dass bei diesem Eingriff die Fähigkeit des Gehirns verloren geht, mit sich selbst zu kommunizieren. Die linke Seite hat dann keine Ahnung mehr, was die rechte Seite vorhat. Der Patient wird eventuell Schwierigkeiten mit der Koordination, im Erinnerungsvermögen und der Sprache bekommen. Es ist eine radikale Lösung, die nur angewendet wird, wenn alle anderen Optionen gescheitert sind, denn wenn der Arzt diesen Schnitt gemacht hat, gibt es kein Zurück mehr.
Es gibt einen Grund weshalb Chirurgen alles auf ein Pferd setzen und an einem schwerkrankem Patienten eine riskante und irreversible Operation durchführen, die sich potentiell verheerend auswirken kann: Manchmal funktioniert es.
Für einen todkranken Menschen bedeutet eine Organtransplantation einen Neubeginn, eine zweite Chance. Aber der Körper ist konzipiert, dass er jeden Eindringling abwehrt, sogar einen, der versucht ihn zu retten, denn ein Transplantat ist keine Garantie für ein besseres Leben. Es besteht die Gefahr, dass der Körper das Organ sofort abstößt.
Der Transplantationsprozess ist furchteinflößend. Ein Patient geht von der Angst, ein Organ zu bekommen, zu der Angst über, dass es abgestoßen werden könnte. Die Angst dauert an, bis man nach der Operation die Augen öffnet und erkennt, dass das Geschenk angenommen wurde.
Arbeit hält uns geistig wach, hält einen von Ärger fern. Wenn wir nicht arbeiten sind unsere Hände untätig und der Teufel findet garantiert Arbeit für untätige Hände. Und wenn der Geist nichts zu tun hat, na ja, dann ist auch dieser Platz die Spielwiese des Teufels.
Zuerst erscheint einem Untätigkeit als eine willkommene Abwechslung. Das Unruhe stiften, der Spaß. Jeder braucht mal 'ne berufliche Auszeit, um sich auf etwas anderes zu konzentieren. Auch wenn man sich dann vielleicht auf etwas konzentiert, das einem Angst macht. Wenn man Abstand von der Arbeit nimmt, verändert man seine Perspektive. Und erst wenn die Perspektive wieder die richtige ist, wissen wir wieder, wo unsere Hände wirklich hingehören.
Sagen wir mal man steht in einem OP und hat ein Aneurysma vor sich, das tief im Frontallappen eines Patienten liegt. Dann braucht man drei Dinge, um es zu entfernen: Selbstvertrauen, ein 11er Skalpell und ausgesprochen gute Instinkte.
Es gibt ein paar Gefühle, die einen einfach nicht loslassen wollen. Das sind dann kleine Irritationen, die einem ab und zu ins Ohr flüstern. Manche Dinge gehen einem einfach unter die Haut. Auch wenn man es gern wollte, man kann sein Bauchgefühl nicht ignorieren. Es stimmt schon, wenn man sagt: Folge immer deinem Instinkt.
Patienten sagen immer: "Sagen Sie mir die Wahrheit. Ich will wissen, was los ist. Reden Sie, ich kann damit umgehen.". Wir weichen ihren Fragen nicht aus, weil wir gemein sind, sondern weil der Patient sich der Tragweite des "Sagen Sie mir die Wahrheit" nicht bewusst ist.
Es heißt, die Wahrheit macht frei. Was wissen die schon? Die Wahrheit ist grausam, furchterregend. Die Wahrheit ist mehr als man ertragen kann. Wir sollen ehrlich sein. Überlegen Sie gut, worum Sie bitten, wenn Sie in ein Krankenhaus gehen. Denn wenn Sie erfahren, was wirklich los ist, erholen Sie sich vielleicht nie mehr davon.
Infektionen sind wie schlafende Monster. Man kann sie weder sehen, noch fühlen. Aber man muss alles, was in seiner Macht steht, tun, um sie in Schach zu halten. Denn wenn die Monster erstmal aufgewacht sind, geraten sie schnell außer Kontrolle.
Während all der Zeit, die man damit verbracht hat, sich einzureden, dass das schlafende Monster nicht existieren würde, hat es Kraft gesammelt. Die Infektion hat sich ausgebreitet. Jetzt ist das Monster erwacht, und es gibt nichts, was man dagegen tun kann.
Es gibt keine Zauberei, zumindest soweit wir wissen. Und während wir als Chirurgen die Geheimnisse des menschlichen Körpers studieren, die die komplizierten Verflechtungen von Zellen, Gewebe und Organen betreffen, weil etwas schief liegt - und zwar grauenvoll schief - haben wir nur eine gewisse Menge Tricks auf Lager, um einen Körper wieder in Stand zu setzen. Aber es gibt irgendeine Kraft, eigentlich mehr ein Zauber, und wenn wir es gut hinbekommen, kann es verdammt magisch sein.
Als Chirurg sind uns Brüche und Risse im menschlichen Körpers nicht fremd. Tatsächlich opfern wir die beste Zeit in unseren Zwanzigern, um jede Möglichkeit für ihre Heilung zu erlernen. Aber es gibt auch Wunden, die ein Chirurg nicht behandeln kann, nicht ohne Hilfe. Dazu ist eine Macht nötig, über die wir nicht verfügen. Es gibt keine Magie, jedenfalls nicht im herkömmlichen Abrakadabra, Flaschengeist-Sinne. Aber es gibt eine Magie in der Gewissheit, dass zwar nicht alles geheilt werden, aber das meiste überlebt werden kann.
Es trifft einen aus heiterem Himmel. Wenn schlimme Dinge passieren, dann meistens plötzlich, ohne Vorwarnung. Wir sehen eine Katastrophe selten kommen, egal wie sehr man versucht, sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
Wir tun unser Bestes, aber manchmal ist das einfach nicht genug. Wir schnallen uns an, wir tragen einen Helm, wir bleiben auf beleuchteten Straßen. Wir versuchen sicher durchs Leben zu kommen. Wir geben uns alle Mühe, uns zu schützen, aber im Grunde ist das sinnlos. Denn wenn das Unheil zuschlägt, kommt es aus dem Nichts. Die schlimmen Dinge passieren plötzlich, ohne Vorwarnung, aber wir vergessen dabei, dass manchmal auch die guten Dinge ganz plötzlich geschehen.
Ich hatte diese Wahnsinns-Professorin. Sie wirkte unbesiegbar. Eines Tages musste ihre Gallenblase entfernt werden. Die OP hat sie umgebracht. Ihre Thrombozyten hatten eine Funktionsstörung. Sie verblutete auf dem Tisch. Alles, was nur schief gehen konnte, ging auch schief. Es gibt dafür einen Begriff: Murphy's Law*. Komisch, ich hätte nie gedacht, dass es mich mal treffen könnte.
"Jeder Sturm hat mal ein Ende. Sobald alle Bäume entwurzelt sind und alle Häuser verwüstet wurden. Der Wind flaut ab, die Wolken teilen sich, der Regen hört auf. Der Himmel klart im Nu auf und erst dann, in den stillen Momenten nach dem Sturm, erfahren wir, wer stark genug war, ihn zu überleben..."
Staffel 10[]
Richard Webber
Wenn man Assistenzarzt wird, gibt es eine Feier, bei der man seinen Arztkittel bekommt. Wie durch ein Wunder ist man Arzt. Meine Eltern waren bei meiner Feier dabei. Ich sehe sie noch vor mir. Sie waren so glücklich, so stolz. Es heißt, kurz vor dem Tod läuft das Leben noch einmal vor deinem Auge ab. Die wichtigen Augenblicke, die dich auf die Probe gestellt haben. Die dich zu dem gemacht haben, was du bist. Ich kann nicht behaupten, dass mein Leben vor mir abläuft. Ich habe nur meinen Arztkittel im Sinn und ich bin froh, dass ich ihn jetzt trage. Durch den Kittel hat mein Leben begonnen. Es scheint passend, ihn auch zu tragen, wenn es endet.
Ein Arzt zieht seinen Kittel an, um Leben zu retten, dem Tod die Stirn zu bieten. Aber wenn er ihn auszieht, ist er verwundbar, so wie jeder andere auch, menschlich. Wir alle werden sterben. Auf das Wie und Wann haben wir keinen Einfluss. Aber wir haben den freien Willen, zu entscheiden, wie wir leben wollen. Also tu es. Entscheide dich. Ist dies das Leben, das du leben möchtest? Ist das der Mensch, den du lieben möchtest? Ist dies das Beste, was du geben kannst? Kannst du nicht stärker sein? Freundlicher? Mitfühlender? Entscheide dich! Atme ein, atme aus und entscheide dich.
Richard Webber
Das Warten kann einen umbringen. Man trifft eine Entscheidung und die Welt dreht sich weiter. Die Folgen offenbaren sich, man kann sie nicht steuern. Nur eins scheint in diesen stillen Augenblicken des Wartens klar zu sein: Wofür auch immer man sich entschieden hat, es war falsch.
Wir wollen nur das Unwetter überleben. Wir beten: "Bitte Gott, hilf mir auf die andere Seite!". Wir haben keine Vorstellung davon, was uns dort erwartet. Was wäre, wenn nach dem Unwetter nichts mehr übrig wäre? Ich dachte immer, ich werde mit allem fertig. Ich lag falsch. Ich hab mich in vielen Dingen geirrt. Aber mit einer Sache hatte ich recht: hiermit hatte ich recht.
Es gibt da dieses Pausenhofspiel. Man drückt die Hände gegeneinander und bei drei versucht man, die Finger des anderen umzuknicken. Man hält so lange aus, wie man kann oder zumindest länger als der andere. Das Spiel hört erst auf, wenn jemand "Stopp" sagt, aufgibt und um Gnade fleht. Es ist kein lustiges Spiel.
Wenn bei diesem Gnadenspiel ein Kind "Stopp" ruft, lässt das andere von ihm ab und der Schmerz hört auf. Wünscht du dir nicht, dass es jetzt so einfach wäre? Es ist kein Spiel mehr und wir sind keine Kinder. Du kannst um Gnade betteln, soviel wie du willst. Niemand hört darauf. Du bist allein, und rufst in die Leere....
Jeder, der sich die Mandeln entfernen ließ, weiß, dass OP's nicht billig sind. Es kostet eine Menge Geld, ein Krankenhaus am laufen zu halten und wenn die Mittel knapp werden, ist es an uns, Geld zu beschaffen. Das bedeutet: Wir werfen uns in Schale und wagen uns aufs Parkett. Es wird Zeit mit der heutigen Muppet Show zu beg... Quatsch! Entschuligung, ich habe in letzter Zeit zu viele Kindersendungen gesehen. Aber man versteht, worum es geht.
Overtüre, Vorhang, Scheinwerfer. Das ist es. Die Nacht der Nächte. Kein Einstudieren und instruieren mehr nötig. Wir wissen alles auswendig. Heute wachsen wir über uns hinaus. Die Show kann beginnen. Bühne frei.
Am ersten Tag an der medizinischen Fakultät hab ich gelernt: Überlegen Sie gründlich, ob Sie Chirurgin werden wollen. Es erfordert hundertprozentigen Einsatz. Man muss jedes mal, wenn man den OP betritt, in absoluter Topform sein. Wenn Patienten auf dem Tisch liegen und einem völlig ausgeliefert sind, müssen sie sicher sein können, dass man beim ersten Schnitt genau weiß, was man tut. Kein anderes Fachgebiet erfordert solchen Zeitaufwand, solche Konzentration und diese vollständige Hingabe. Außer vielleicht, Mutter zu sein.
Was ist, wenn der Schwerpunkt sich verändert, wenn man nicht überall dabei sein kann? Steht man dann vor dem Nichts? Vielleicht muss man nur einen anderen Weg finden. Das hier ist grauenvoll. Was ist, wenn man nicht 100 Prozent geben kann? Vielleicht muss man einfach zurück an den Anfang und nochmal durchstarten.
Derek Shepherd
Wissenschaftler arbeiten an der Kartierung des menschlichen Gehirns. Es ist möglicherweise die komplexeste Kartierung, die je erstellt worden ist. Milliarden von Neuronen, die Billionen Verbindungen herstellen. Auf den ersten Blick scheinen sie zufällig zu sein, aber so ist es nicht. All diese Verbindungen müssen hergestellt werden, in einem bestimmten Muster, das für eine Funktion konstruiert worden ist. Die Verbindungen legen alles in uns fest: Was wir lieben, was wir hassen, was wir sagen, was wir tun.
Wir stehen erst am Anfang, mehr über das Ausmß der Gehirnverbindungen zu erfahren: Wie weit sie reichen, wie tief sie gehen. Aber wir wissen, dass jede Verbindung eine Rolle spielt. Jede Verbindung ist wichtig. Wenn eine unterbrochen ist, bedeutet es in der Regel, dass ein Schaden entstanden ist. Dieses System von Verbindungen, zwingt uns zu handeln, zu wählen und zu funktionieren. Manchmal scheinbar gegen unseren Willen. Aber es ist nicht zufällig. Es ist unsere ganz persönliche Karte. Wir werden arbeiten, um uns selbst zu verstehen, um das Rätsel zu lösen, wie all die Verbindungen funktionieren und alle Teile zusammenpassen.
Jedes Jahr an Halloween entscheiden wir, was für ein Kostüm wir tragen. Vielleicht eins, das sexy ist. Vielleicht verkleidet man sich als jemand zum Fürchten oder man ist ein Superheld, was ich versuche dieses Jahr zu sein.
Halloween ist nichts für Zartbesaitete. Hinter jeder Ecke lauert eine Überraschung. Einige dieser Überraschungen sind gut, andere sind weniger gut. Wichtig ist, dass man sich nicht aus Angst vor der Überraschung, davon abhalten lässt, sich zu verkleiden und zum Haus eines Fremden zu gehen und die Frage zu stellen: (Der Barkeeper sagt: "Als was sind Sie denn verkleidet?") Was wird es sein? Süßes oder Saures?
Gliom, Fibrom, Blastom. Viele Menschen glauben, dass man jeden Tumor auf die gleiche Weise behandelt. Man findet im Körper seinen Schlupfwinkel, öffnet den Patienten und schneidet ihn ganz einfach raus. Aber man bekämpft nicht nur diesen einen Tumor, man befindet sich im Krieg mit über einer Milliarde Zellen.
Wie schafft man es entgegen aller Wahrscheinlichkeit, wenn es eins zu einer Milliarde steht? Man gibt sich stark, treibt sich über alle vernünftigen Grenzen hinweg weiter voran und man verbietet sich, Schwäche zu zeigen. Aber die Wahrheit ist: Egal, wie sehr man sich bemüht und kämpft, um die Kontrolle zu behalten, alles in allem ist man manchmal einfach zahlenmäßig unterlegen.
Callie Torres
Ärzte wollen nie etwas verpfuschen. Man trifft eine falsche Entscheidung und das Undenkbare passiert. Man macht es nicht absichtlich. Man will niemanden verletzen, aber manchmal tut man es. Manchmal macht man Fehler und wenn man etwas falsch macht, tut es einem leid. Nicht immer kann eine Entschuldigung etwas bewirken, nicht immer. Keine Entschuligung der Welt kann es ungeschehen machen.
Wir alle haben schon Dinge getan, auf die wir nicht stolz sind. Das ist verständlich. Ich weiß, kein Mensch ist perfekt, aber wie lebt man damit? Wie geht man jeden Tag in die Welt mit der Gewissheit, dass man es hätte besser machen können, dass man es besser hätte machen müssen? Reicht es, dass es einem leid tut? Kann eine Entschuldigung tatsächlich unsere Wunden heilen? Unsere Schmerzen lindern? Den Schmerz ungeschehen machen, den man verursacht hat?
Der Körper besteht aus einer unendlich komplexen Menge wechselwirkender Systeme. Viele glauben, Ärzte erkennen das ganz klar, aber man erkennt nicht immer, ob es sich um ein kleines Problem im System oder um eine totale medizinische Katastrophe handelt. Das begreifen wir in unserem ersten Jahr als Assistenzarzt. Und darüber lügen wir den Rest unseres Berufslebens.
Es ist nur ein Schnupfen. Da muss man durch. Es geht vorbei. Es ist nichts Ernstes. Wir sind Ärzte. Wir wüssten es, wenn etwas nicht in Ordnung wäre. Man wird wieder gesund. Alles ist in Ordnung.
Jeder Arzt hütet ein schmutziges Geheimnis. Wir sind alle konkurrierende Wissenschaftsfreaks. In der Grundschule haben wir Vulkane gebastelt, die tatsächlich künstliche Lava ausgespuckt haben. In der Mittelstufe haben wir stundenlang über unseren Rattenirrgarten gehockt. Damit wir eines Tages die Person sein würden, die das Gesicht der Medizin verändert hat, für alle Zeiten.
Manchmal ist der Schlüssel zum Fortschritt die Erkenntnis, dass man den ersten Schritt machen muss. Dann kann man mit der Reise beginnen. Man hofft das Beste und man hält daran fest, tagein, tagaus. Selbst wenn man müde ist oder davonlaufen möchte, man tut es nicht, denn man ist ein Pionier. Aber keiner hat je gesagt, dass es einfach wäre.
Fehler bleiben nicht aus. Jedem Wissenschaftler wurde nein gesagt, immer und immer wieder. Diejenigen, an die man sich erinnert, die unser Leben verändert haben: die Curies, die Salkes und die Bernards. Es waren diejenigen, die kein nein akzeptiert haben.
Fehler bleiben nicht aus, sind unvermeidlich. Aber sie dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Man muss an dem festhalten, was man will. Man darf kein Nein akzeptieren, man muss das annehmen, was auf einen zukommt. Nie klein beigeben. Nie aufgeben. Steh auf. Steh auf und nimm es.
Ein Chirurg trifft jeden Tag Entscheidungen, die unterschiedlich enden können. Entweder sehr gut oder sehr sehr sehr schlecht. Das Problem ist, dass die monumental guten und die monumental schlechten Entscheidungen völlig gleich aussehen, wenn man sie trifft.
Rückblickend ist es leicht zu erkennen, wenn ein Fehler gemacht wurde, eine Entscheidung zu bereuen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt angemessen erschien. Aber wenn man sein bestes Urteilsvermögen eingesetzt hat und seinem Herzen gefolgt ist, kann man besser erkennen, dass man weise entschieden hat und sich das tiefste, schmerzlichste Bedauern erspart hat - das Bedauern, dass man etwas Unglaubliches hat vorbei ziehen lassen.
Krebs ist ein biologischer Tyrann. Er provoziert immer Streit und er schleicht sich an. Er wartet, bis sich der Körper sicher fühlt, sich gesund und kräftig fühlt. Das ist der Augenblick, in dem sich der Krebs einnistet und wächst und wächst. Der Körper sieht es nicht mal kommen, denn Krebs ist der Meister der Überraschung.
Man kann sich vor einen Tyrannen verstecken, aber auf lange Sicht bringt das nichts. Man kann nur auf eine Art gewinnen: Man muss klar Schiff machen. Und wenn du mit heiler Haut davon gekommen bist, nimm dir einen Augenblick, um zu feiern. Bevor du deine Abwehrhaltung wieder einnimmst, um in die nächste Runde zu gehen.
Sie kennen doch ihr Steißbein? Es war früher mal ein Schwanz. Das rosa Ding im inneren Augenwinkel? Das war früher mal ein drittes Augenlied. Der Blinddarm hat uns früher geholfen harte Nahrung zu verdauen. Heute ist er zu nichts mehr nutze. Die Geschichte unserer Evolution ist die Geschichte darüber, was wir zurücklassen, was wir ausrangiert haben. Unsere Körper klammern sich nur an das, was wir unbedingt brauchen. Das, wofür man keine Verwendung mehr hat, gibt man auf. Man lässt los.
Warum ist es so ein tolles Gefühl etwas loszuwerden? Ballast abzuwerfen. Loszulassen. Wenn wir erkennen, wie wenig wir tatsächlich zum Überleben brauchen, begreifen wir wahrscheinlich, wie stark wir doch sind, uns auf das Notwendigste beschränken zu können. Wirklich nur das zu behalten, ohne dass wir nicht auskommen können, das wir nicht nur zum Überleben brauchen, sondern damit es uns gut geht.
Es gibt während des Geburtsvorgangs einen sehr anstrengenden Zeitabschnitt. Man nennt ihn Austreibungsphase. Man ist von den Wehen und den Schmerzen so erschöpft, dass man pressen will, man darf aber noch nicht. Man wird für all seine Mühen nicht belohnt. Während dieser Austreibungsphase denkt man, nichts geht mehr, aber dies liegt nur daran, dass man kurz vor dem Ziel ist.
Ein Übergang ist Bewegung, von einem Teil des Leben zu einem neuen. Man fühlt sich wie in einem langen, unheimlichen und dunklen Tunnel, aber man muss auf der anderen Seite rauskommen. Denn was dort auf einen wartet, könnte herrlich sein.
Cristina Yang
Weißt du, wer du bist? Verstehst du, was mit dir passiert ist? Willst du solch ein Leben führen? Es ist nur eine Person, ein Patient, ein Augenblick nötig, um das Leben für immer zu verändern. Dadurch können sich der Blickwinkel und die Denkweise verändern. Man wird gezwungen, alles was man zu wissen glaubt, völlig neu zu bewerten.
Weißt du eigentlich, wer du bist? Verstehst du, was mit dir passiert ist? Willst du solch ein Leben führen? Weißt du eigentlich, wer du bist? Verstehst du, was mit dir passiert ist? Willst du solch ein Leben führen?
Im Wachzustand berührt der Mensch etwa 18 mal in der Stunde sein Gesicht. Das macht ihn täglich mehr als 100 mal anfällig für eine Infektion. Infektionen haben die hässliche Angewohnheit, sich unsere alltäglichen Verhaltensweisen zu Nutze zu machen. Die Infektion verbreitet sich durch das Berühren von Türen, Tischen, Fahrstuhlknöpfen, Stiften, gemeinsam benutzten Tassen, sogar über Geld. Wir können nur versuchen, eine Ausbreitung zu vermindern. Wenn sie erst zugeschlagen hat, gewinnt normalerweise die Infektion.
Es ist allgemein bekannt, dass Ärzte die schlimmsten Patienten sind. Wir ignorieren unsere Symptome, bis wir bäuchlings auf dem Boden liegen. Wir denken gern, wir sind eine andere Spezies als unsere Patienten, aber keiner von uns ist unbesiegbar. Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass wir auch nur Menschen sind und dass manchmal sogar der Mächtigste von uns, Hilfe braucht.
Der Harper Avery ist eine der höchsten Auszeichnungen, die ein Chirurg erhalten kann. Die Nominierten werden am gleichen Freitag im gleichen Monat um 8 Uhr früh Ostküstenzeit angerufen. In Seattle ist es dann 5 Uhr früh. Meine Mutter war fünfmal nominiert. Ich hab das alles schon durchgemacht. Wenn das Telefon klingelt, ändert sich alles. Plötzlich bist du ein Superstar. Wenn's nicht klingelt... keine Ahnung! Meine Mutter war ein Superstar. Sie wurde immer angerufen.
Meine Mutter hat nicht erwartet, dass sie gewinnt. Sie dachte, es wäre ein Beliebtheitswettbewerb. Sie war nicht beliebt. Sie war eine Frau in der Facharztausbildung und ihre Arroganz kam bei den Leuten nicht an. Sie hatte die Vorstellung zu gewinnen, beiseitegeschoben, weil sie es sich zu sehr gewünscht hatte. Als sie den Namen meiner Mutter aufriefen, war sie einfach fassungslos. Es war die Belohnung ihrer harten Arbeit und ihrer Entbehrungen. Sie sagte mir, dass sie den Harper Avery nicht gewonnen, sondern verdient hatte.
Chirurgie ist ein Soloauftritt. Man tritt mit dem Skalpell in der Hand an den OP-Tisch und handelt im Alleingang. Das kann dein Verhalten bestimmen. Selbst wenn man von einem Team umgeben ist, ist das, worauf es ankommt, deine Ausbildung, deine Entscheidungen, dein Verstand, deine Hände und deine Naht. Letzten Endes kommt es allein auf dich an.
Chirurgen sind dazu ausgebildet, im Alleingang zu handeln, Solokünstler zu sein. Einzelgänger im und außerhalb des OP's zu sein. Aber in Wirklichkeit sind wir nie allein. Man steht auf den Schultern früherer Generationen. Man steht Seite an Seite mit den Kollegen, die einen unterstützt und vorbereitet haben. In dem Augenblick, für den jeder Chirurg lebt, in dem es auf deine Ausbildung, deine Entscheidungen, deinen Verstand, deine Hände, deine Naht ankommt. In dem es auf dich persönlich ankommt.
In den letzten zwanzig Jahren wurde der Algorithmus zu einem der wertvollsten Werkzeuge des Arztes. Die Hauptbeschwerden des Patienten werden in ein Feld eingetragen. Die Handlungsvorschrift hilft einem beim nächsten Schritt. Aber was ist, wenn die Beschwerden in kein Feld passen? Plötzlich ist man auf sich allein gestellt, unerwartet, mit so an die tausend Wahlmöglichkeiten.
Was macht man? Wie entscheidet man sich, wenn man ganz auf sich gestellt ist? Wie stellt man sicher, dass man für das Leben eines anderen keine falsche Entscheidung trifft? Man schließt die Augen und schaltet alle und alles um sich herum aus. Man betet und hofft, dass die innere Stimme recht hat, denn wenn man sich erst mal entschieden hat, gibt es keinen Weg zurück.
Manchmal braucht man einen Ortswechsel, damit sich ein neuer Blickwinkel auftut. Aber man kapiert nicht immer, dass dies wichtig ist, weil man einen neuen Blickwinkel braucht, um das zu erkennen. Es ist kompliziert.
Öffne die Augen. Was siehst du? Mehr Möglichkeiten? Gibt einem der neue Blickwinkel mehr Hoffnung? So sollte es sein. Allerdings tritt es nicht immer ein. Manchmal zeigt einem der neue Blickwinkel auch nur, was man verloren hat.
Jede Handlung erzeugt eine Reaktion und eine Gegenreaktion. Notaufnahmen werden von Menschen, die diese Lektion schmerzlich gelernt haben, in Gang gehalten. Fallschirmspringer, Bullenreiter. Leute, deren Mut häufig zu gebrochenen Knochen und einer zerquetschten Milz führen. Chirurgen sind darin ausgebildet, mit den Konsequenzen mutiger Ideen umzugehen. Man hebt die Teile auf und tut sein Bestes, sie wieder zusammen zu setzen.
Wagemutige Schritte sind furchterregend. Sie können Tränen und gebrochene Knochen nach sich ziehen. Und gerade das macht sie so verdammt aufregend.
Cristina Yang
Woher will er das wissen? Er ist 'n Idiot. Das könnte heute der schlimmste Tag seines Lebens werden. Es gibt Leute, die sagen: "Wer weiß? Vielleicht werd ich morgen von einem Bus überrollt." Das klingt ziemlich weit hergeholt - bis es einem Freund passiert. Es ist doch so: Man weiß nie, was für ein Tag es wird.
Wann immer wir denken, wir kennen die Zukunft - und sei es nur für einen Moment - verändert sie sich. Manchmal verändert sich die Zukunft schnell und völlig. Dann bleibt nur die Frage, was als nächstes zu tun ist. Man kann wählen, Angst davor zu haben, dazustehen, zitternd und unbeweglich, und sich auf das Schlimmste gefasst machen. Oder man bewegt sich vorwärts ins Unbekannte und geht davon aus, dass es grandios wird.
Staffel 11[]
Als ich fünf war, verlor ich meine Mutter in einem Park aus den Augen. Ich erinnere mich nicht mehr an alles. Nur daran, dass ich Karussell fuhr und sie auf einmal weg war. Ich weiß nicht mehr, wie ich sie wiederfand, auch nicht, wie ich nach Hause kam. Ich weiß nur noch, was als nächstes geschah. Sie sagte mir, ich soll keine Angst haben. Sie sagte mir, dass alles gut wird. Sie sagte, es ist Zeit für das Schweigespiel. Ich wusste also, dass ich keine Fragen stellen durfte. Denn sonst hätt ich ihr sagen können, dass ich meine Puppe vergessen hatte. Ich liebte diese Puppe so sehr. Ich war todtraurig, dass ich sie zurücklassen musste. Komisch, wie das Gedächtnis funktioniert, oder? An Manches kann man sich nicht erinnern. Manches kann man nicht vergessen.
Sich zu verirren, kann etwas Schönes beinhalten. Manchmal muss man sich verirren, damit man sich findet. Und manchmal findet man sich, um sich dann gänzlich zu verlieren. Man kann es nicht immer kontrollieren, das was einen ausbootet. Und während man auf der Veranda steht und auf das Leben starrt, das man bereit ist, zurückzulassen, muss man akzeptieren, dass es fort ist. Es ist verloren, wie man selbst. Das einzige, das man jetzt machen kann, ist ganz still zu stehen, den Augenblick einzusaugen und dafür offen zu sein, wohin einen der Wind als nächstes tragen wird.
Maggie Pierce
Ich liebe Rätsel seit meiner Kindheit. Mein Rekord beim Freitags-Kreuzworträtsel der New York Times beträgt 11 Minuten. Damals war ich 13. Seitdem versuche ich mich zu übertreffen. Okay, das klingt angeberisch. Aber sobald ich ein Rätsel in die Finger kriege, kann ich es nicht weglegen, bis ich es gelöst habe. Ich glaube, deshalb bin ich Ärztin geworden. In der Medizin geht es hauptsächlich darum, alle möglichen Informationen zu sammeln. Das Problem einschätzen. Man konzentriert sich ganz und man löst das Rätsel. Menschen sind ein größeres Rätsel. Da gibt es nie die eine richtige Antwort, denn man hat nie alle Informationen.
Die meisten Rätsel kulminieren im letzten fehlenden Informationsteil. Ob es die Antwort auf ein medizinisches Phänomen ist oder die Antwort darauf, wer man ist, wohin man passt. Es läuft alles auf das letzte Teil hinaus. Deswegen ist es so befriedigend, das letzte Teil eines Puzzles einzufügen. Es sei denn, dass dieses letzte Teil nicht ganz genau passt. Das kann den Wunsch wecken, das Puzzle gar nicht erst angefangen zu haben.
Auf einem OP-Tisch ist der Mensch am verwundbarsten. Nackt, ausgeliefert. Die Haut ist kein Panzer. Sie ist weich und leicht zu beschädigen.
Chirurgen werden geschult, unverwundbar zu sein. Es fällt uns sehr schwer, unser Innerstes zu offenbaren. Denn wir wissen genau, wie tief einige Verletzungen gehen können. Aber Verletzlichkeit ist nicht das Gegenteil von Stärke. Sie gehört dazu. Wir müssen uns zwingen, uns zu öffnen, uns ungeschützt zu zeigen, unser Innerstes nach außen zu kehren. Und einfach beten, dass es ausreicht. Sonst werden wir nie Erfolg haben.
So wollte meine Mutter in Erinnerung bleiben. Meine Erinnerung an sie ist etwas anders. Ich bin sicher, jeder hat seine ganz eigenen Erinnerungen an sie. Solche, die ich nicht mal mit ihr in Verbindung bringen könnte. Das ist alles, was von einem Menschen bleibt, wenn er gegangen ist. Das vertrackte daran ist, dass keine Erinnerung perfekt oder vollständig ist. Wir bringen Ereignisse durcheinander. Wir verlieren das Zeitgefühl. Wir sind an einem Ort, dann an einem anderen. Und alles vermischt sich zu einem unabwendbaren Moment. Es ist genauso wie meine Mutter immer gesagt hat. Das Karussell hält niemals.
Es heißt, man kann seine Erinnerungen unterdrücken. Ich frage mich, ob wir sie nicht eher irgendwo verstecken. Denn ganz gleich wie schmerzhaft sie sind, sie sind unser wertvollster Besitz. Ellis Grey: Unsere Leben gründen sich sowohl auf unsere Fehler als auf unsere Erfolge.
Durch sie wurden wir geprägt.
Arizona: Unkontrollierbare Blutungen, Azidose, Kälte. Wir alle wissen, was diese Kombination bedeutet. Wir nennen sie die tödliche Triade. Von dort gibt es keinen Weg zurück. In dem Moment geht man im OP zur Schadenbegrenzung über. Man hält inne, man tritt zurück, man lässt den Körper in Ruhe und versucht eine Lösung gegen das Chaos zu finden, das sich im Inneren abspielt.
- Callie: Wenn das Chaos abklingt, muss man wieder hingehen, den Körper neu betrachten. Man muss sich fragen: Kann dieser Körper wieder zusammengesetzt werden? Wenn man seine Arbeit richtig gemacht hat, geht das. Man stoppt die Blutung. Man näht den Schaden zusammen, man macht den Körper wieder ganz. Aber ganz gleich, wie sehr man sich auch bemüht...
- Arizona: ...manchmal muss man der Tatsache ins Auge sehen,...
- Callie: ...dass man nicht alles reparieren kann.
Traumata sind schmutzig, chaotisch. Ein Körper wird auf eine blutige Masse reduziert. Manchmal weiß man nicht, was man zuerst machen soll. Zum Glück hat ein kluger Mensch ein Protokoll entwickelt, die ABC-Regel: Atemwege, Beatmung, Herzmassage. Das Protokoll hält den Patient am Leben, während man überlegt, was man als nächstes in Angriff nimmt. Könnte man doch alle Probleme mit einem Intubationsschlauch lösen.
Das Trauma-ABC ist ein nützliches Instrument, um einen Patienten am Leben zu halten. Das ist aber nur der Auftakt. Sobald die Atemwege des Patienten frei sind, man Atmung und Kreislauf im Griff hat, beginnt die eigentliche Arbeit, die schwierige Arbeit. Es ist nicht abzusehen, wie lange es dauern wird, dieses Chaos zu beseitigen, wenn man einmal begonnen hat. Denn manchmal weiß man nicht, worauf man gefasst sein muss. Man weiß nicht genau, was einen erwartet. Man weiß nicht, welche Geheimnisse der vor uns liegende Körper birgt. Und ob dann, wenn alles vorüber ist, etwas übrig bleibt, das es wert ist, gerettet zu werden.
Es heißt, das Leben gibt einem keine zweite Chance. Wir schon. Chirurgen können das. Gebrochene Knochen richten wir. Blutungen stillen wir. Bei Herzstillstand reanimieren wir. Aber so oft wir auch Menschen eine zweite Chance bieten, Chirurgen bekommen normalerweise keine. Denn von den Fehlern, die wir machen, kann man sich manchmal unmöglich erholen.
Man vergibt nicht oft eine zweite Chance. Noch schwerer ist es, darum zu bitten, es nochmal machen zu dürfen. Mit dem, was man weiß. Mit dem, was man dazugelernt hat. Um eine Chance, es komplett anders zu machen. Eine Chance, etwas wieder gut zu machen, unsere Fehler zu korrigieren. Eine Chance, nochmal von vorn beginnen zu dürfen, von ganz vorn.
Keine Erinnerung ist perfekt oder vollständig. Wir bringen Dinge durcheinander, wir verlieren das Zeitgefühl, wir sind an einem Ort, dann an einem anderen. Und alles kommt einem vor wie ein unausweichlicher Augenblick. Es ist genauso wie meine Mutter zu sagen pflegte: Das Karussell hält niemals.
Keine Erinnerung ist perfekt oder vollständig. Wir bringen Dinge durcheinander, wir verlieren das Zeitgefühl, wir sind an einem Ort, dann an einem anderen. Und alles kommt einem vor wie ein unausweichlicher Augenblick. Was bedeutet das? Was nimmt es einem? Was wird uns verfolgen, uns verletzen? Ist es das Ende? Inspiriert es uns? Es ist wie meine Mutter zu sagen pflegte: Das Karussell hält niemals. Man kann nicht runter.
Wenn die Seele erschüttert wird, kommt das körpereigene Abwehrsystem zum Einsatz. Sobald das Gehirn das Signal empfängt, dass eine Katastrophe eingetreten ist, strömt das Blut zu den Organen, die die meiste Hilfe benötigen. Blut strömt in die Muskeln, die Lunge, das Herz, das Gehirn. Das Gehirn trifft für den Rest des Körpers eine Entscheidung. Sich der Gefahr stellen oder Weglaufen? Es ist ein Mechanismus, der den Körper vor Schaden bewahren soll. Aus der Kenntnis heraus, dass das, was passiert ist, vielleicht irreparabel ist. Man nennt es 'Schock'.
Wenn der Schock abklingt, wenn der Körper akzeptieren kann, dass die Seele erschüttert wurde, wenn er seine Abwehr fallen lassen kann, ist es ein beängstigender Augenblick. Er ist verwundbar. Die Schockreaktion hat einen geschützt und vielleicht sogar gerettet.
In Maine wurde ein Mann festgenommen, der 30 Jahre allein in den Wäldern gelebt hat. Man nannte ihn den letzten wahren Einsiedler. 30 Jahre ohne Berührungen und menschliche Wärme, ohne mit jemandem zu reden. Der Einsiedler fühlte sich in der Zivilisation viel einsamer, als er sich jemals allein in den Wäldern gefühlt hatte. Umgeben von Menschen, aber in Einsamkeit versinkend. Diese Art des Alleinseins kann einen vollständig fertigmachen.
Der letzte wahre Einsiedler wurde gefunden und aus seinem Versteck in die Welt gezerrt. Die meisten mögen sein Dasein als traurig empfinden, aber er hatte uns etwas voraus. Er wusste, dass man letztendlich, auch wenn man mit jemandem zusammen ist oder sich in einer lauten Menschenmenge befindet, der einzige ist, auf den man zählen kann und sich stützen kann und sich verlassen kann. Man muss es selbst sein. Wenn man das erkannt hat, kann Alleinsein zur Chance werden.
April Kepner
Es gibt einen Standardspruch, den wir sagen, wenn jemand stirbt. Wir sagen ihn zu den Angehörigen des Patienten. Wir sagen: 'Es tut mir aufrichtig leid'. Es ist eine passende Redewendung, aber eine leere Phrase. Sie tröstet nicht annähernd über den Schmerz hinweg, den sie erleiden. Dadurch können wir unsere Empathie ausdrücken, ohne ihr Leid selbst spüren zu müssen. Es schützt uns davor, diesen Schmerz zu fühlen, diesen dunklen, eindringlichen, unbarmherzigen Schmerz, der einen zerreißt. Und jeden Tag danke ich Gott dafür.
Wir dürfen es nicht zu nah an uns herankommen lassen. Wenn wir auch nur etwas Anteil an der Liebe, der Freude und der Hoffnung nehmen würden, von denen sich unsere Patienten verabschieden, könnten wir niemals funktionieren. Also sagen wir 'Es tut mir aufrichtig leid' und wir hoffen, dass es den Trauernden etwas gibt. Ein klein wenig Trost, ein klein wenig Frieden, eine kleine Hilfe, abzuschließen. Etwas Gutes, ein klein wenig Schönheit inmitten der Finsternis. Ein unerwartetes Geschenk, genau dann, wenn es am meisten gebraucht wird.
Jeder hat etwas zu verbergen. Wir posaunen unsere Geheimnisse nicht einfach in die Welt hinaus. So könnten wir oder andere Leute verletzt werden. Wir müssen entscheiden, wie viel wir preisgeben und die ganze Wahrheit für uns behalten.
Es ist beängstigend, sein Schutzschild abzulegen. Angst macht uns zurückhaltend. Ist das so falsch? Vielleicht. Wahrscheinlich. Und dennoch. Es schadet nicht, sich etwas bedeckt zu halten, einen Rest für sich zu behalten. Es ist riskant, alle Geheimnisse preiszugeben. Man sollte nicht mit der ganzen Wahrheit rausrücken und sich Gott oder sonst wem aussetzen. Sobald die ganze Wahrheit raus ist, müssen wir uns ihr stellen.
Nicole Herman
Ich hasse Fragen, die nicht eindeutig beantwortet werden können. Wie zum Beispiel: "Was geschieht nach dem Tod?" Physiologisch betrachtet, weiß ich was geschieht, aber darüber hinaus... Was geschieht wirklich? Nichts? Das beginnt man sich zu fragen, wenn die Uhr tickt. All diese Fragen, ohne irgendwelche Antworten. Und die treiben einen in den Wahnsinn. Deswegen liebe ich, was ich tue: Babys heilen, Babys auf die Welt holen. Da gibt es keine Unklarheiten, keine Fragen, nur Antworten. Klare, präzise, eindeutige Antworten. Und Leben. Wunderbares neues Leben. Hoffnung für die Zukunft. Gott, wie ich das vermisse.
Ich habe nie viele Gedanken an das Jenseits verschwendet. Ich habe mich immer auf das Diesseits konzentriert. Was mache ich damit? Wie kann ich mich profilieren? Ich wollte neue Wege beschreiten. Ich wollte ein Vermächtnis hinterlassen. Ich wollte, dass mein Leben, meine Gedanken, meine Existenz eine Bedeutung haben sollten. Worüber ich nie richtig nachgedacht habe, was ich mir nie richtig durch den Kopf hab gehen lassen, war, dass man, um das zu erreichen, um in Erinnerung zu bleiben, um etwas Bedeutendes hinterlassen zu können, erst gehen muss.
Amelia Shepherd
1888 hat William Williams Keen als einer der ersten Chirurgen erfolgreich einen Hirntumor entfernt. Ein großer Gewinn. Es ist wahr! Man kann es nachlesen. Schwerer zu finden sind Berichte darüber, wie oft er nicht erfolgreich war und gegen den Tumor verloren hat. Diese Niederlagen muss er aber erlitten haben. Ein Chirurg muss immer auf eine Niederlage vorbereitet sein. Und Neurochirurgen mit den großen Tumoren... Wie verlieren den Kampf so oft wie wir ihn gewinnen. Entscheidend ist, ob Sieg oder Niederlage, nicht zu versagen. Man kann nur versagen, wenn man nicht kämpft. Also kämpft man, bis man nicht mehr kämpfen kann. Man betritt hocherhobenen Hauptes die Arena und tritt dem Feind entgegen. Man kämpft, bis man nicht mehr kämpfen kann. Man lässt nicht los, gibt niemals auf, läuft nicht davon, gibt sich nie geschlagen, leistet tapfer Widerstand. Man kämpft, auch wenn es unvermeidlich scheint, dass man im Begriff ist, kämpfend unterzugehen.
Warum strengen wir uns überhaupt an, wenn die Hürden so hoch und die Chancen so gering sind? Warum lassen wir es nicht sein und gehen nach Hause? Das wäre so viel einfacher. Der Grund ist, dass letztendlich ohne Anstrengung kein Ruhm zu erlangen ist. Nicht jede Erinnerung ist angenehm. Man erinnert sich an Blut und Knochen und an den langen, qualvollen Weg an die Spitze. Und so wird man legendär.
Die Kinder, die Schlüssel, das Familienfotoalbum. Die Liste prägt man sich vor dem Einschlafen fest ein. Im Fall einer Katastrophe nimmt man das zuerst mit. Die Liste gibt einem das Gefühl, vorbereitet zu sein. Die Kinder, die Schlüssel, das Familienfotoalbum. Wenn Feuer ausbricht, ein Tsunami zuschlägt, wenn buchstäblich die Erde bebt, erinnert man sich dann an die Liste? Oder duckt man sich nur und geht in Deckung?`
Was für den Fall einer Katastrophe oben auf der Liste steht, die Kinder, die Schlüssel, das Familienfotoalbum... Die Liste kann man vergessen. Wenn die Katastrophe damit beginnt, dass man sich fragen muss, ob das die Frau ist, die mit dem eigenen Mann schläft. Das ist ein Erdbeben der besonderen Art.
Man bringt Anfängern bei "Wenn sie Getrappel hören, denken Sie an Pferde, nicht an Zebras". Das bedeutet, die naheliegendste Antwort ist für gewöhnlich die richtige. Das hält uns davon ab, den falschen Weg einzuschlagen. Es hilft uns, bei der Wahrheit zu bleiben, Leben zu retten. Es macht mich zu einer guten Chirurgin. Wenn ich Getrappel höre, denke ich: Pferde. Ich denke immer: Pferde. Auch wenn ich es nicht sollte.
Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen. Sie sind oft ein Anzeichen für etwas Größeres, das tief darunter verborgen ist. Symptome, Alarmglocken, Warnzeichen, denen man Aufmerksamkeit schenken sollte, die man nie ignorieren sollte. Dinge, die schlimm sind, die einen wirklich verletzen können. Für die es vielleicht zu spät ist, sie noch reparieren zu können.
Ich hab als Kind immer den Videorekorder meiner Mutter auseinander genommen, Stück für Stück, um ihn dann wieder zusammenzubauen. Aber unweigerlich blieben immer ein oder zwei Teile übrig. Ich wusste nie so recht, was ich mit ihnen anfangen sollte. Was macht man mit den Teilchen? Versucht man sie einzufügen? Versucht man ihn wieder zum Laufen zu bringen? Beschließt man, dass man ohne das fehlende Teil leben kann?
Wenn man lange genug ohne gewisse Dinge auskommt, vergisst man leicht, wie dringend man sie braucht. Man vergisst, was man einst hatte. Man vergisst wie es ist, damit zu leben. Nicht das was man braucht, aber das was man gern hätte. Deswegen ist es so wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, damit man es nicht vergisst: Dass wir ohne etwas oder jemanden leben können, heißt nicht, dass wir es auch müssen.
Man stelle sich das Leben vor, das man sich erträumt hatte. Die Person, mit der man zusammen sein wollte. Und seinen Traumberuf. Lebt man das leben, das man sich vorgestellt hat? Ist man das, was man werden wollte, als man erwachsen wurde?
Öffne die Augen. Sieh dich gründlich um. Wie ist die Aussicht? Gefällt dir, was du siehst? Erinnere dich an deine Kindheit. Lebst du das Leben, das du dir vorgestellt hast? Oder träumst du von etwas noch größerem?
Liebe: Laut Neurowissenschaft aktiviert sie die selben Teile des Hirns wie suchterzeugende Gewohnheiten. Sie gibt einem das Gefühl, dass man alles machen kann, alles sein kann, alles erreichen kann. Und sobald man sie gekostet hat, will man mehr.
Die Sache mit der Liebe ist die: Wenn sie gut ist, ist alles gut. Und wenn sie schlecht ist, tut es so weh. Wenn man es nicht schafft, dieses ewige Auf und Ab ins Gleichgewicht zu bringen, macht es einen verrückt.
Als Chirurg sollte man immer auf das Schlimmste gefasst sein. Aber egal wie gut man ausgebildet ist, eine Katastrophe sieht man normalerweise selten kommen. Man kann versuchen, sich das Schlimmste auszumalen, kann versuchen sich darauf einzustellen. Aber wenn der schlimmste Fall eintritt, kommt er oft wie aus dem Nichts. Und wenn das Schlimmste eintritt, trifft es einem aus heiterem Himmel.
Warum passieren guten Menschen schlimme Dinge? Wir stellen uns diese Frage so oft, dass es ein Klischee wird. Es ist nunmal so, weil guten Menschen schlimme Dinge passieren. Ständig. Man kann nur hoffen, dass man weiß, was zu tun ist, wenn es einen selbst trifft. Wie man es bewältigt, wie man es durchhält. Aber die Wahrheit ist: Man weiß nicht, wie man auf den eigenen schlimmsten Fall reagieren wird. Das weiß vorher niemand. Erst wenn er eintritt.
Als ich 5 war, verlor ich meine Mutter in einem Park aus den Augen. Ich erinnere mich nicht mehr an alles, nur daran, dass ich Karussell fuhr, und sie auf einmal weg war. Ich weiß nicht mehr wie ich sie wiederfand, auch nicht wie ich nach Hause kam. Ich weiß nur noch was als nächstes geschah. Sie sagte mir, ich soll keine Angst haben. Sie sagte mir, dass alles gut wird. Komisch wie das Gedächtnis funktioniert. An manches kann man sich nicht erinnern, anderes kann man nicht vergessen. Das Karussell hält niemals.
Kein Outro
Ellis Grey
Er war die Liebe meines Lebens. Das war er. Ich werde nie wieder einen Mann so lieben können. Da bin ich ganz sicher. Wie könnte ich? Aber er ist weg, so sieht es nunmal aus. Er ist weg und ich bin hier. Und ich bin hier. Alles hat sich verändert. Als würde die Welt Kopf stehen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich meine, ich weiß was ich machen sollte. Aber ich weiß nicht. Ich weiß es nicht. Ich hab ihn verloren. Alles hat sich verändert. Und das ist... Das ist schwer zu akzeptieren. Er ist fort. Er ist einfach fort und ich werde ihn nicht zurückbekommen.
Kein Outro
Ellis Grey: Ich bin mir in Vielem so unsicher geworden. Ich betrachte es von allen Seiten und gehe es immer wieder durch. So wie ich es immer mache. Manchmal ändere ich alles. Aber nein, das ist der richtige Ort für mich. Es ist richtig, was ich mache. Ich weiß es. Ich habe nur nicht erwartet, dass es so unglaublich weh tut.
- Ellis Grey: Ich muss an eine Möglichkeit glauben. Es muss möglich sein, vom Karussell runterzukommen, nochmal anzufangen, neu durchzustarten. Es muss einen Weg geben, alle meiner Geister hinter mir zu lassen.
- Meredith: Ich muss nur den ersten Schritt machen.
Wenn man im OP ist, bleibt die Zeit stehen. Man tritt an den Tisch. Man bewertet den Patienten, nimmt ein Skalpell zur Hand und zieht sich in eine Art Blase zurück. Dort zählen nur man selbst und die OP, sonst nichts. Keine Zeit, keine Schmerzen, keine Erschöpfung. Nichts. Im normalen Alltag passiert es auch. Wenn etwas Entscheidendes passiert, etwas Tragisches, erstarrt man. Man zieht sich in seine glückliche Isolation zurück. Es erscheint einem wie ein Augenblick, bin man aufschaut und plötzlich erkennt: Es ist ein ganz neues Jahr.
Wie schafft man es zurück ins normale Leben? Es ist beängstigend. Die Zeit stand still. Jetzt rast sie davon. Man sucht ein Rettungsboot, etwas das einem Hoffnung gibt. Aber ist man dazu bereit, aus einer kleinen glücklichen Isolation in die große, grelle, blutige, grausame Welt hinauszutreten? Ist man bereit, das Unmögliche zu wagen?
In der Schule hieß es, ich stamme aus einem kaputten Zuhause. So nannte man das, wenn die Eltern geschieden waren. Obwohl die Scheidung selbst das geringste aller Übel war. Ich hab mich als Kind gefragt, ob in einem kaputten Zuhause kaputte Menschen leben. Das war albern. Immerhin war ich noch klein. Aber ich frage es mich bis heute.
Ein Haus kann man aus Allem bauen. Man kann es so stabil machen, wie man möchte. Aber ein Zuhause... Ein Zuhause ist etwas wesentlich Fragileres. Dazu wird ein Haus, wenn man es mit Menschen füllt. Menschen können kaputt gehen, sicher. Aber jeder Chirurg weiß: Was kaputt geht, kann repariert werden. Was verletzt ist, kann geheilt werden. Und ganz gleich wie dunkel es wird, die Sonne wird wieder aufgehen.
Staffel 12[]
Man könnte glauben "Das hab ich schon mal erlebt. Das ist mir vertraut. Das ist Schnee von gestern.". Sie fragen sich vielleicht: Warum sind wir hier? Ich garantiere Ihnen, Sie werden feststellen, dass sich alles verändert hat.
Hören Sie auf und sehen Sie sich den Körper vor Ihnen genauer an. Da ist nichts Besonderes dran. Es ist nur ein Körper. Warum sind Sie also hier? Was ist so anders? Was hat sich verändert? Meine Antwort lautet: Sie. Was sich verändert hat, sind Sie. Ich möchte, dass Sie alles was Sie glauben über Anatomie zu wissen, über Bord werfen. Betrachten Sie die Leiche so, als hätten Sie noch nie einen menschlichen Körper gesehen. Nehmen Sie Ihr Skalpell und setzen Sie unter dem Schwertfortsatz an. Drücken Sie fest, ohne Zögern. Und lassen Sie uns anfangen.
Der Körper hat etwas 11 Organsysteme, die alle verschiedene Dinge zur selben Zeit machen. Damit wir funktionieren bzw. leben können, brauchen sie eine Stimme, einen Leiter, einen Meister. In unseren Gehirnen ist das die Aufgabe der Hypophyse. Sie nimmt die Bedürfnisse des Körpers wahr, noch bevor sie entstehen. Sie arbeitet ununterbrochen. Sie kommuniziert mit allen anderen Drüsen und teilt ihnen mit, wann sie die lebenswichtigen Hormone produzieren müssen, die wir benötigen, um zu funktionieren. Sie sorgt für einen reibungslosen und einwandfreien Ablauf. Sie hat unbestreitbar den härtesten Job in unserem Körper.
Ohne starken Anführer gerät die Maschinerie aus den Fugen. Aber es ist ganz einfach. Wenn das Gehirn arbeitet, wird der Körper darauf hören. Die Gliedmaßen wollen einem Halt geben. Die Lungen wollen atmen. Das Herz will schlagen. Aber nichts im Körper funktioniert ohne das Gehirn. Das Gehirn hält alles zusammen. Wie ein Boss.
Der Körper birgt eine Vielzahl an Möglichkeiten. Jedes Mal, wenn wir einen öffnen, werden wir mit einer Reihe von Entscheidungen konfrontiert. Manche werden einem abgenommen. Aber in den meisten Fällen sind Operationen wie ein interaktives Spielbuch.
Wenn es irgendwann hart auf hart kommt, ist man auf sich gestellt. Womit kann man leben? Was kann man hinter sich lassen? Ob richtig oder falsch, man muss entscheiden, wofür man gewillt ist, mit wehenden Fahnen unterzugehen. Man hat die Wahl.
Es mag seltsam klingen, aber Anatomieklassen können für Chirurgen unangenehm sein. Wir wurden darin ausgebildet, Körper wieder zusammen zu setzen. Wir bevorzugen warmes, lebendes Gewebe. Wenn ein Chirurg totes Gewebe betrachtet, bedeutet es in der Regel, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.
Es gibt Dinge im Leben, denen man nicht aus dem Weg gehen kann, egal wie unwohl man sich dabei fühlt. Es kann sich lohnen, wenn man aus seinem Kokon herauskriecht. Auch wenn einem schon bei dem Gedanken daran übel wird. Auch wenn wir eigentlich am liebsten schreiend davonrennen würden. Deswegen sagen die Leute gern: Was einen nicht umbringt, macht einen stärker. Aber manchmal wissen diese Leute gar nicht, was sie da sagen.
kein Intro/Outro
Die Familie dieses Mannes hat gesagt, dass er kein Raucher war. In Wahrheit rauchte er 20 Jahre lang täglich zwei Schachteln Zigaretten in seinem Wagen, während seine Frau und seine Kinder schliefen. Manchmal ist das Schamgefühl der Patienten das unerkannte Problem. Sie wollen etwas vor uns verbergen. Doch Chirurgen kann man nicht täuschen, denn der Körper lügt nicht. Die Wahrheit liegt für jeden sichtbar vor einem. Und es ist nicht ein einziges Wort nötig.
Man sagt, Scham steuert jeden Aspekt menschlichen Verhaltens. Sie bestimmt, wie wir uns selbst einschätzen. Aber man kann sich nicht hinter ihr verstecken und der Körper lügt nicht. Die Wahrheit ist für jedermann sichtbar. Unsere Scham kann uns die Kehle zuschnüren, uns umbringen, kann uns von innen heraus zerfressen. Aber nur wenn wir es zulassen. Lassen Sie das nicht mit sich geschehen.
Chirurgen wird eingetrichtert, nach Problemen zu suchen. Eine Person anzusehen und zu fragen: "Was fehlt Ihnen?" Man wird dazu ausgebildet, mit dem schlimmsten zu rechnen. Wenn man Menschen heilen will, neigt man automatisch dazu, das schlimmste zu befürchten.
Es ist schwer, gegen Neigungen anzukämpfen. Es ist wichtig, aufgeschlossen zu bleiben. So lernen wir. So entwickeln wir uns weiter. So kommen wir voran. Bis wir es nicht mehr tun. Bis wir uns der Neigung überlassen. Bis wir dem erliegen, was uns in diesem Moment richtig, gut oder befriedigend erscheint. Obwohl wir normalerweise -in unserem tiefsten Innern- wissen, dass wir es bereuen werden.
Manchmal muss man Feuer mit Feuer bekämpfen. In der Medizin macht man das ständig. Wir schneiden Körper auf, um Verletzungen zu versorgen. Wir verletzen, um zu heilen. Wir schüren das Feuer, aber das Spiel mit dem Feuer ist gefährlich.
Wenn man das Streichholz anzündet, glaubt man, dass man den Brand kontrollieren kann. Man glaubt, man könnte alles kontrollieren. Aber Feuer ist wahnsinnig schwer in Schach zu halten. Und wenn man denkt, man hätte das Feuer gelöscht, kann es wieder entflammen. Es saugt Luft an und lodert heißer und greller als je zuvor.
In Gruppensitzungen äußern sich Männer zu 75 % häufiger als Frauen. Und wenn eine Frau sich äußert, ist es statistisch gesehen sehr wahrscheinlich, dass einer der Männer ihr das Wort abschneidet. Nicht weil er unhöflich ist. Die weibliche Stimme ist -wissenschaftlich erwiesen- schwerer für das männliche Hirn zu erfassen. Was bedeutet das? Wenn man als Frau in dieser Welt, in der Männer größer, stärker und schneller sind, nicht bereit ist zu kämpfen, wird einen die Stille umbringen.
Die Angst darf einen nicht zum Schweigen bringen. Ihr habt eine Stimme, also nutzt sie! Macht den Mund auf, hebt die Hand, ruft die Antwort laut heraus, macht euch verständlich, verschafft euch Gehör. Was es auch kosten mag, verschafft euch Gehör! Und wenn ihr es tut, dann füllt die Stille.
Kein Intro/Outro
April Kepner
In der Traumatologie steht eine Frage über allem: Wie konnte es dazu kommen? Was hat die Verletzung verursacht? Wie können wir durch das Chaos und die Unübersichtlichkeit des Traumas herausfinden, welcher Schaden wirklich entstanden ist? Jede Stelle des Traumas beschreibt einen anderen Teil der Geschichte. Und so lange man noch jede kleine Verletzung erkundet, muss man sich anstrengen und kämpfen. Man erkennt nicht, was falsch gelaufen ist.
Man spricht von Verletzungsmechanismen, von der Ursache einer Verletzung. Aber das ist eine Art Mythos. Man kann eine Verletzung nicht auf nur einen einzigen Schlag zurückführen. Was einen verletzt, ist etwas, das sich im Laufe der Zeit summiert. Man absorbiert einen Schlag nach dem anderen, einen Schock nach dem anderen, einen schmerzhaften Hieb nach dem anderen. Aber selbst wenn man genau weiß, wie es dazu gekommen ist, heißt das nicht, dass man es aus der Welt schaffen kann. Man kann nicht jede Wunde heilen und das ist in Ordnung. Ich muss glauben, dass es in Ordnung ist. Ich muss daran glauben, dass auch wenn etwas anscheinend nicht repariert werden kann, es nicht völlig in Trümmern liegt.
Jeder Tag, an dem niemand stirbt, ist ein guter Tag. Das hat mal jemand gesagt. Augenblick, das war ich! Ich hab das gesagt. Jeder Tag, an dem man aufwacht und man sich noch bewegen kann, ist ein guter Tag. Man kann von Neuem beginnen. Man kann seine früheren Fehler vergessen, einen Neubeginn wagen. Jeden Tag so leben, als wär es der letzte. All diese Sinnsprüche, die man sonstwo lesen kann, die stimmen alle. Wir sind am Leben. Das muss man respektieren. Dieses Glück hat nicht jeder.
Man kann neu beginnen, jeden Tag. Man bekommt zweite Chancen, um so zu werden wie man immer sein wollte. Man kann die Vergangenheit hinter sich lassen oder man kann aus ihr lernen und sie würdigen. Man hat es in der Hand. Es ist nie zu spät, etwas zu ändern.
In der medizinischen Hochschule kannte ich jemanden, der am Wochenende auf Kindergeburtstagen gezaubert hat. Es ist schon irgendwie eigenartig. Wenn man plant, einen Menschen zu zersägen, muss man es vorher üben. Wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, will man nicht, dass der Zuschauer Schweißperlen sieht. Nur das Magische soll sichtbar sein.
Mit Publikum bekommen selbst die kleinsten Momente etwas Gewaltiges. Und große Momente können die Welt erschüttern. Man darf sich nur nicht durch den Druck davon abhalten lassen, ein Risiko einzugehen. Man geht einfach da raus, nackt und ängstlich, und tut so, als würde keiner zusehen.
Wenn Baby's geboren werden, schreien sie normalerweise, was das Zeug hält. Es ist laut. Es klingt schrill. Und es ist total gemein. Dieses reizende kleine Wesen wurde aus dem Mutterleib herausgepresst und gezwungen, Sauerstoff in seine kleine Lunge einzuatmen. Das ist die menschliche Natur. Niemand will allein in der Kälte stehen, abgewiesen und allein.
Zuneigung, Anerkennung und bedingungslose Liebe. Das wollen wir alle. Wir alle suchen danach. Aber wenn wir das finden, versetzt es einen in Angst und Schrecken. Denn so schnell man es auch gefunden haben mag, kann es auch wieder verschwinden. Dann steht man wieder draußen in der Kälte. Allein.
Man versorgt Wunden mit Pflaster und Verbandmull, um die Wunde zu schützen, um Infektionen zu vermeiden und den Patienten vor weiteren Schmerzen zu bewahren. Schwierig wird es, wenn man den Verband abreißen muss, denn das kann höllisch weh tun.
Es tut weh, den Verband abzureißen. Man will nicht sehen, was darunter ist. Aber vielleicht ist es nicht die Angst vor dem Schmerz, die einen zurückhält. Vielleicht befürchtet man, dass die Wunder darunter noch nicht verheilt ist. Oder dass sie tatsächlich anfängt zu verheilen.
"Haben Sie keine Angst." Ich weiß nicht, wie oft ich das schon gesagt habe. Der Anfänger steht mit einem Skalpell, einer Nadel oder einer Klemme über einen Patienten gebeugt und hat Angst zu beginnen. Sie haben Angst. Sie wissen was zu tun ist, aber sie brauchen eine kleine Ermunterung.
Nicht anhalten, nicht zögern. Man darf keine Angst vor dem nächsten Schritt haben. Die Angst darf einem nicht in die Quere kommen. Deswegen operieren wir nicht allein. Dort sind Oberärzte, Krankenschwestern und Anfänger. OP's sind voller Leute. Wenn also tatsächlich jemand verletzt wird, muss das niemand allein durchstehen.
"Haben Sie keine Angst." Ich weiß nicht, wie oft ich das schon gesagt habe. Der Anfänger steht mit einem Skalpell, einer Nadel oder einer Klemme über einen Patienten gebeugt und hat Angst zu beginnen. Sie haben Angst. Sie wissen was zu tun ist, aber sie brauchen eine kleine Ermunterung.
Nicht anhalten, nicht zögern. Man darf keine Angst vor dem nächsten Schritt haben. Die Angst darf einem nicht in die Quere kommen. Deswegen operieren wir nicht allein. Dort sind Oberärzte, Krankenschwestern und Anfänger. OP's sind voller Leute. Wenn also tatsächlich jemand verletzt wird, muss das niemand allein durchstehen.
Ich hab Stunden damit verbracht, Bildmaterial von den OP's meiner Mutter zu studieren. Ich hab jeden Schritt, jeden Schnitt, jede Entscheidung analysiert, Ich habe ein Puzzle zusammengesetzt, habe beobachtet, studiert, gelernt. Diesen Luxus hat man nicht, wenn ein Patient ausgebreitet vor einem liegt. Man kann nicht zurückspulen, auch nicht wiederholen. Man muss schneiden und inständig hoffen, dass man weiß, was man da tut.
Im Nachhinein ist man immer klüger. Es ist leicht herauszufinden, was man hätte tun können, wenn man es noch einmal durchspielt. Man sieht die eigenen Fehler und wie man sie korrigieren könnte. Das ist der Knaller. oder?
Unter Chirurgen gibt es eine Redensart: "Jede Blutung hat ein Ende". Das ist unsere Version von "Alles geht vorüber". Jede Krise hat irgendwann einmal ein Ende. Entweder man rettet seinen Patienten oder nicht. Also auf die eine oder andere Art wird die Blutung aufhören. Was die Redensart angeht, so ist diese alles andere als tröstlich.
Jede Blutung hat ein Ende. Manchmal hat das aber seinen Preis. Man verliert den Arm, entfernt das Organ, man beschließt mit dem Verlust zu leben. Denn letzten Endes wird man tun, was man kann, um am Leben zu bleiben. Manchmal klappt es, wie durch ein Wunder. Die Blutung hört auf. Doch manchmal ist es, egal wie sehr man sich bemüht, einfach nicht genug.
Chirurgen werden oft anhand ihrer Schnelligkeit und Leistung beurteilt. Aber schneller bedeutet nicht immer besser. Man handelt überstürzt, riskiert eine Fehldiagnose. Man hat nicht immer Zeit zum Nachdenken, bevor man handelt. Und das bringt einen in Schwierigkeiten.
Wenn man den ersten Schuss abgefeuert hat, sind die Würfel gefallen. Man kann es nicht ungeschehen machen. Die Frage wird sein, ob man zurückfeuert und damit den Krieg erklärt.
Manchmal kann man nicht im Alleingang handeln. Man braucht jemanden an seiner Seite. In der Medizin hat man chirurgische Assistenten, zweite Meinungen. Man trifft Vorkehrungen. Es geht um Leben und Tod. Man will nicht kalt erwischt werden.
Wenn man im Team arbeitet, muss man Einsatz zeigen. Man muss engagiert sein, helfen zu gewinnen, komme was wolle. Auch wenn man seine Teamkollegen nicht immer mag, muss man lernen, den Ball abzugeben. Man muss sich ganz einbringen, egal auf welcher Seite man steht. Aber wenn man hart spielt, alles gibt, sich voll einsetzt, wird der Sieg umso süßer.
Arizona Robbins und Calliope Torres
Es gibt eine Bibelgeschichte, in der zwei Frauen um ein Kind streiten, das beide als das ihre beanspruchen. König Salomon musste entscheiden. Zwei Mütter, nur eine bekommt das Kind. König Salomon schlug den beiden Frauen eine 50/50 Teilung vor, das Kind buchstäblich in zwei Hälften zu schneiden. Alles endet, wenn eine Mutter ihren Anspruch aufgibt oder wenn beide auf ihrem Recht beharren und das Kind auseinander gerissen wird.
Wenn Sie sich fragen, wie die Salomon-Geschichte ausging - Spoilerwarnung - die wahre Mutter würde ihr Kind lieber hergeben, als es auseinander reißen zu lassen. Aber was ist wenn es zwei wahre Mütter gibt? Unter den Umständen kann keiner gewinnen. Das ist eine völlig andere Geschichte.
Infektionen schleichen sich auf eine miese Art an. Man fühlt sich ganz gut, denkt die Infektion ist vorüber. Plötzlich, wie aus dem nichts, taucht sie wieder auf. Wenn der Körper noch geschwächt ist, wenn man sich gerade so erholt hat - bumm - hat es einen wieder erwischt. Sobald sich die Infektion ausbreitet, sobald sie in den Blutkreislauf gelangt, muss man sich sehr in Acht nehmen. Denn diese Art von Infektion, kann einen umbringen.
Man glaubt, man hätte diese schreckliche Sache abgeschlossen. Und was wenn nicht? Man kennt das. Man glaubt, man hätte endlich eine Lösung gefunden. Und wenn es nicht so ist? Wann weiß man, dass etwas abgeschlossen ist? Wann ist es endlich sicher, weiterzugehen? Vielleicht weiß man es nie. Vielleicht muss man sich einfach vortasten und ausprobieren, wie man sich dabei fühlt. Und wenn man sich dabei gut fühlt, ich meine richtig gut, dann verdammt nochmal, nichts wie ran.
Man sagt, Liebe kennt keine Grenzen. Ich kann da nicht mitreden. Ich hab das Gefühl, Grenzen gesehen und sie einige Male überschritten zu haben.
Liebe hat Grenzen, das wissen wir. Wir reißen sie ein, bauen sie wieder auf und reißen sie dann wieder ein. Aber muss es immer so sein? Können wir nicht dazulernen? Können wir nicht mutig sein? Können wir nicht glauben? Vielleicht würde das schon ausreichen. Etwas Mut, etwas Hoffnung, etwas Glauben. Vielleicht gibt es keine Grenzen, wenn wir beschließen, sie einfach nicht zu sehen. Vielleicht ist Liebe grenzenlos, wenn wir mutig genug sind, uns dafür zu entscheiden, dass Liebe grenzenlos ist. Vielleicht gibt es genug Glück für jeden. Oder vielleicht... Gebt mir 'nen Moment. Ich muss mir was ausdenken.
Staffel 13[]
Wünschen Sie sich auch manchmal, etwas rückgängig machen zu können, was man gesagt hat? Was man getan hat? Dafür gibt es keine Löschtaste. Man kann nur hoffen, dass man dazulernen und sich ändern kann, oder es besser machen kann. Wir können nichts ungeschehen machen. Was geschehen ist, kann man nicht rückgängig machen. Die Zukunft ist nicht aufzuhalten.
Man lässt die Vergangenheit am besten ruhen und blickt nach vorn, lernt daraus. Wenn man aus seinen Fehlern nicht lernt, landet man in einer Zukunft, die man nie gewollt hätte. Die Vergangenheit kann man nicht ungeschehen machen. Was passiert ist, ist passiert. Aber die Zukunft können wir mitgestalten, was auch immer daraus wird.
Als Chirurg ist man der Hüter seines Bruders, auf Gedeih und Verderb, von der Wiege bis zur Bahre. Man erkennt die Ängste des Anderen, die panische Angst vorm Versagen. Man erkennt sich selbst im Anderen. Und wer zum Teufel ist darauf scharf?
Wir sind als Assistenzärzte angetreten, steckten voller Komplexe, jeder für sich. Kleine Rockstars auf der Schwelle zu Größerem. Man wird in's kalte Wasser geworfen, soll gemeinsam Leben retten, sich gegenseitig retten. Man wird eine Familie. Auch wenn man's richtig vermasselt... Die Familie ist immer da, immer in Bereitschaft. Von der Wiege bis zur Bahre, auf Gedeih und Verderb.
Jeder Patient, der eine schlechte Nachricht erhält, möchte die Ausnahme sein. Die Eine in einer Million. Das Wunder. Aber Chirurgen glauben nicht an Wunder, wir müssen sie bewirken.
Es sind nicht immer große Wunder. Das Fieber sinkt, die Naht hält, der Knochen heilt. Deshalb sind sie schwer zu erkennen. Deshalb können sie einen furchtbar aufregen. Verstehen sie mich nicht falsch. Kleine Wunder sind großartig. Auch ein kleines Wunder ist ein Wunder. Nur reicht es womöglich nicht, um uns zu retten.
Je härter der Schlag, desto schlimmer der Schmerz. So ist es normalerweise. Also verordnet man Medikamente, Eis, Kompressen, Hochlagerung. Maßnahmen, um den akuten Schmerz sofort zu stoppen. Aber man kann den Schmerz nur vorübergehend betäuben. Und wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt, tut es richtig weh.
Bestimmte Maßnahmen werden nicht grundlos vorübergehend verordnet. Sie sind nicht für die Ewigkeit gedacht. Was geschieht, wenn man mit einer Maßnahme konfrontiert wird, die dauerhafter ist? Kämpft man dagegen an? Versucht man, sich zu wehren? Oder nimmt man sich zurück und entscheidet, dass vielleicht Akzeptanz die beste Maßnahme ist?
Viele Arztwitze beginnen aus gutem Grund mit dem Satz "Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht." Oft ist die schlechte Nachricht so schlimm, dass man euphorisch reagiert, wenn etwas Gutes in Aussicht ist.
Manche Wolken haben Silberstreifen, aber es bleiben Wolken. Wolken können Regen oder einen Sturm ankündigen. Also nimmt man die guten Seiten, wann immer es möglich ist. Man versucht, positiv zu denken. Man versucht sich daran zu klammern, dass in allem Schlechten auch etwas Gutes liegt.
Kennen Sie die Geschichte, in der ein Kind unter einem Auto eingeklemmt wird und seine Eltern die übermenschliche Kraft aufbringen, das Auto anzuheben und das Leben des Kindes zu retten? Ich hab mich oft gefragt, ob das möglich ist. Wenn jemand, den man gern hat, verletzt oder eingeklemmt wäre, würde man dann instinktiv wissen, was zu tun ist? Würde man das Auto anheben? Sich vor die Kugel werfen? Würde man jemanden bewusstlos schlagen? Ich vermute mal, ja.
Wenn jemand, den man liebt, in physischer Gefahr ist, schafft man es leicht, die Kraft für seine Rettung aufzubringen. Aber manchmal ist die Bedrohung nicht physisch. Manchmal ist sie tiefer liegend. In dem Fall kann einem kein Instinkt helfen, keine übermenschliche Kraft, kein Adrenalinschub. Man schafft es nicht allein raus, wenn man im Auto eingeklemmt ist. Man kann nur dasitzen und abwarten, und wünschen, dass alles anders wäre.
Man soll nicht reparieren, was nicht kaputt nicht. Dieses Sprichwort gilt für den menschlichen Körper genauso wie für eine Waschmaschine oder einen Mixer. Ein guter Chirurg weiß, dass man nicht unnötig an etwas herumbasteln soll. Sonst könnte man selbst derjenige sein, der Schaden nimmt.
Es ist schwer zuzugeben, dass man sich geirrt hat. Dass, auch wenn alles gut aussieht, ein Problem besteht. Etwas ist kaputt. Man muss sehen, wohin das führt und beginnen, es zu reparieren. Damit nicht alles aus den Fugen gerät.
Es gab eine Familie in Italien, die nie schlief. Die Mitglieder litten an einer genetischen Krankheit, die sie monatelang wach hielt. Bis ihre Körper einfach abschalteten. Auch nach all den Jahren wissen Forscher immer noch nicht, warum man schläft. Man weiß nur, dass man schlafen muss. Denn ohne Schlaf trifft man Fehlentscheidungen, sagt man Dinge, die man nicht sagen sollte und manchmal sieht man sogar Etwas, das gar nicht da ist.
Wir alle kommen an diesen Punkt der Erschöpfung. Den Punkt, an dem nichts mehr Sinn ergibt. Der Körper tut einem weh. Der Kopf ist wie benebelt. Man fühlt sich wie in einem Tunnel gefangen. Man möchte nur noch in sein Bett. Also wie macht man weiter? Wie schafft man es, nicht einfach hinzuschmeißen? Manchmal ist es leicht, manchmal macht man Gedankenspiele. Man stellt sich jemanden vor, einen guten Menschen. Was immer man braucht, um weitermachen zu können.
Chirurgen kämpfen. Wir kämpfen gegen den Tod, das ist unser Ding. Doch letzten Endes, so zeigt es die Geschichte, siegt der Tod doch irgendwann. Wie erfolgreich wir auch operieren, den Tod kann man nicht besiegen. Die Kunst besteht darin, bis zu bitteren Ende zu kämpfen, für die richtige Sache, für die richtige Person. Und wenn man untergeht, dann gemeinsam.
- Meredith: Alex, hör mir zu! Das hast du nicht verdient. Du bist stark.
- Amelia: Gib dir nicht die ganze Schuld. Ich kenn dich, das machst du. Aber bitte, bitte mach es nicht.
- Maggie: Man darf nicht einfach aufgeben. Man muss zusammenhalten. Man muss kämpfen.
- Meredith: Ich werde bis zum Schluss für dich kämpfen, das weißt du. Aber das heißt, du darfst auch nicht aufgeben, du darfst nicht das Handtuch werfen. Also warum auch immer du es machen willst, tu es nicht.
Früher haben Ärzte noch Hausbesuche gemacht. Wenn man sich einen Finger abgehackt hat oder mit Verdacht auf Cholera aufgewacht ist, konnte man einen Arzt bestellen wie heute eine Pizza. Ein angesehenes Gemeindemitglied als Dienstleister, persönliche Behandlung, mehr geht nicht.
Es gibt einen Grund, warum Ärzte einen Patienten persönlich sehen wollen, von Angesicht zu Angesicht. Es ist das Hand auflegen, die menschliche Wärme, dieser Funke einer Verbindung. Man hält einander an der Hand, damit man das Gefühl hat, man erlebt etwas gemeinsam. Wir suchen Kontakt zueinander, denn wenn wir das nicht täten, würden wir uns alle mutterseelenallein fühlen.
Wir alle haben einen Helden. Menschen, die man verehrt, die man zum Vorbild hat, die uns zeigen,dass wir über uns hinauswachsen können, denen wir nacheifern wollen. Sie sind großartig, wenn man nicht allzu genau hinsieht. Denn wenn man ihnen zu nahe kommt, erkennt man, dass Helden ganz normale Menschen sind. Und normale Menschen können einen enttäuschen.
Unsere Helden sind nichts Besonderes. Sie sind nur Menschen. Sie sind wie wir. Sie versuchen nur zu überleben. Wir versuchen, glücklich zu sein, es besser zu machen, besser zu sein, empathischer zu sein. Helden sind nicht spezieller, nicht tapferer als wir anderen. Unterm Strich sind sie auch nur Menschen. Sie verletzen, sind verwundbar, sie bluten. Aber manchmal, hin und wieder, wenn es darauf ankommt, wachsen sie über sich hinaus und das verändert alles. Ein Held ist nur ein Mensch, aber das ist es ja eben. Wenn er ein Held sein kann, kann man es selbst auch. Man macht also weiter. Man gibt nicht auf. Man hält sich aufrecht. Man kämpft. Man versucht immer, eine Lösung zu finden.
Jo Wilson
Jeder hat das Bedürfnis nach Privatsphäre. Manche Leute haben es nicht.
Bestimmte Dinge sollte man für sich behalten, sonst kann jeder in uns eindringen und das sehen, was man niemandem zeigen möchte. Also baut man hohe und breite Mauern um sich herum auf, und man verschließt die Tore.
1949 führte Edward Murphy einen Raketenschlitten-Experiment durch, mit dem herausgefunden werden sollte, wieviel Druck ein Mensch aushalten kann. Murphys Experiment schlug fehl, spektakulär... immer wieder. Unnötig zu erwähnen, dass er es falsch angegangen ist. Deswegen nennt man es Murphys Gesetz, denn alles was schief gehen kann, wird auch schiefgehen.
Sobald etwas anfängt schiefzugehen, ist es schwer, den Kreislauf zu unterbrechen. Murphys Gesetz ist kein physikalisches Gesetz. Es ist nur ein Spruch, um einem miesen Tag Sinn zu verleihen. Nur weil etwas schief läuft, muss es nicht gleich außer Kontrolle geraten. Es ist unsere Aufgabe, Dinge zu bereinigen. Wir müssen dafür sorgen, dass alles was schiefgehen kann, gerade gebogen wird. Wir müssen es zumindest versuchen.
Ich gehe nicht zu Ehemaligentreffen, weder aus der Schul-, noch aus der Studienzeit. Ich muss keine oberflächlichen Gespräche mit Leuten führen, an die ich mich kaum erinnere. Wenn ich Leute in meinem Leben behalten will, dann behalte ich sie. Oder vielleicht weiß ich einfach nicht, wie ich sie wieder loswerden soll.
Ich gehen zu keinem Ehemaligentreffen, aber ich verstehe, warum es andere tun. Sie können einem ein Gefühl vermitteln, das man lange nicht mehr hatte. Es ist wohlig, es ist vertraut. Es ist wie ein Nachhause kommen. Man sieht, was aus Menschen geworden ist, ob sie ihre Träume und Hoffnungen verwirklicht haben, oder ob sie die aufgegeben haben. Oder man sieht, dass sie etwas gefunden haben, was wir alle finden sollten: Ganz neue Hoffnungen und Träume.
Es gibt diese alte Geschichte eines Vaters mit zwei Söhnen. Als der Bürgerkrieg ausbrach, schickte er einen los, um für den Norden zu kämpfen, den anderen um für den Süden zu kämpfen. Er dachte sich, wenn sie auf beiden Seiten kämpfen ist die Chance größer, dass wenigstens einer überlebt. Wenn man zu Hause einen Krieg führt, sind die Opfer die Nachbarn, die Freunde und die Familie. Man bleibt ganz allein zurück.
Im Krieg geht es nicht fair zu, Man ergreift Partei und kämpft dafür. Man greift an. Man verletzt Andere. Man wird selbst verletzt. Man kämpft und kämpft und kämpft. Zu welchem Zweck? Wogegen kämpft man? Wofür kämpft man? Wann ist es Zeit, all diesen Unsinn sein zu lassen und einfach zu kapitulieren?
Jackson Avery
Erstarren. Keinen Ton heraus bringen. Verstummen. So ist es, wenn statt genialer Gedanken im Kopf Leere herrscht. Man kann sich noch so sehr dagegen wappnen, aber solch ein Gefühl kann einen wie aus dem nichts umhauen. Wenn es einen trifft, wenn der Kopf abschaltet, wenn man den Mund öffnet und keine Worte heraus kommen, ist es beruhigend zu wissen, dass es allen passieren kann.
Erstarren. Keinen Ton heraus bringen. Verstummen. Das passiert nicht ohne Grund. Man findet keine Worte, weil so viel auf dem Spiel steht und weil man so viel zu verlieren hat. Man ist starr vor Angst zu viel oder etwas falsches zu sagen. Dabei ist das einzige, das man falsch machen kann, gar nichts zu sagen.
In guten und in schlechten Zeiten
Dinge gehen kaputt. Eierschalen lassen sich nicht wieder zusammensetzen. Ein zerbrochenes Fenster bleibt zerbrochen. Es ist der zweite Hauptsatz der Terrordynamik, man nennt es auch Leben.
Irgendwann löst sich alles in seine Bestandteile auf, wir auch, das ist ein Naturgesetz. Wir müssen es hinnehmen und akzeptieren und alles zusammenhalten, solange man kann.
Als die Alzheimer Erkrankung meiner Mutter schlimmer wurde, ging ich ihre Unterlagen durch und fand dabei einen Notizblock. Auf einem der Zettel stand : " Wichtig, nicht vergessen Meredith zu sagen, sie soll " - das war alles. Sie hat diesen Satz nie beendet. Meredith zu sagen sie soll...was? Nicht zu viel trinken, keine fremden Hunde streicheln, ihr Herz nicht verschenken? Die Sprinkleranlage nicht anlassen? Wir haben in dieser Zeit nicht viel miteinander geredet. Das bereue ich. Ich wünschte wir hätten es getan.
Ich denke oft an die Notiz meiner Mutter. Nicht vergessen Meredith zu sagen, sie soll nicht klein beigeben? Sich um andere kümmern? Nicht so einfach aufgeben? Sich nicht verlieben, keine Kinder bekommen, nicht lügen. Sie hat mir Fragen hinterlassen. Was soll ich tun, was soll ich nicht tun. Sie hat mich mit der Gewissheit zurück gelassen, dass ich allein alles entscheide. Außer ihr konnte mir das niemand beantworten. Also musste ich entscheiden, was sie schreiben wollte. Sie soll keine Angst haben. Leb wohl Mum."
Neugier kann tödlich sein. Sie hat im alten Griechenland auch vielen Menschen das Leben gekostet. Als Pandora die Büchse voller Krankheiten, Tod und anderer Übel öffnete. Warum wollen wir wissen was sich hinter dem Unbekannten verbirgt, auch wenn wir ziemlich sicher sind dass es uns nicht gut tut.
Versetzen Sie sich in Pandoras Lage. Ihr wurde etwas geschenkt. Eine wundersame Büchse, gefüllt mit Dingen von deren Existenz sie nichts wusste. Natürlich hat sie sie geöffnet, würden Sie das nicht auch tun?
Turbulenzen. Das kann alles sein. Angefangen bei einem kleinen Wackeln, bis hin zu einem katastrophalen Unwetter, das die fliegende Blechkiste vom Himmeln holen kann. In der Chirurgie spricht man von einer Komplikation. Man stößt auf Schwierigkeiten, wird zurück geworfen, es wird holprig. Wenn das der Fall ist, schnallt man sich besser an.
Das Unberechenbarste wenn man in Turbulenzen gerät, sind die Nachwirkungen. Alles wurde durcheinander gewirbelt, zunichte gemacht, auf den Kopf gestellt. Was macht man, wenn man auf einen möglichen Absturz zusteuert. Wendet man sich ab, geht man auf Nummer sicher oder geht man an Bord und überlässt es dem Schicksal.
kein Intro
Ich wollte dir nicht weh tun, das war nie meine Absicht, denn du bist mir wichtiger als alles andere. Ganz gleich wie wütend du auf mich bist, wie sehr du mich ausschließen willst, das sollst du wissen: du bist meine Schwester, ob es dir gefällt oder nicht! Ich gehe nirgendwo hin.
Unsere Schädeldecke schützt unser Hirn. Der Brustkorb schützt unsere Herzen. Der Körper ist so gebaut, dass er unsere empfindlichsten Teile schützt. Zumindest sollte es so sein.
Der Körper passt sich an, beschützt sich. Aber er kann sich nicht völlig abschirmen. Dann würden wir nicht richtig leben, nicht wahr? Deswegen schotten wir uns nicht völlig ab. Und hoffen, dass sich das Risiko lohnt.
Es gibt Momente da haben alle Sterne die richtige Konstellation. Da scheint alles so zu sein wie es sein sollte. Das eigene Leben scheint in den richtigen Bahnen zu laufen. Natürlich verschwinden nicht alle Probleme einfach, aber man denkt, dass die Probleme leichter zu handhaben sind. Es ist so ein gutes Gefühl, dass man sich fragt, ob es wirklich wahr ist. Aber eines habe ich gelernt - ich kann garantieren, dass es stimmt. Es ist total wahr. Aber es wird nicht anhalten.
Es gibt Tage an denen man glaubt, man könnte alles besiegen. Man hat das Gefühl, dass alles gut wird. Wie ich schon sagte, das Gefühl wird nicht anhalten. Ich will gar nicht zynisch sein. Es ist nur so, auch wenn ein Tag so wunderschön begonnen hat, endet er vielleicht ganz, ganz schrecklich.
Wenn das Leben uns dazu zwingt etwas unmögliches zu tun, löst das im Körper eine Explosion aus. Ein Hormonschub rast durch unseren Körper und macht uns stärker. Und schneller... und setzt die Angst außer Kraft. Und dadurch kann man über sich hinaus wachsen.
Niemand wacht auf und denkt 'meine Welt wird heute explodieren, mein Leben wird sich radikal ändern'. Niemand denkt das und doch passiert es manchmal. Manchmal wacht man auf, sieht sich seinen Ängsten gegenüber, nimmt sie an und stell sich ihnen. Dann steht man da. Man wartet, man hofft - man ist zu allem bereit.
Staffel 14[]
Für Ärzte ist es eine bittere Ironie, dass man Patienten oft erst kränker machen muss, um sie zu heilen. Ist ein Knochen schief zusammen gewachsen, muss man ihn wieder brechen. Ist eine Narbe zu wulstig, trägt man sie ab und schafft eine neue Wunde. Man nimmt Menschen auseinander, um sie wieder zusammen zu bauen.
Man studiert Medizin weil man lernen will, wie man Kranke heilt. Aber man lernt schnell, dass man oft etwas verschlimmern muss, bevor man es verbessern kann. Es ist riskant und beängstigend für Ärzte und Patienten, aber in der Regel ist es das Wert. Sie bekommen eine zweite Chance. Und wir sind die Architekten dieser zweiten Chance. Es ist eine Win-Win-Situation, wenn es klappt.
Es gibt ein Sprichwort das man in Krankenhäusern häufig hört. Das lautet in etwa so: Schmerz ist vorprogrammiert, Leid nicht zwingend. Wahrscheinlich hat der Verfasser nie eine größere Operation durchgemacht. Oder vielleicht sind keine körperlichen Schmerzen gemeint. Vielleicht ist die andere Art gemeint. Die schlimmste Art. Vielleicht war der schneidende, stechende, brennende Schmerz gemeint. Der einem zeigt, dass man ein Versager und Scharlatan ist. Leid nicht zwingend. Dieser Mensch hatte keine Ahnung wovon er redet.
Als Chirurgen wollen wir Schmerzen beseitigen. Als Menschen versuchen wir sie wie die Pest zu meiden. Wenn wir Schmerzen nicht vermeiden können, versuchen wir sie zu verstehen. Mithilfe kleiner aufklärender Sprüche, wie diesem: Leid nicht zwingend oder die Zeit heilt alle Wunden. Mein Lieblingsspruch ist: Jeder Schmerz hat einen tieferen Sinn. Gott, ich hoffe der stimmt.
Ich verrate ihnen ein Geheimnis. Ärzte sind keine Götter. Wir lassen sie in dem Glauben wir hätten alle Antworten. Sie müssen und vertrauen wenn wir sie aufschneiden und in ihrem Inneren rumstochern, also ist es hilfreich, wenn sie glauben wir wären allwissend. Es ist hilfreich, wenn sie nicht wissen, dass wir genau so ängstlich, unsicher und wütend sind wie sie. Sie lassen zu, dass wir mit einem Skalpell auf sie los gehen, daher ist es hilfreich, wenn sie nicht wissen, dass wir genau so sind wie sie. Wir sind Wracks.
Wie stellt man es also an? Wie rettet man leben, wenn das eigene aus den Fugen gerät? Nun ja, zuerst einmal operiert man nie ohne einen Assistenten. Man sieht sich den Fall an. Man versammelt das Team und akzeptiert, dass man da nicht alleine durch muss.
Amelia Shepherd
Es gibt rund hundert Milliarden Neuronen im Gehirn, die ständig Verbindungen eingehen. Es hat uns bei Mathe geholfen, an die Schlüssel erinnert, die Stimme unseres Vaters gespeichert, es arbeitet ohne Unterlass sehr hart. Ein defektes Gehirn erfolgreich zu operieren ist eine schwierige Aufgabe und es gibt keinen Spielraum für Fehler. Wenn man operiert werden muss, hat man Angst nicht wieder aufzuwachen. Aber bei einer Hirn-OP hat man Angst aufzuwachen, aber dann nicht mehr bei klaren Verstand zu sein.
Der Ärger bei Missverständnissen ist, dass man nicht weiß, was passiert ist, bis es zu spät ist. Man muss sorgsam mit seinen Beziehungen umgehen. Sie benötigen Zeit, Zuwendung und Aufmerksamkeit. Sie erfordern Wachsamkeit und Zielstrebigkeit. Wir verbinden wieder, was wir können, so vorsichtig, wie nur möglich. Und dann muss man nur noch inständig hoffen, dass man es richtig gemacht hat.
Owen Hunt
Als Chirurg verlässt man sich auf Zyklen. Herzschläge. Zellregeneration. Zirkadiane Rhythmen. Wenn ein Zyklus unterbrochen wird, weiß man, dass etwas nicht stimmt. Unsere Aufgabe ist es, ihn wieder im Gang zu bringen. Damit die Maschine wieder zum Laufen kommt. So eine Unterbrechung kann aber auch nützlich sein. Wie ein Warnschuss.
Wenn man von einen Zyklus abhängig wird, dann ist der Gedanke ihn zu durchbrechen, beängstigend. Selbst wenn der Zyklus einen schadet. Aber manchmal wenn man den Zyklus durchbricht, findet man etwas Besseres. Womit man nicht gerechnet hat. Etwas, was man nie zum Träumen gewagt hatte. Man findet Freiheit. Man findet Frieden.
Superhelden, Soldaten, Ersthelfer. Die fallen einen ein, wenn man nach Heldenmut nachdenkt. Chirurgen sollten auch auf die Liste stehen. Ärzte tragen weder Umhang noch Rüstung. Wir sind unbewaffnet und keiner veranstaltet eine Parade für uns. Aber wir kämpfen wie Helden um Leben zu retten. Und wir halten ein Messer in der Hand, wohlwissend dass wir auch ein Leben beenden können.
Bei Heldenmut geht es nicht immer darum, ins Feuer zu rennen. Manchmal geht es darum, sich der Vergangenheit zu stellen. Und an den schlimmsten Tagen der Zukunft ins Auge zu sehen.
Chirurgen sind als Wissenschaftler so ausgebildet, nur dass zu glauben was sie sehen und anfassen können, aber diese Regel wird nicht immer befolgt.
Wissenschaftler oder nicht. Wenn man lange genug dabei ist, wird man die Geheimnisse des Lebens irgendwann zu Kenntnis nehmen. Man ist gezwungen zuzugeben, dass gewisse Arten von Magie existieren und dass Geschichten und Erinnerungen und die Geister unserer Vergangenheit manchmal genauso greifbar sind wie alles andere, was wir in den Händen halten können.
Es gibt Katastrophen, die kann man nicht vorhersehen, Ganz gleich wie vorrausschauend man plant. Eine kleine Überraschung kann alles verändern. In der Chirurgie nennt man es eine Komplikation. Im Leben ist es eine Katastrophe.
Im OP nennt man es eine Komplikation. Eine Störung, eine Panne, eine böse Überraschung. Es erfordert extreme Maßnahmen. Man muss schnell reagieren. Versuchen gleich zu ziehen. Denn es kam wie aus dem Nichts und es kann einen alles nehmen.
Es gibt Augenblicke im OP da geht alles schief. Und egal, wie viel man erlebt hat, wie erfahren man ist, wie viel Hilfe man hat, darauf kann dich nichts vorbereiten. Doch man muss weitermachen, sonst stirbt der Patient. Das Problem ist, in solchen Augenblicken erstarrt man. Rein instinktiv.
Also was macht an, wenn der Instinkt einen rät zu erstarren? Wenn man nicht die richtige Antwort weiß? In solchen Augenblicken soll man ruhig den Instinkt vertrauen und innezuhalten, denn Entscheidungen, die in der Hitze des Gefechts getroffen hat, können viele Leben zerstören.
April Kepner
Im Laufe eines Tages erhielt Hiob vier Botschaften unteranderem mit der Nachricht, dass sein ganzes Vieh, seine Knechte, seine Mägde und zehn Kinder gestorben waren. Dennoch blieb Hiob ein treuer Diener Gottes und pries ihn. Er blieb fest im Glauben. Hiobs Glaube wurde geprüft und er bestand die Prüfung. Als Belohnung als seine Treue gab Gott doppelt so viel, wie er vorher hatte.
"Eloi, Eloi, lama sabachthani?" Das sagte Jesus am Kreuz, bevor er starb. "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Hiob stellte sich diese Frage auch. Aber er behielt seinen Glauben. Und was bekam er dafür? Ersatzkinder. PTBS. War es das wert, ein treuer Diener gewesen zu sein? Oder wäre es besser gewesen, Gottes Namen von Anfang an zu verfluchen? Wo war Gott als Hiob Leid und Schmerzen ertragen musste? Gott gewann eine Wette gegen Satan. Man fragt sich, wo Gott bei all der Ungerechtigkeit und Grausamkeit in der Welt eigentlich ist. Wo ist er jetzt?
Miranda Bailey
Auf dem Sterbebett wünscht sich niemand, dass er mehr gearbeitet hätte. Diese Binsenweisheit geben Leute von sich, wenn sie glauben, zu viel Geld für den Urlaub auszugeben oder Eltern anprangern, die das Fußballspiel ihres Kindes wegen einer Vorstandssitzung sausen lassen. Auf dem Sterbebett wünscht sich niemand, dass er mehr gearbeitet hätte. Erzählen Sie das mal denen, die ihre Arbeit lieben.
Ganz gleich, ob man sein Leben in einer Vorstandsetage, in seinem Schlafzimmer oder mit einem Mai Tai auf Maui verbringt. Wenn man irgendwann auf sein Leben zurück blickt, zählt nur eins: Hat man es mit Dingen verbracht, die man liebt? Mit den Menschen, die man liebt? War man glücklich? Hat man das Beste aus seinem wunderschönen, angsteinflößendem, vertracktem Leben gemacht? Hat man alles abgestreift, was einen behindert? Um sich dem zu widmen, was am meisten zählt?
Wir alle haben schon mal den Spruch gehört: Genie ist 1 Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration. Thomas Edison hatte gut reden. Er sprudelte nur so vor Ideen.
Inspiration ist keine unerreichbare Hexenkunst. Inspiration ist eine Saat. Die Saat entwickelt sich zur Vision, die Version verfolgt ein Ziel und das Ziel wird hoffentlich von Erfolg gekrönt. Ich sagte: Hoffentlich!
Die längste aktenkundige Operation dauerte vier Tage lang. Ein Team von Chirurgen wechselte sich immer wieder ab. Manch einer hielt 18 Stunden non stop ein Skalpell in der Hand. Versuchen Sie mal, etwas 18 Stunden lang in der Hand zu halten. Stellen Sie sich vor, davon hängt Menschenleben ab.
Wenn man zu lange in einer Position verharrt, passen sich die Muskeln dieser Position an. Das gilt sowohl fürs Herz, für den Geist und auch die Hand. Da man weiß, welche Schmerzen auf einen zukommen, ignoriert man es lieber weiter.
Für Chirurgen ist jeder Tag ein wichtiger Tag. Wir sind geschult, wir haben Erfahrung, wir kennen die Regeln.
Gerade wenn man glaubt, man hätte die Regeln im Griff, kommt etwas dazwischen, das das Spiel komplett auf den Kopf stellt.
Ein gesundes Herz schlägt durchschnittlich 115.000 mal am Tag. Bei Aufregung kann sich die Herzfrequenz verdoppeln. Das Herz pumpt täglich rund um die Uhr 7570 Liter durch den Körper. Es macht nie Pause. Das Herz ist der am schwersten arbeitende Muskel im Körper, aber wenn es beschädigt ist, verhält es sich wie Haut. Es vernarbt. Narbengewebe schwächt das Herz, was gefährliche Folgen haben kann. Letztendlich hört ein Herz voller Narben auf zu funktionieren.
Vernarbte Herzen heilen nicht, aber mit der Zeit können Narben sich verändern. Sie können geschmeidiger werden, weicher und manche können sogar verblassen.
Die ersten Chirurgen sezierten am lebendigen Körper. Wenn sie einen Körper öffneten, hatten sie nicht die Absicht, ihn wieder zu verschließen. Sie wollten nur wissen, wie es im Inneren aussieht. Sie entdeckten dort eine Welt voller Möglichkeiten. Die Möglichkeit zu heilen, den Schaden rückgängig zu machen, die Zeit zurückzudrehen.
Wenn alles, worauf wir gezählt haben verschwunden ist, treibt uns immer noch etwas an, die Vergangenheit in Ordnung bringen zu wollen oder unsere Zukunft zu finden. Aber dabei ist das Einzige, was wirklich unsere Aufmerksamkeit braucht, die Gegenwart und ihre unendlichen Möglichkeiten.
April Kepner
24 Stunden, 1440 Minuten, 86.400 Sekunden! Diese Zeit reicht, damit der Zustand eines Patienten von krank in gesund umschlägt oder von hoffnungsvoll in fatal. 1 Tag kann dich von einem Extrem ins andere katapultieren, dein ganzes Leben mit einem Herzschlag oder Atemzug ändern. Darum sehen einen Ärzte mit Argusaugen an, behalten einen zur Beobachtung dar. Deswegen verhalten wir uns so, als würde jede Bewegung, jeder Ton, jeder Input und Output, Leben oder Tod bedeuten, weil es so ist.
24 Stunden, 1440 Minuten, 86.400 Sekunden! Diese Zeit reicht aus, um dein Leben zu retten, dein Leben zu verändern. Ein einziger Tag kann einen aus tiefster Verzweiflung holen. Ein einziger Tag kann uns mehr Möglichkeiten aufzeigen, als wir uns vorstellen können.
Das Leben schuldet uns nicht das Geringste. So ist es nun mal. Wie ein Fluss fließt es vor sich hin. Man kann versuchen gegen die Strömung anzukämpfen oder man lernt mit ihr umzugehen. Als Chirurgen geben wir uns einem schier endlosen Kampf gegen die Strömung hin.
Wir kämpfen jeden Tag rund um die Uhr gegen die Strömung an. Manchmal verlieren wir, manchmal gewinnen wir. Manchmal treibt uns die Strömung genau dorthin, wo wir hin mussten und manchmal schleudert sie uns gegen Felsen.
Wenn man klein ist und seinen Eltern erzählt, dass man Arzt werden möchte, sind sie begeistert. Man spielt Doktor mit seinen Kuscheltieren und träumt. Aus den Träumen werden Pläne. Vorbereitungskurse, Medizinstudium, Assistenzarztzeit, Fachzeitausbildung. Es dauert fast 15 Jahre sich darauf vorzubereiten Chirurg zu sein. Aber egal wie sehr man sich vorbereitet, 15 Jahre reichen nicht.
Als Kinder schreiben wir unsere Träume in Tagebücher. Als Erwachsene registrieren wir oft solange nicht, dass ein kleiner Teil unserer Träume wahr wird, bevor es zu spät ist. Man sollte es jetzt viel mehr genießen. Man sollte es tief in sich hineinsaugen, denn manchmal verflüchtigen sich die wunderschönen Träume, wenn die Sonne aufgeht.
Adrenalin ist die Reaktion des Körpers auf Stresssituationen. Es ist eine von vielen lebenswichtigen biochemischen Verbindungen, die unsere Körper produzieren und die unseren Bewusstseinszustand verändern. Durch Oxytocin fühlen wir uns mit anderen verbunden. Dopamin macht uns wachsamer und lässt uns auf eine Belohnung hoffen. Serotoninmangel wird mit Depressionen in Verbindung gebracht. Der Neurotransmitter, GABA, wirkt beruhigend und entspannend und reduziert Angst. Endorphine rufen ein erhöhten Glückszustand wieder. So wie man sich fühlt, wenn man einen Sieg erringt.
Chirurgen können von veränderten Bewusstseinszuständen profitieren, aber nur, wenn sie auf natürliche Weg erreicht werden. Tiefschläge spornen uns nur an. Das Hochgefühl, wenn man ein Leben gerettet hat, ist die Belohnung für eine gute Arbeit. Dann gibt es Zeiten, in denen sich unser Bewusstheitszustand verändert und dies nichts mit der Gehirnchemie zu tun hat. Neue Chancen eröffnen uns ganz tolle Möglichkeiten. Neue Informationen und ein neuer Blickwinkel können dauerhaft unser Bewusstsein verändern, und dann wir die Art und Weise, wie wir die Welt sehen, niemals mehr dieselbe sein.
Als behandelter Chirurg im ersten Jahr wird einem gesagt: Machen Sie kleine Schritte, reißen Sie sich um die einfachen Fälle, die sicheren Erfolge. Es bringt nichts sich zum Idiot zu machen. Leichte erfolge sich einzuheimsen. Man kann schlechte Ergebnisse während der gesamten Laufbahn vermeiden, aber man kann es versuchen.
Wir definieren uns nach unseren Taten. Wir müssen aber nicht nach der Definition leben. Wir können unsere eigene Geschichte ändern. Wir können wie verrückt daran arbeiten, einen schlechten Ruf loszuwerden. Was nicht heißt ob es gelingt. Es ist schwer die Fehler aus der Vergangenheit abzuschütteln. Irgendwann holen Sie einen immer wieder ein. Aber eins machen wir nicht, wir hören nicht auf, wir geben nicht auf. Wir erheben uns und nehmen den Kampf auf.
Vor einer OP stellen wir den Patienten eine ganze Reihe Fragen. Haben Sie eine Arbeitsstelle? Haben Sie jemanden, der sie unterstützt? Wir untersuchen sie auf psychische Erkrankung, die Angst, Depression, Warnvorstellung. Wir müssen sichergehen, dass sie bei klaren Verstand sind. Was sie wissen, was sie erwartet. Wenn Patienten auf psychische Erkrankungen untersucht werden, warum denn nicht auch Chirurgen? Darum sollte sich mal jemand kümmern.
Die Psyche ist nicht durch einer OP zu behandeln. Ein Blutbild machen und die Vitalwerte reichen nicht. Bei der Psyche ist Besserung schwerer messbar. Wenn etwas nicht stimmt, müssen wir handeln. Es gibt viel Ungewissheit. Es gibt viel Angst. Was für den einen ganz leicht ist, kostet den anderen kaum vorstellbar innere Stärke. Aber wir müssen es versuchen. Wir müssen unseren Dämonen entgegentreten. Wir müssen uns der Wahrheit stellen, wann immer es geht, und um Hilfe bitten, wenn wir es nicht können. Wenn wir all das machen, ist eine Heilung möglich.
In der Chirurgie versuchen wir unsere Nähte so präzise wie möglich zu setzen. Wir versuchen Narben klein zu halten, um die vollständige Funktion zurückzugeben und versuchen keine Spur der Verletzung zurück zu lassen.
Wenn man in Japan eine Keramik kaputt geht, füllen manche Töpfer die Risse mit Gold. Töpfer sehen Reparaturarbeiten als etwas Schönes an. Sie wissen das das Unerwartete passiert. Veränderung sind Unausweichlich. Sie wissen das kaum einer ohne Blessuren durchs Leben geht. Aber das muss uns nicht schwächen. Die Risse sind Teil unser Geschichte. Sie werden uns immer begleiten. Sie haben uns voran gebracht. Haben uns stärker gemacht. Sie haben uns definiert.
Laut einer neueren Studie ist Heiraten förderlich für die Gesundheit. Verheiratete leben länger, haben weniger Schlaganfälle und weniger Herzinfarkte als Singles. Wissenschaft hin oder her, ich finde diese Studie unglaublich irritierend.
Gott sei Dank gibt es Studien, die die Wahrheit über die Gesundheit durchs Heiraten herausgefunden haben. Dort heißt es, dass die Vorteile rein gar nichts mit Heiraten zu tun haben. Diese Studien haben ergeben, dass es das schlimmste für die Gesundheit und für die Kinder ist, in einer unglücklichen Ehe zu bleiben. Eine bessere Gesundheit ist die unmittelbare Folge von gesunden Beziehungen. Man braucht keinen Ehepartner. Man braucht nur jemanden, dem man vertrauen kann, mit dem man reden kann. Man braucht jemanden, mit dem man seine Siege feiern und seine Verluste betrauern kann. Man braucht jemanden, der einem vergeben kann. Man braucht jemanden, der ungefragt für einen da ist. Jemanden, der einen bei allen unerwarteten Wendungen des Lebens zur Seite steht.
Staffel 15[]
Wunder und andere Begehrlichkeiten
Es gibt ein Areal der Großhirnrinde, das sich tief eingebettet unter und zwischen dem Temporal- und Frontallappen befindet. Es wird Insula genannt. Dort entstehen Sehnsüchte. Die Insula ist nur etwa erbsengroß, aber was sie in unserem Körper auslöst und infolgedessen in unserem Leben, kann gewaltig sein.
Wir möchten uns vorstellen, dass wir die Kontrolle haben. Aber öfter als wir glauben, haben die Chemikalien in unserem Gehirn Kontrolle über uns. Die Insula leuchtet auf und wir sehen uns genötigt, unser Leben zu verändern. Genötigt durch Sehnsucht, genötigt durch Begehren, genötigt durch ein Verlangen nach mehr.
So wie wir Nahrung und Wasser brauchen, brauchen wir auch andere Menschen. Eine Hirnstudie hat gezeigt, dass wenn jemand in eine MRT-Röhre geschoben wird, sein Belohnungszentrum aufleuchtet, wenn noch eine andere Person im Raum ist. Die Neuronen schießen, wenn wir mit jemandem reden oder an jemanden denken. Sie spielen verrückt, wenn wir mit jemanden Händchen halten. Unsere Gehirne und Körper sind darauf programmiert, einander zu suchen und sich zu verbinden. Warum ziehen es dann so viele Menschen vor, allein zu sein?
Warum ergreifen wir so oft die Flucht, sobald wir die kleinste Verbundenheit spüren? Warum ist es wie ein Zwang sich gegen das zu wehren, das einem angeboren ist? Vielleicht deshalb, weil wenn wir jemanden finden, an dem wir uns festhalten können, einem alles so federleicht vorkommt und wir Angst haben denjenigen wieder zu verlieren. Man kann sich sehr gut ans Alleinsein gewöhnen, aber vieles ist schöner, wenn man es mit jemanden teilt.
In den Anfangstagen der Medizin, haben die Chirurgie Studenten ihre Sägetechnik an Ästen perfektioniert. Der Grund: Beim Anblick eines freiliegenden Knochens bei einer Amputation schreckt man instinktiv zurück statt los zu sägen. Man musste die Studenten dazu bringen, nicht immer auf dem Instinkt zu hören. Ein Großteil unserer Ausbildung dient dem Eindämmern von Instinkten. Wir entwickeln neue Gewohnheiten. Nicht vor Patienten auf schlechte Nachrichten reagieren. In ungewissen Situation keine Angst zeigen. Wenn du einen freiliegenden Knochen vor dir hast. Dann säge! Die Kunst besteht darin, menschlich zu bleiben, wenn wir unseren Bauchgefühle und vertrackten Instinkte eingedämpft haben.
Also, was macht man, wenn es kein Fahrplan vorliegt? Sollen wir uns dann auf unser Bauchgefühl hören? Es ist nicht das Schlechteste, wenn der Instinkt alles ist, was wir haben. Es kann uns an wunderbare Orte führen. Orte, voller Freude. Und es kann auch einen wichtigen Zweck dienen. Unser Bauchgefühl ist in der Regel, dass was uns warnt, wenn sich Ärger anbahnt.
Als ich klein war, habe ich meine Mutter gefragt, wie bringt man Leuten schlechte Nachrichten bei. Du erzählt ihnen die Wahrheit, meinte sie. Aber du erzählst ihnen die beste Version der Wahrheit, die dir einfällt. Sie hat mir allerdings nie gesagt, dass ich eine kleine Schwester habe. Also ist das mit Vorsicht zu genießen.
Meine Mutter sagte: "Sag die Wahrheit. Erzähl die beste Version der Wahrheit. Denn irgendwann kommt die Wahrheit ans Licht. Was man mit der Wahrheit nicht machen kann, ist, sich vor ihr zu verstecken. Denn die Wahrheit wird dich suchen, bis sie dich gefunden hat.
Wir sind jeden Tag von Menschen umgeben, die uns fragen wie es uns geht. Aber wenn wir Chirurgen sie fragen, wie es ihnen geht, sind wir ernsthaft an der Antwort interessiert. Ihre Antwort auf "Wie geht es ihnen?" beschreibt uns wie gut oder wie schlecht wir uns um sie gekümmert hast. Leider gestaltet sich das Kümmern außerhalb der Medizin etwas komplizierter.
Chirurgen sind darin geschult, andere medizinisch zu versorgen. Einige Biologen glauben es liegt in der menschlichen Natur, zu helfen zu wollen. Wissenschaftler glauben, dass wir sind darauf programmiert, Mitgefühl zu haben. Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum unsere Spezies so lange existiert. Wir haben einen angeborenen Instinkt, einander gegenseitig zu unterstützen. Man kann sich nur bis zu einen bestimmte Grad um sich selbst kümmern. Denn seien wir ehrlich: Manche Probleme sind zu groß, um sie allein zu bewältigen.
Der Dichter Octavio Paz schrieb einmal: Der Mexikaner ist mit dem Tod vertraut. Er scherzt über ihn, liebkostet ihn, schläft mit ihm, feiert ihm. Ich kann das verstehen. Aber im Krankenhaus wird der Tod nicht gefeiert. Er wird um jeden Preis vermieden und wenn er eintritt, ist der Ablauf klinisch, beinahe Routine. Aber trotz aller Erfahrung werden auch Chirurgen vom Tod überrascht. Besonders, wenn es jemanden trifft, den wir lieben.
Egal welche Religion, welchem Land, welcher Kultur man angehört. Der Tod bedeutet für uns alle etwas anderes. Wir alle haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie wir die Toten ehren. Jeder trauert auf seine Weise. Jeder blickt nach seiner Weise nach vorne. Ich bin vielleicht keine Expertin, aber ich habe einige Erfahrungen darin, Menschen zu verlieren, die ich liebe. Einst kann ich ihnen sagen, wie man richtig trauert, bestimmt jeder selbst.
Richard Webber
Wissenschaftler verschlingen Wissen und Daten, beim Versuch, die Welt zu verstehen. Um Selbstvertrauen oder Klarheit zu gewinnen. Um vorbereitet zu sein. Chirurgen sind die Schlimmsten von allen. Wir studieren Jahrzehnte lang und befassen uns mit dem Worst-Case Szenarien. Wir vernachlässigen den Schlaf, Freunde, Essen, Sex und das wahre Leben, um auf alles vorbereitet zu sein. Damit zu wissen, womit wir es zu tun haben und das es nichts gibt, was wir nicht in den Griff kriegen.
Das Problem mit all den Ratgebern und Schritt-für-Schritt-Anleitungen ist, dass sie die Ausnahmen von den Regeln nicht berücksichtigen. Sie lassen nie Platz für die Ausreißer, die Genies, die Wunder. Bücher sind nur schwarz und weiß. Im wahren Leben ist alles ein verschwommener Grauton. Nichts kann uns also wirklich auf die wunderschönen und schmerzhaften Dinge vorbereiten, die wir nie für möglich gehalten hätten. Oder auf die Augenblicke, die keiner hat kommen sehen.
Wenn wir verletzt sind, sorgt der Körper dafür, dass die Blutung schnell aufhört und die Wunde Bluttropf verschlossen wird. Es ist das Überprüfungs- und Ausgleichsystem unseres Körpers. Es ist ein System, was uns das Leben retten soll. Hoffen wir zumindest.
Manchmal funktionieren unsere Körpersignale nicht richtig und unser Sicherheitssystem spielt verrückt. Anstatt Bluttropfen zu bilden, zerstört sie unser Körper. Und das, was uns helfen eigentlich sollte, schadet uns nur. Es bedeuten wir anfangen an zu bluten und alles bricht zusammen.
Wir brauchen einen Ort an denen wir uns sicher fühlen. Wo wir uns gebogen und beschützt fühlen. Für die meisten Menschen ist es ihr Zuhause. Für die meisten Chirurgen ist es das Krankenhaus. Im Krankenhaus werden wir selten überrumpelt und wir sind immer irgendwie beschäftigt. Wir wissen immer, was zu tun ist. Es ist für uns ein trautes Heim.
Wenn es stürmt, dann suchen wir Schutz. Aber manchmal finden wir keinen. Manchmal sind wir den Wind ausgeliefert und müssen die Situation akzeptieren. Wenn wir uns dem Sturm stellen, egal wie beängstigend ist, egal wie viel Macht er über uns hat, wenn wir uns ihm stellen, erkennen wir, dass wir selbst unsere Zuflucht sind. Dass wir überleben werden. Wenn er vorbei ist, erkennen wir, dass wir gestärkt aus ihn hervorgehen.
Laut Voltaire fand, die Kunst der Medizin besteht darin, die Kranken solange bei Stimmung bis die Natur die Krankheit geheilt hat. Das hieße Chirurgen laut einem der größten französischen Philosophen keine wirklichen Helfer, sondern eher Zirkus-Clowns, Aber Hilfe gibt es in vielerlei Gestalt. Irgendwas sagt mir das Voltaire niemals eine Aorta gehalten hat, während die gesamte Blutmenge eines Patienten zwischen den Fingern pulsiert hat.
Hilfe kommt in vielerlei Gestalt. Als Niere. Als freundliche Geste. Als Freund, der einem den Weg weist. Und trotzdem, wollen wir es viel zu oft unbedingt allein schaffen. Wir haben Angst Schwach zu wirken, weil wir nicht taff genug sind. Tatsächlich konnten wir alle ganz gut alleine durchs Leben marschieren. Aber meistens ist das Leben schöner, wenn man Gesellschaft hat.
Schlacht. Kampf. Gewinnen. Verlieren. Diese Begriffe benutzen wir, wenn bei jemanden eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde. Wir benutzen Militärbegriffe um zu implizieren, dass es ein fairer Kampf ist. Aber wenn es um Leben und Tod geht, wie sieht denn gewinnen wirklich aus? Diejenigen die sterben Verlierer, obwohl sie das Ergebnis nicht beeinflussen können?
Wenn es um Medizin geht, wer kann da schon sagen, ob es um Gewinnen oder Verlieren geht? Es liegt genauso viel Wert wie es Wiederversuchen und Loslassen. Loslassen von Leiden, Reue, Schmerz und Angst. Anstatt zu sagen, dass jemand, den wir lieben, ringt, wehrt sich, kämpft, gewinnt oder verliert, könnten wir einfach die Wahrheit? Wir werden krank. Wir lassen uns behandeln. Mancher überlebt, ein anderer stirbt.
Zeit ist etwas seltsames. Wenn man darauf wartet, dass etwas Gutes passiert, kommt es einen vor als würde es sie in die Länge ziehen. Aber wenn man sich wünscht, dass sie langsamer vergeht, rast sie sich im Hand umdrehen davon. Das Seltsame ist, Zeit ist nicht real. Sie ist ein Konzept, was sich Wissenschaftler auf der Grundlage des unvollkommenes Kreisens der Erde um die Sonne ausgedacht haben. Warum liegen wir so viel Bedeutung in etwas, was nur eine Theorie ist? Weil sie alles ist, was sie haben.
Die Zeit reicht nie. Arbeit. Kinder. Leben. Tod. Irgendetwas verkürzt immer unsere Zeit. Also ist es ratsam, die Zeit, die wir haben, so gut wie möglich zu nutzen. Oder Versäumtes nachzuholen. Aber manchmal, wenn man großes Glück hat, steht die Zeit still.
Es gibt eine unsichtbare Linie im OP. Man wäscht sich, zieht Kittel und Handschuhe an und nährt sich den sterilen Bereich. Sie ist eine wichtige Grenze. Sie schützt den Patienten und die Ärzte. Ohne diese Linie kann es so ziemlich alles schief gehen. Seltsam das etwas so wichtiges komplett unsichtbar ist.
Es gibt einen Grund, warum das erste Wort so vieler Babys "Nein" ist. Es ist das Wort, was sie am häufigsten hören. Vom Moment von unser Geburt an, wollen wir Grenzen überschreiten. Grenzen sprengen. Testen wie weit wir gehen können. Wenn wir Erwachsen sind begreifen wir, dass nicht alle Regeln schlecht sind. Einige Grenzen beschützen uns. Einige Abgrenzungen sorgen für unsere Sicherheit. Das Schöne am Erwachsensein ist, dass wir selbst entscheiden können. Wir können diese Regeln ignorieren oder wir stellen unsere eigenen auf.
Pharmaka werden dafür gemacht, die natürlichen Hirnchemikalien zu imitieren, die dafür sorgen, dass man sich gut fühlt., besser fühlt. Unbesiegbar fühlt. Sie werden in Labor hergestellt und landen in Schmerzmitteln, die dir das Hoch verschaffen, dass dein Körper immer auf natürliche Weise entwickelt, wenn du etwas tust, was du liebst.
Man bezeichnet es zum guten Grund als Hoch. Denn der Absturz danach, ist wirklich tief. Die chemische Version sind die Folgen nicht wert. Aber der Dopaminrausch nach einer gelungenen Arbeit, gibt es gratis. Das gehört mit zu den besten Dingen des Lebens.
1967 führten Chirurgen in Südafrika die erste Herztransplantation durch. Im Jahr darauf waren es 100 Herztransplantationen weltweit. Allerdings starben die meisten Menschen nach ein paar Tagen. Im Jahr danach sanken die Transplantationen auf 18. Anscheinend hatten die Menschen schon etwas zu früh gefeiert.
Chirurgen feiern nur ungern. Selbst bei Erfolg überlegen wir, was hätte besser laufen können. Manche dieser Augenblicke sind wichtiger als andere. Diese Augenblicke sollte man nicht verpassen. Glauben sie mir wenn ich sage: die schlechten Augenblicke finden ganz allein den Weg zu ihnen.
Alle Krankheiten haben eine genetische Komponente. Natürlich kann man den Genen nicht alles in den Schuhen schieben. Bei der Diagnose einer Krankheit müssen die Ärzte andere Faktoren berücksichtigen. Das Umfeld, der Lebensstil. Einige genetische Eigenschaften kann man ärgerlicherweise nicht verändern. Danke, Mom.
Blut ist dicker als Wasser. Das bedeutet, die Familie in die hineingeboren wirst, ist wichtiger als alles andere. Richtig? Falsch. Das ursprüngliche Sprichwort lautet ein bisschen anders. Es heißt eigentlich: Das Blut eines Bundes ist dicker als das Wasser der Fruchtblase. Mit anderen Worten: Das auf dem sprichwörtlichen Schlachtfeld vergossene Blut verbindet mehr als simple Genetik. Und ja, die DNS ist wichtig, wenn es um medizinische Vorgeschichte geht. Aber ich bin Ärztin und ich sage Familie ist Familie. Mir ist egal, wessen Blut in dir fließt.
Als ich in der 2. Klasse war, konnte Missy ihre Beine hinter dem Kopf verschränken. Es sah aus wie eine Brezel. Eines Tages ist ihr Bein irgendwie rausgesprungen und hing dann einfach so hinter ihr. Meine Mutter sagte: Hör auf zu heulen! Es ist nur eine vordere Hüftluxation. Dann sagte sie etwas, was ich nie vergessen habe. Nur weil du etwas kannst, musst du es noch lange nicht tun.
Nur weil du etwas kannst, musst du es noch lange nicht tun. So etwas rät einer Mutter einen Kind. Aber meine Mutter würde sofort zu geben, dass sie sich nie daran gehalten hat. Das hat ihr eine Menge Ärger eingebracht. Allerdings auch einige Preise. So werden Rekorde gebrochen. Monde betreten. Krankheiten geheilt von Menschen, die gewillt sind es zu versuchen. Wir bezeichnen solche Menschen als Vorkämpfer, furchtlos, genial. Aber auch als rücksichtslos, gedankenlos, gefährlich. Schwer zu sagen, was davon in uns steckt. Es ist schwer zu sagen, ob das was wir tun einfach nur verrückt ist oder ob es alles verändern wird.
Die Anästhesiologie ist viel herausfordernder als man glaubt, weil es hauptsächlich Mathematik geht. Gewicht des Patienten, geschätztes Blutvolumen, Lungenfunktion. Alle diese variablen müssen mit einbezogen werden. Man muss es gründlich berechnen, um ein Menschen in der Schwäbe zwischen Leben und Tod zu halten. Wenn einer der variablen falsch ist, könnte man mitten in einer OP aufwachen oder man wacht gar nicht mehr auf.
Wären die Variablen im Leben doch nur eindeutig wie die Regeln in der Mathematik. Gäbe es denn nur klare Antworten. Gewissheit, Klarheit, falsch oder richtig. Aber man kann nur, so viele Unbekannte wie möglich zu eliminieren. Dann entscheidet man sich für eine Antwort und hofft. Hofft, dass es die ist, mit welche man unter dem Strich leben kann.
Wenn wir eine Giftschlange begegnen, erstarren wir. Wenn wir Rauch riechen, laufen wir weg. Wenn uns Gefahr droht, agiert die Angst. Wir reagieren nur noch und suchen verzweifelt nach Sicherheit. Es ist biologisch bedingt. Es ist ein Urinstinkt. Als für jemanden der ein Trauma erlitten hat, schüren alltägliche Dinge die Angst. Ein Lied in einem Cafe. Der Geruch eines Putzmittel. Scheinbar zufällige gewöhnliche Dinge, die deinen Körper und Gehirn davon überzeugen, dass du Gefahr bist und es keine Ausrede gibt.
Zu oft wird ein Trauma nur in unseren Kopf "abgetan". Aber der Schmerz ist echt. Wir spüren ihn, in unseren Muskeln, unseren Zellen, unseren Herzen, unseren Köpfen. Auch wenn es kein Wundermittel dafür gibt, keine Pille, die ihn verschwindet lässt, wir können um Hilfe bitten. Wir können unsere Wahrheit erzählen, wann immer wir bereit dazu sind.
Wenn es möglich ist, bereiten wir unsere OPs tagelang vor. Wir analysieren, üben. Wir gehen alles wieder und wieder in Gedanken durch. Ein Patientenfall zu übernehmen ist einer Ehe nicht unähnlich. Wir lernen sie kennen. Innerlich und Äußerlich. Sie vertrauen uns ihr Leben an und wir versprechen sie zu beschützen und zu versorgen. In Krankheit und Gesundheit. In guten wie in schlechten Zeiten.
Es heißt in Krankheit und Gesundheit. Das klingt so endgültig, so verpflichtend. Aber das bedeutet nur, dass man da sein muss. Das man da sein will, was auch immer kommen mag. wir wissen es nicht. Es könnte alles so verlaufen, wie wir es wollen. Wie es sein sollte oder komplett anders.
Fast alle menschlichen Zellen reproduzieren sich in einen Zyklus. Bis zu 10% des Herz werden jedes Jahr ersetzt. Rote Blutkörperchen werden alle 4 Monate ersetzt. Hautzellen alle zwei Wochen. Aber Neuronen, die Zellen, die das Gehirn und das Rückenmark bilden, regenerieren sich nicht.
Man hat festgestellt, dass sich Neuronen unter günstigen Bedingungen doch erholen können. Wenn sie sich normalen Betrieb lösen und sich auf die Heilung konzentrieren können, ist es möglich, das sie nachwachsen. Es ist menschlich, Kaputtes reparieren zu wollen. Wir können vielleicht genau dass nachbilden, was wir verloren haben, aber an der Stelle wird etwas Neues wachsen. Es ist ein langer Prozess, aber es passiert. Langsam aber sicher. Bis wir haben, was wir brauchen.
Unser Herz schlägt im Durchschnitt 70 mal pro Minute. In der selben sechzig-sekündigen Periode, blinzeln wir zwischen 10 bis 15mal, schlucken einmal und holen bis zu 20 Mal Luft. Unsere Herzen schlagen, unser Lungen füllen sich mit Luft, unsere Körper halten uns am Leben. Die meisten von uns registrieren es kaum. Es ist für uns selbstverständlich.
So vieles in der Welt geht vor sich, ohne dass wir je darüber nachdenken. Wir erwarten, dass es sich zu unseren Gunsten entwickelt. Meistens tut es das auch. Wir machen uns Sorgen über die Zukunft und denken über die Vergangenheit nach. Dabei übersehen wir oft, was direkt vor uns liegt. Wir betrachten, was gut und einfach und was funktioniert als selbstverständlich ist bis es nicht mehr funktioniert. Nicht mehr gut und einfach ist. Das ist ganz normal. Vieles könnte einfacher sein, wenn man ein Blick für die kleinen Geschenke, die das Leben für uns bereitet hätten. Es liegt allein an uns, diese in vollen Zügen so genießen, solange wir können.
Wenn wir uns verlieben, produziert unser Körper eine Reihe von Chemikalien. Phenylethylamine ist eine natürliche Form von Amphetamin. Es versetzt uns in höchster Alarmbereitschaft. Pheromone, produziert von DHEA schaffen ein unglaubliches Gefühl des Wohlbefinden und der Geborgenheit. Oxytocin wird auch als Kuschelhormon bezeichnet. Es regt die Ausschüttung von Dopamin, Östrogen und LHRH an. Der Ausstoß von Wohlfühlhormonen und Neurotransmitter hängt nicht von guten oder schlechten Urteilsvermögen ab. Kein Wunder , warum man von wahnsinnig verliebt redet.
Wenn wir verliebt sind, schaltet der präfrontale Kortex, der uns vernünftig entscheiden lässt in den Schlafmodus. Und die Amygdala, die unseren Abwehrmechanismus bei Gewahr aktiviert, meldet sich krank. Dadurch werden wir verletzlich, aber auch risikobereit. Ohne unsere neurologischen Schutzvorrichtungen sind wir auf uns gestellt, dadurch begehen wir uns in gefährlichen und unerwartete Situationen, die wir sonst wohl weißlich umgehen würden.
Auch wenn der Patient auf dem Tisch zu sterben droht, muss der Chirurg um jeden Preis weitermachen. Toiletten sind undenkbar, wenn wir Liebeskummer haben ignorieren wir es. Wenn wir eine Fehlgeburt haben und unser Ehepartner gerade erschossen wurde. Naja sie wissen schon. Die Hoffnung diesen Patienten retten zu können, hilft uns durch die schlimmsten Augenblicke unseres Lebens.
Es nicht an Gelegenheiten mangeln, aufhören zu wollen. Aber man darf sich von dieser Angst oder Verzweiflung nicht aufhalten lassen. Auch dann nicht, wenn man sich ausgeliefert fühlt. Auch nicht, wenn es scheint, dass kein Ende in Sicht ist. Und auch nicht, wenn etwas schneller abläuft als man begreifen kann. Auch nicht, wenn man davon überzeugt ist, alles sei verloren.
Unüberwindbare Angst. Unerträgliche Schmerzen. Grausame Ungerechtigkeit. Als Chirurgen erleben wir das täglich. Unvorstellbare Diagnosen. Famillientragödien. Drohende Sterblichkeit. Wir stellen uns ihrer, während wir uns unsere eigener stellen. An manchen Tagen, wenn wir mittendrin sind und es hart auf hart kommt. Fühlen wir uns genauso wie sie.
Wenn der Weg nicht klar vor uns liegt, können wir uns nur Schritt für Schritt vor uns tasten. Wir können nur das nächst Beste tun und dann das Nächste. In der Dunkelheit, im Nebel, können wir uns lediglich vorantasten und darauf vertrauen, dass wir irgendwie auf der anderen Seite herausfinden.
Staffel 16[]
Die menschliche Organe haben völlig unterschiedliche Funktionen. Die Zellen die diese Organe bilden arbeiten unabhängig voneinander. Aber in einem gesunden Körper sind scheinbar unabhängige Zellen insgeheim auf das Funktionieren der anderen abhängig. Denn wenn ein System aufhört zu arbeiten, dann können die anderen nicht mehr lange funktionieren.
Genau wie Organsysteme voneinander abhängig sind zu überleben, sind es auch Menschen. Studien haben erwiesen, dass unsere Zufriedenheit und Gesundheit, nicht nur davon abhängt, dass unsere Beziehungen funktionieren, sondern dass sie aufblühen. Manchmal ist es am besten die Last gemeinsam zu tragen und so den Schmerz zu lindern und in dunklen Stunden einander Halt zu geben.
Wenn man krank wird, startet unser Körper eine koordinierte Verteidigung. Die Immunreaktion. Sobald ein Krankheitserreger erkannt wird, schwärmt ein Team aus Leukozyten, Proteine und Chemikalien aus, um ein Angriff zu starten. Diese Zellen holen die Eindringlinge ein, docken an und setzen sie außer Gefecht. Zumindest sollten sie das tun. Wie gut ein Körper zurückschlagen kann, hängt davon ab, womit man es zu tun hat und wie robust man ist.
Wenn wir mal krank oder verletzt waren, erinnern sich unsere Körper daran. Wir lernen aus der Vergangenheit, nutzen Hilfsmittel, um die Lage zu meistern. Je umfassender wir etwas durchmachen, desto besser können wir damit umgehen, wenn es nochmal passiert. Unsere Körper sind darauf gefasst, sich zu erholen. Zumindest glauben wir das. Manchmal bringt eine Unbekannte alles durcheinander.
Vor tausenden von Jahren in der Anfangszeit der Medizin, bezeichneten Ärzte die Heilung als eine Art von Wiedervereinigung. Wenn wir einen Patienten zu machen, gerissene Sehnen verknüpfen, eine Leber flicken, vereinen wir das Gewebe nur wieder. Wir stellen das wieder her, was vor einer Erkrankung da war. Idealerweise ist es eine glückliche Wiedervereinigung. Aber es wird heikel, wenn wir nicht die richtige Verbindung herstellen oder schlimmer noch, wenn wir zwei Dinge wiedervereinigen, die besser getrennt gewesen wären.
Wir geben alles, um die gesunden Zellen und das gesunde Gewebe wieder zu vereinen. Wenn wir unser Job richtig gemacht haben, gibt es noch eine Wiedervereinigung. Die der Patienten mit ihrer Familie, ihren Lieben, ihren Leben. Aber diese Wiedervereinigung können auch knifflich sein. Wenn man vor dem OP Probleme hatte, verschwinden sie nicht nach der Genesung wie von Zauberhand. Manches wird besser. Manch anderes könnte schlechter werden. Denn wenn man seine Deckung verlässt, ist es sehr wahrscheinlich, dass man einen gefährlcihen Weg beschreitet.
Wenn man im OP das Gefühl hat, man steuert auf eine Katastrophe zu, dann liegt es daran, dass es manchmal genauso ist. Ich hab mal eine laparoskopische Appendektomie durchgeführt. Reine Routine. Wie aus dem Nichts trat bei meinen Patienten eine Luftembolie auf. Kohlendioxid, was seinen Bauch fühlte. Endlich in seinen Blutkreislauf. Sein Blutdruck stützte ab, als die Luftblase zu seinen Herz wanderte und ein totales Chaos auslöste. Ich begann mit der Rea und versuchte zu verhindern, dass Blut in sein Gehirn fließt. Wir legten so schnell wir konnten einen ZVK, aber eher wie uns versahen, füllte sich seine Lunge mit Flüssigkeit. Meine Routine-Eingriff war nun ein Fall von Multiorganversagen. Ich konnte rein gar nichts tun, um es aufzuhalten.
Nach mehreren Transfusionen, einer Dialyse und dem schnellsten ZVK, den ich bis dahin gelegt hatte, kam mein Patient durch. Daraus habe ich etwas wichtiges gelernt: So etwas wie reine Routine gibt es nicht. Jedes Mal, wenn ich einen OP betrete, bin ich auf das Schlimmste gefasst. Es gibt keine Garantie gegen schlechte Ergebnisse, aber man kann es wappnen, damit man wenn der Himmel sich verdunkeln und der nächste Sturm aufzieht, hoffen kann, dass man nicht voll und ganz umgehauen wird.
Einige der weltbesten Trauma Spezialisten haben bewiesen, dass unsere Gehirne überlebte Traumata vielleicht vergessen, aber unser Körper vor allem die Nervensysteme alles akribisch auflisten. Erinnerungen werden in unseren Schultern, Wirbelsäulen, Mägen, Händen gespeichert ohne dass wir es mitbekommen. Wir nehmen an, dass Rückenschmerzen oder zittrige Hände etwas harmloses, zufälliges ist, aber es konnte mehr dahinter stecken. Vielleicht erinnern sich unsere Körper uns an das was wir erlitten haben und warnen uns davor es wieder geschehen zu lassen.
Ein Trauma kann keine Zeit lesen. Es kann nicht erkennen, ob wir acht oder 41 sind, ob unsere Kinder Windpocken haben oder wir die wichtigsten OPs unseres Lebens durchführen müssen. Wenn es sich an uns heranschleicht, denken wir vorschnell, dass wir wieder bei null stehen. Selbst wenn das Gehirn uns überzeugt, dass wir uns verlaufe haben, wird unser Körper sich immer daran erinnern, dass es einen Weg zurück gibt und uns auf dem Kampf vorbereiten, der vor uns liegt.
Forscher vermuten, dass unser Gehirn durch Alpträume versucht, beruhigende Ereignisse der Vergangenheit zu verarbeiten. Andere glauben durch Alpträume bereitet uns das Unterbewusstsein auf die Auseinandersetzung mit den Ängsten des alltägliches Lebens vor. So oder so beide Fraktionen sind sich einig, dass Alpträume häufig durch eins hervorgerufen werden: Stress.
Manchmal wird der schlimmste Alptraum wahr, aber stellt fest, man muss sich keine Sorgen machen. Manchmal entdeckt man, dass das woher man am meisten graut, eigentlich ein Segen ist und dass das Leben besser wird. Weil man seinen Ängsten aus Trotz durchgehalten hat. Aber manchmal ist der schlimmste Alptraum wirklich gruselig und es kommt einem vor als würde er nie enden, denn ist die Unterstützung von Freunden und der Familie überlebenswichtig. Man möchte sich mit Menschen umgeben, die einen aus den Alptraum aufwecken und einen helfen die wildesten Träume auszuleben.
Mit der Familie eines Patienten zu sprechen, ist ein Crashkurs in Sachen Mitgefühl unter Druck. Ein unbedachtes Wort. Eine achtlose Geste, kann irreparable Schäden verursachen. Idealerweise hat man es mit einer gesunden Familie zu tun, der es hauptsächlich um das Wohlergehen des geliebten Menschen geht. Aber das ist nicht oft der Fall. Aber ein Chirurg ist vor allem dazu verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Die ist oft unschön.
Mitgefühl unter Druck. Ein unbedachtes Wort. Eine achtlose Geste, kann irreparable Schäden verursachen. Also konzertiere dich auf die Fakten. Was ist passiert? Was war das Problem und was hast du getan? Mach nichts persönliches daraus. Beantworte Fragen direkt. Es ist nicht dein Verlust. Es ist nicht dein Schmerz. Lass es nicht um dich gehen. Wenn es keinen Hoffnungsschimmer gibt, erfinde keinen. Es nicht deine Aufgabe schlechte Nachrichten besser klingen zu lassen. Obwohl es auch dir weh tut. Obwohl du dich nicht wie ein Arzt fühlst. Bist einfach nur jemand der alleine ist und in der Dunkelheit versinkst.
Wenn Sie eine ärztliche Anordnung oder die Einwilligung zu einer OP unterschreiben, stellen wir Ihnen eine wichtige Frage: Im Falle einer Komplikation, die tödlich enden könnte, sollen wir dann besondere Maßnahmen ergreifen, um Ihr Leben zu verlängern? Wenn Ihr Herz aufhört zu schlagen, sollen wir dann mit einer Rea beginnen? Wollen Sie brutal mit 360 Joule Elektrizität vollgepumpt werden? Sind Sie einverstanden mit mehrfachen Adrenalin-Injektionen oder mit einem Zugang in Ihren Hals? Wie weit würden Sie gehen, um am Leben zu bleiben?
Außerordentliche Maßnahmen können einen Preis haben. Man lebt zwar noch, aber das Leben ist vielleicht nicht mehr so wie vorher. Die Bewegungen sind vielleicht eingeschränkt, Gefühle könnten weg sein, es kann lange dauern bis man sich davon erholt. Es ist aus gutem Grund eine schwierige Entscheidung. Man muss einfach entscheiden, ob es all das wert ist.
Es gibt etwas was Patienten noch öfter sagen, als: "Retten Sie mir das Leben", nämlich: "Ich will nach Hause". Es ist seltsam, so viel Zeit an einem Ort zu verbringen, die die meisten hassen. Aber in diesem Krankenhaus, bin ich großgeworden, habe ich meine schönsten Erinnerungen gesammelt. Es ist mein Zuhause, auch wenn es ein Kaputtes ist.
Der Begriff Zuhause kann die unterschiedlichsten Bedeutung haben. Manchmal ist Zuhause ein Mensch. Zuhause kann auch ein Gefühl sein. Psychiatern sagen für die für uns, die aus einen kaputten Elternhaus stammen, ist dieses Gefühl Chaos. Wir denken Familie bedeutet Drama. Kein Wunder dass viele die aus kaputten Elternhäusern stammen, die durch Schmerz und Zerstörung geradezu aufblühen.
Es geht auch anderen so. Ein schöner Gedanke, aber ziemlich nutzlos im OP. Je besser man als Chirurg, desto wahrscheinlicher ist es, dass einen kaum jemanden ersetzen kann. Ein gutes Ergebnis, ein Verlust. Alles lastet zu 100% auf den eigenen Schultern. Dieser Druck ist kaum auszuhalten. Ich hab erlebt, dass es auch den Stärksten umhauen kann.
Zu wissen, dass man allein im OP ist, kann einen zur Höchstleistung antreiben, aber diese Einstellung kann das Privatleben ruinieren. Deswegen sind in unserem Beruf sind Depressionen, Erschöpfung und Burnout so verbreitet. Aber wenn seinen Lebensunterhalt damit bestreitet muss, sollte man lernen, wann immer es möglich ist, sich auf Andere zu verlassen. Und zu zulassen, dass man nach einem Zusammenbruch von seinen Freunden wieder aufrichten lässt.
Fast die Hälfte unserer Bevölkerung geht nicht zum Arzt, obwohl es nötig wäre. Viele haben nicht die Möglichkeit, aber viele wollen es einfach nicht. Weil sie nicht wahr haben wollen, dass etwas nicht stimmen könnte.
Die meisten Patienten schieben es solange wie möglich hinaus sich der Wahrheit zu stellen. Und wir verstehen das. Wir machen es auch. Wir ignorieren die Dinge. Verkriechen uns. Gehen nicht ans Telefon. Wir blicken den Tatsachen auch nicht gern ins Auge. Aber wir länger wir uns verstecken, desto schlimmer kann es werden. Also sie sehen sich die Testergebnisse an. Führen sie das schwierige Gespräch. Sagen sie, was sie denken. Egal ob gut oder schlecht. Was sie entdecken, überrascht sie vielleicht. Zumindest wissen sie dann, womit sie es zu tun haben.
Der menschliche Körper ist ein schlechter Lügner, aber welches Geheimnis er auch hütet, irgendwann wird er es preisgeben. Lepra, Windpocken, Tuberkulose, HIV. Das können wir ohne körperlichen Symptome jahrelang in uns tragen. Wenn die Zeit gekommen ist, zeigen sich die Symptome. Die eigentliche Frage ist: Welche Geheimnisse verbirgt ihr Körper? Und sind sie bereit sie zu erfahren?
Wenn der Körper einmal seine Geheimnisse preisgibt, gibt es kein Zurück mehr. Das Gute ist, ist die Wahrheit erstmal raus, weiß man wobei es zu tun hat. Schlecht daran ist, es könnte bereits zu spät sein, um etwas dagegen unternehmen zu können. An dem Punkt kann man nur noch hoffen, dass man für das Nächste was einem erwartet bereit ist. Man kann nur hoffen, dass man vor Schmerz und Verlusten und Verzweiflung bewahrt wird. Und vor allem, dass es überhaupt noch was zu retten gibt.
Ich hätte mehr Zeit gebraucht. Diesen Satz habe ich schon so oft von Chirurgen auf einem Verlust bei einem Patienten gehört. Wir denken in Zeit. Reden in zeitmengen. Pro Tag. Lebenserwartung. Nehmen sie zwei und rufen sie mich morgen an. Herzschläge sind nichts anderes als eine tickende Uhr. Eine Uhr, die immer weiter abwärts tickt.
Das Herz schlägt bis es nicht mehr kann. unsere Gliedmaßen bewegen sich bis zum Ende. Unser Gehirn mahlt sich eine irrationale Zukunft aus. Es fällt uns schwer eine einfache, unausweichbare Wahrheit hinzunehmen, dass alles endet. Aber für jede Uhr, die aufhört zu ticken, fängt eine neue an. Die Zeit läuft weiter. Wenn etwas zu Ende geht, beginnt immer etwas neues.
Wir schenken Kindern Sticker und lustscher nach ihrem Arztbesuch. Wir loben sie dafür, dass sie versuchen tapfer zu sein. Nadeln im Arm zu dulden und fremde die ihren Körper nach Krankheitsanzeichen untersuchen. Hier hast du was süßes, kleine. Versuch zu lächeln. Wir machen es auch bei Erwachsenen. Bei einer Dinnerparty über seine Krebsdiagnose zu sprechen, gilt als unhöflich. Es wird erwartet, dass man lächelt, Smalltalk macht, sich unauffällig verhält. Denn aus irgendein Grund, hat vor langer Zeit irgendjemand bestimmt, dass Kummer anzusprechen unhöflich ist. Dass ihn zu verstecken und sich vor ihm zu verstecken, sinnvoller ist. Ist es aber nicht. Es ist eine Lüge. Eine Lüge, die uns zwar auch tröstet, aber uns auch zerstört.
Laut einer Umfrage sagt ein Erwachsener im Durchschnitt: Es geht mir gut. Aber nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz meint es ernst. Die meisten wollen sich nichts anmerken lassen. manchmal ist es einfach besser Klartext zu reden. So zu tun als wäre alles in Ordnung, holt einem irgendwann ein. Wenn es soweit ist, kann man den Schaden, der bereits angerichtet wurde, hoffentlich beheben.
In meiner Kindheit habe im Winter jeden Morgen als erstes die Vorhänge aufgezogen, um zu sehen, ob es geschneit hatte. Meistens war es so. Wir lebten im damals Boston. Die Schulen waren geschlossen. Die Menschen haben sich zu Hause verschanzt, Kerzen angezündet und den Kühlschrank geplündert. Alle haben sich gefreut, wenn schneefrei war bis auf ein Mensch: Meine Mutter. Sie hat immer dasselbe gesagt: Meredith. Für Chirurgen gibt es kein schneefrei. Sie hatte Recht, gibt es für uns nicht.
Plötzlich steht man im dreckigen Schneematsch. Erstarrt und unfähig, irgendwas zu empfinden. Aber wenn genug Zeit vergangen ist, verschwindet selbst das. Der Boden taut. Die Tage werden länger. Obwohl man es sich nicht vorstellen konnte, empfindet man wieder etwas. Es überrascht mich jedes Mal.
Es gibt einen alten Witz den Ärzte gerne erzählen. Hey Dok, es tut mir weh, wenn ich mich so bewege. Darauf der Arzt: "Dann bewegen sie sich nicht so." Das ist ein lahmer Witz, trotzdem ist er wahr. Als menschliche Wesen können wir uns kaum dagegen wehren auf unsere Instinkte zu hören, auf unser Bauchgefühl, auf unsere Ur-Bedürfnisse, Egal wie sehr es auch weh tun mag.
Wir halten an der Hoffnung, an den Glauben fest, dass es ein kleines Detail, eine winzige Information irgendwie alles wieder gut macht, etwas ändern wird, alles in Ordnung bringt. Die Welt davon abhält aus den Fugen zu geraten. Die Wahrheit ist, es gibt kein guten Weg sich zu verabschieden.
In unseren Körper tummeln sich etwa 35 Billionen Zellen. jede Einzelne wird permanent von der Schwerkraft zum Boden gezogen. Wenn man sich hinlegt, verteilt sich die Schwerkraft zwischen den Thorax, Abdomen und den Beinen. Wenn man zu schnell aufsteht, schießt das Blut abwärts. Weg vom Gehirn. Das verursacht Schwindel oder sogar eine Ohnmacht. Es grenzt an einem Wunder, dass unsere Zellen überhaupt etwas hinkriegen. Denn der menschliche Körper muss selbst die simplesten Aufgaben unter unvorstellbaren Druck ausführen.
Man könnte meinen Schwerelosigkeit ist etwas Gutes. Ist es aber nicht. Menschen sind nicht dazu bestimmt, zu schweben. Ohne Schwerkraft verlieren wir an Blutvolumen, Knochendichte und Muskulatur. Ohne sind wir wie abgekoppelt. Wenn man sich also von etwas angezogen fühlst, dann ist es nicht unbedingt etwas Schlechtes. Es kann einen zu inneren Balance führen. Dafür sorgen, dass man sich beschützt fühlt.
Die 1847 gegründete amerikanische Ärztekammer ermunterte in ihren Ethikkodex Mediziner Arme umsonst zu behandeln. Als Teil ihrer Pflicht zu Gesellschaft. Krankenhäuser waren als Einrichtung gedacht, indem man sich um Kranke und Arme kümmert. Sie sollten Orte der Zuflucht sein. Orte, an dem man gesund wird. Aber im Laufe der Zeit, hat sich das geändert. Die Gesundheitsfürsorge wurde zu einer Ware, die sich nur wenige leisten können, statt zu einem pflichtbewussten Dienst eines Arztes einer Gesellschaft.
Es gibt einen Spruch: Du hast heute nicht gelebt, bis du etwas für jemanden getan hast, der es dir nie vergelten kann. Das ist leichter gesagt als getan. Wenn das eigene Leben chaotisch verläuft, ist es schwer andere zu helfen. Ich wünschte könnte etwas erfreulicheres sagen. Hat lange genug gedauert. Wenn das zu hart klingt, ist man für so ein Leben vielleicht nicht geschaffen.
Richard Webber
Die meisten Menschen sowie sie heute sind auch in der Zukunft sein werden. Unser Gehirn gaukelt uns vor, dass unsere ganze Geschichte, jede Entscheidung, Veränderung, jede Gelegenheit uns zu einen speziellen Moment geführt hat, den wir jetzt nennen.
(kein Outro)
Da das Grey Sloan ein Lehrkrankenhaus ist, gestatten viele Patienten ihre Operationen zu filmen. Als Unterrichtsmaterial ist es toll, aber wenn man Mist baut, landet es im Netz, wo es die ganze Welt sehen kann. Die Fehler werden unter Lupe genommen, analysiert, studiert. Über sie wird geschrieben und diskutiert. Sie werden immer und immer wieder angesehen. Jeder macht mal Fehler. Es gibt Augenblicke, da sind wir nicht die besten Chirurgen. Nicht mal die besten Menschen. Jeder kennt Momente, die er nicht nochmal erleben möchte.
Es gibt gewisse Augenblicke in meinem Leben, die gerne nochmal erleben würde: Mein erster Tag als Assistenzärztin, meine erste Solo-OP, das erste Mal, als ich meine Kinder im Arm hielt. Das letzte klare Gespräch, was ich mit meiner Mutter hatte. Aber für jeden dieser Augenblicke, gibt es einen, den ich am liebsten vergessen oder anders angehen würde. Das sind die, die mich nachts nicht schlafen lassen. Egal, was ich anstelle. Sie tauchen immer wieder auf und verfolgen mich.
Niemand der nicht dafür bezahlt wird, geht freiwillig in einem OP. Es ist kalt, man ist nackt und man wird von einen Fremden aufgeschnitten. Was Patienten aber nicht wissen und was wir ihnen auch nicht verraten wollen, ist das es für uns manchmal genauso beängstigend ist. Notfälle, Herz-OP. Alles was mit dem Pankreas zu tu hat. Jeder Chirurg, der sagt er hätte davor keine Angst, lügt. Aber egal, wie riskant die OP ist, wie sehr man sich vielleicht fürchtet, unsere Aufgabe ist es, den Patienten zu beruhigen. Ihm zu versichern: Das alles gut wird. Ob man es selbst glaubt oder nicht.
Manchmal verlaufen Operationen besser als geplant. Es gibt nichts schöneres, als jemanden zu sagen, dass man seinen Lieblingsmenschen gerettet hat. Ich freue mich auf solche Augenblicke. leider sind so ne perfekte Ergebnisse selten. Man sollte meinen es wird leichter, wird es aber nicht. Es tut jedes Mal genauso weh wie man letzten Mal. Also hoffen wir, dass Beste und machen uns auf das Schlimmste gefasst. Denn das Schlimmste ist gemein und taucht wie aus dem Nichts auf.
Staffel 17[]
Wenn sich Riesenwellen auftürmen, sehen Menschen sich das oft von der Küste aus an. Sie sehen die Katastrophe kommen. Sehen wie der Horizont verschwindet. Realisieren es aber erst wenn es zu spät ist. Während der Facharztausbildung werden wir durch ein Vortrag in Katastrophenethik auf solche Überraschung vorbereitet. Angehende Chirurgen sollen sich vorstellen, was sie tun werden, wenn das Unvorstellbare passiert. Aber es ist nicht perfekt. Obwohl es gut ist sich auf das Schlimmste vorzubereiten, weiß man nicht wirklich, wie man damit umgeht, bis man mittendrin steckt. Unter der Welle und versucht nicht zu ertrinken.
Während einer Katastrophe verschwindet das gewohnte Leben dahin. Wenn Sie wissen wollen, wer sie während einer Katastrophe sein werden, fragen Sie sich erst: Wer bin ich jetzt?
Wir Chirurgen haben uns für beinahe alles eine Naht einfallen lassen. Ein Muttermal muss entfernt werden? Subkoniale Naht. Ein Stacheldraht aufgerissener Arm? Lose Einzelkopfnaht. Eine innere Blutung? Seide. Aufgeschlagene Kopfhaut? Tja, das muss geklammert werden. Wir beschäftigen uns zwanghaft damit jeden Stich präzise und stabil auszuführen.
So stolz wir Chirurgen auf unsere Nähte sind, sie sind keine permanente Lösung. Der Körper muss die eigentliche Arbeit leisten. Eine Armee verschiedener Zellen marschiert an, um neues Gewerbe zu bilden. Irgendwann bildet man genug Kollagen zur Heilung. So läuft es in der Regel. Ich will keinesfalls sagen, dass man nicht an den Techniken feilen sollte. Feilen Sie! Nur ein kleiner Fehler, ein Ausrutscher kann verheerende Folgen haben.
Hände gründlich waschen. Maske tragen. Immer 2 Meter Abstand halten. Homeoffice. Das Haus nur für notwendige Erledigungen verlassen. Gelegentlich muss man sich von den Menschen fernhalten, die man liebt. Wir müssen bei allen was uns Zugehörigkeit vermittelt, die Pause Taste drücken. Quarantäne ist den Assistenzarztjahr in der Chirurgie sehr ähnlich. Keine Freude, wenn man überleben will.
Es heißt die Regeln zu befolgen, rettet Leben. Aber was geschieht wenn das Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird? Was passiert, wenn man komplettes Neuland betreten muss? Ich wünschte, ich wüsste es.
Medizinstudenten werden oft gebeten, in einem Aufsatz eine widrige Situation zu beschreiben. Und wie sie diese gemeistert haben. Um festzustellen, ob sie den folgenden Herausforderungen gewachsen sind. Manchen Studenten fehlt der Stoff, über denen sie schreiben könnten. Sie standen nie Schwierigkeiten gegenüber. Dieses Problem hatte ich nicht.
Experten sagen: Je widerstandsfähiger wir sind desto besser kommen wir mit Widrichkeiten klar. Welcher ist der wichtigste Faktor, um Widerstandsfähigkeit zu kultivieren? Positive Beziehungen. Suchen Sie sich solche Menschen und pflegen sie die Beziehung. Denn wenn man am Tiefpunkt ist, helfen diese Menschen einen dadurch.
Miranda Bailey
Meine Mutter hat immer gesagt: Urteile über niemanden bevor du nicht seine ganze Geschichte weißt. Du glaubst, du verstehst es, aber so ist es nicht. Deshalb ist es für Patienten wichtig einen Für-Sprecher zu haben. Jemanden, der deine Geschichte erzählt, deine Stimme ist, der deinen Namen nennt. Vor allem wenn du selbst keine Stimme hast.
Patienten verlieren ihre Persönlichkeit, wenn sich als Bett 4 oder Typ mit Armschmerzen bezeichnet werden. Aber selbst im Tod sind sie nicht gesichtslos, namenlos, sie sind mehr als Statistik. mehr als Begleiterkrankungen oder Pflegeheimpatient. Sie sind Söhne, Brüder und Onkel, die 5 Sprachen sprechen und Restaurants leiten. Wade Klein, 66. Sie sind Urgroßväter, die den Broadway lieben. Jacob Lappin, 92. Sie sind Baseball liebende Schwestern, mit einen ansteckenden Lachen. Dane Wilson, 45. Sie sind die besten Mütter der Welt und sie sind über allesgeliebte Ehefrauen. Elena Rose Bailey, 84.
Wenn ein Virus ein Weg in unsere Körper findet, macht sich unser Immunsystem zum Angriff bereit. Es setzt sich kräftig zur Wehr und zieht sich dann zurück. Zumindest sollte es das tun. Manchmal arbeitet das System so intensiv, dass es durcheinander gerät. Immunzellen fangen an, gesundes Gewebe anzugreifen. Sie fluten die Lunge, lassen das Blut gerinnen, sorgen dafür das Adern bluten und Organe stillgelegt werden. Unser Körper richtet bei sich einen verheerenden Schaden an. Es nennt sich Zytokinstom. Und es ist ein Wunder nötig, um ihn zu stoppen.
Manchmal wenn man denkt, der Storm ist vorbei gezogen, stellt man fest, dass man mitten im Auge steht.
Dieser Job ist nicht leicht. Die Menge an Druck und Verlust, die wir uns jeden Tag entgegenstellen, führt zu Erschöpfung oder Hilflosigkeit. Man braucht ein Ventil für den Stress. Etwas Körperliches, vielleicht etwas emotionales, vielleicht ist es die Familie. Glauben Sie mir. Sie überleben die Assistenzarztzeit nicht, wenn man keine Wohlfühloase hat. Ein Ort, wo man allem entfliehen kann.
Ich bin eine Ausnahme, wenn es nach der Wahl der Wohlfühloase geht, denn meine ist immer das Krankenhaus gewesen. Das liegt wohl daran, dass ich da aufgewachsen bin. Aber wenn sie nicht wie ich sind, werden sie ein anderen Ort bevorzugen.
Wer hätte es gedacht, dass wir es so weit bringen könnten. Inzisionslose OPs. 4D-CT. Künstliche Organe. Stammzellentherapie. Jede medizinische Innovation schien unmöglich. Unvorstellbar bis sie gelang. Glücklicherweise haben wir nie aufgehört Fortschritte zu machen. Denn die andere Seite des Unvorstellbaren ist der Tod und das Leid, das ein Verlust auslöst und das wird immer präsent sein.
Negativen Erfahren gehen wir koste es was es wolle aus dem Weg. Wir ignorieren Schmerzen. Wir machen einen großen Bogen um Unbekanntes. Wir lügen, wenn man uns fragt, wie es uns geht. Das sollten wir nicht tun. ich hab in den letzten Monaten, was begriffen: Der Körper ist nicht endlos belastbar.
Der Tag an dem man einen Patienten entlassen kann, der fast gestorben wäre, ist ein großartiger Tag. Man verabschiedet sich. Wünscht alles Gute. man hofft inständig den Patienten nie wieder zu sehen. Wenn ein Patient zurückkehrt, kann es sein, dass man Mist gebaut hast. Dann blickt man zurück, um den Fehler zu entdecken. Spielt jeden Moment nochmal durch, um herauszufinden, was man hätte anders machen können. Jemand wie ich bin versessen davon, diesen Fehler zu finden. Solange bis es einen um den Verstand bringt.
Man sollte nicht versuchen jeden Fehler den man gemacht hat, zu verstehen. Das geht nicht. Der Versuch raubt einem sein leben. Seine Pläne. Seine Zukunft. Außerdem kann man nicht aus seinen Fehler lernen, wenn man aufhört nach vorne zu blicken. Es ist unheimlich. Es ist ungewiss, aber man findet dort etwas ganz Besonderes. Hoffnung.
Noch bis zum kurzem haben Ärzte einem Baby unmittelbar nach der Geburt eine Klaps auf dem Po gegeben. Nicht weil sie das Baby zum Weinen bringen wollten, das Baby musste schreien. das bedeutete das Baby konnte eigenständig atmen. Gott sei Dank machen wir das nicht mehr. Aber wir halten immer noch die Luft an, dass wir es schreien hören. Es spielt keine Rolle ob man die Ärztin oder die Mutter des Babys ist. Es ist der wundervollste Klang den es gibt. Zumindest beim ersten Mal.
Die erste Minute im Leben eines Babys ist die schreckliste. In dieser Minute müssen sich eine Million Lungenbläschen perfekt öffnen und mit Luft füllen. Es ist eine ziemliche traumatisierende Art die Welt zu betreten. In dem Augenblick hört die Welt auf sich zu drehen. Es ist als ob die Zeit still steht. Ehrlich gesagt ist diese eine Minute die reinste Hölle. Aber zum Glück setzt das Schreien meistens ein. Dem Baby geht es gut und alle anderen im Raum können endlich wieder atmen.
Während des Studiums in unserer Zeit in der NA, verliebte sich meine Mitbewohnerin in die Unfallmedizin. Sie kämpfte gerne an der Front. Sie hatte das Gefühl dort den meisten Einfluss zu haben. Ich wusste schon nach 3 Tagen das Unfallmedizin nichts für mich war. Die meisten Behandlung waren eine Art Notlösung bis der eigene Patient seinen eigenen Arzt, einen Spezialisten oder Chirurgen aufsuchen konnten. Ich dachte, was bringt es, etwas zu beginnen, was man nicht beenden kann.
Auf die eine oder andere Art kommen Chirurgen mit ihren Patienten zu einen Abschluss. Manchmal sind wir erfolgreich, manchmal nicht. Aber unsere Absicht ist es, eine langfristige Lösung zu finden. Was nicht heißt, dass die Unfallmedizin nicht wichtig ist. Vor allem wenn etwas zu lange vernachlässigt wurde. Doch so sehr wie uns auch bemühen, manche Lösungen können nur temporär sein. Wir untersuchen sie, reagieren blitzschnell. Wir tuen unser Bestes. Wir hoffen inständig genug getan zu haben, sodass sie durchkommen.
Richard Webber
Zu Beginn des Medizinstudiums stellt man sich zusammen mit seinen Kommilitonen auf, trägt zum ersten Mal ein Kittel und leistet ein Eid. Es gibt viele Versionen des Eides, aber die Exens ist bei allen gleich. Die Ausübung der Medizin sollte human und gütig sein. Es gibt allerdings einen Haken, von dem einem keiner was sagt. Die Medizin spiegelt die Welt in der sie praktiziert wird. In dieser Welt wird Humanität und Güte leider sehr oft Mangelware.
Ich weiß noch wie ich zum ersten Mal meinen Kittel angezogen habe, obwohl es eine Ewigkeit her ist. Ich habe den Eid zusammen mit meinen Kommilitonen geleistet und mit jeder Faser meines Körpers ernst gemeint. Aber diese Welt hat den Eid so oft in Frage gestellt, dass ich mich kaum noch an den konkreten Wortlaut erinnere. Inzwischen leiste ich jeden Tag einen neuen Eid. Ich gelobe beim Schaffen einer neuen Welt bei der man gerne lebt, zu helfen und nie den Glauben zu verlieren, dass so eine Welt existieren kann. Vielleicht nicht heute. Vielleicht noch sehr lange nicht ,aber eines Tages.
Es gibt ein ganz bestimmten Moment im OP, vor allem dann, wenn es mit einen Patienten bergabwärts geht. Man arbeitet so konzentriert, dass man sich selbst vergisst. Man vergisst all seine Probleme, seine Beziehungen, seine Karriereziele und seine Ängste. All das schwindet aus dem Gedächtnis. Es geht nicht um dich oder deinem Patienten. Es geht nur um dich. Deine Hände, deine Fähigkeiten. Man könnte es Muskelgedächtnis nennen oder Trancezustand. Aber wie man es auch nennt, es ist selten und man möchte, dass es niemals endet.
In den Momenten, indem alles im Gedächtnis schwindet, ist man in Höchstform, aber es gibt ein Problem, wenn man in die Arbeit abtaucht. Man kann nicht jeden Patienten retten. Wenn die Chirurgie das Einzige ist, was man hat, egal wie gut man ist, wird man letztlich daran zerbrechen. So schön es auch ist von seinen Sorgen befreit zu sein, verliert man auch gute. Wenn man sich nun ein Leben erhofft, was lebenswert ist, dann braucht man unbedingt das Gute.
Jackson Avery
Es ist in jedem mit jede der natürliche Lauf der Dinge, dass der Schüler zum Meister wird und der Schützling zum Mentor. Bei der Kindererziehung ist es ähnlich. Wir lernen von unseren Vorfahren. Wie wir die perfekte Suppe kocht. Wie man Kopf oder Herzschmerzen lindert. Wir stellen alle möglichen Berechnungen an, um Einsichten zu erhalten, in welche Richtungen sich Menschen entwickeln können. Als wenn man an Zahlen aus Tabellen ablesen könnte, was wir mal aus uns machen werden.
Niemand hat gesagt, es wäre einfach seinem Schicksal gerecht zu werden. Es gehört Mut dazu, den Schritt zu wagen sich zu nehmen, was man gefunden und sich verdient hat. Die Kunst besteht darin, die Menschen, die immer für einen da waren, mit ins Boot zu holen. Sie bestätigen das man nicht alleine ist. Man hat ein ganzes Vermächtnis im Rücken, während man sein eigenes erschafft.
In manchen Ausbildungsprogrammen bekommen Chirurgen nach dem Abschluss einen Holzstuhl verzieht mit dem Wappen ihres Programms. Wenn sie Oberärzte werden findet dieser Stuhl in der Regel in ihren Büro einen Platz, wo er als Staubfänger sein Dasein fristet. Man schenkt seinen Programm Jahre seines Lebens, größte Anstrengung und sein Herzblut. In meinen Fall viel Blut und das Programm schenkt einen ein Stuhl. Ich nehme an, dass es eine schöne Tradition, wenn man sowas mag und wenn man an die Hölle erinnert werden will, durch die man durch das Programm gegangen ist.
Ich hatte es nie mit Traditionen. Aber im besten Fall helfen sie uns nicht zu vergessen wer wir sind, woher wir kommen und wer unsere Vorfahren waren. Sie geben uns etwas was wir an künftige Generation weitergeben können. Wenn man nicht weiß, woher man kommt, fällt es einen schwer, wohin man geht. Es sei denn natürlich, der Weg führt nach Hause.
Wenn wir Patienten Testergebnisse mitteilen, sagen wir oft: normal. Wir richten uns an Zahlen innerhalb eines Bereichs. Von Hoch bis Tief. Liegt der Patient irgendwo in der Mitte, sind wir nicht besorgt. Aber es ist nicht perfekt. Wir haben schon alles Mögliche erlebt. Was für den einen normal ist, ist für den Anderen das absolute Chaos.
Niemand ist gern ein Sonderfall.. Die Patienten fragen permanent: "Haben Sie sowas schonmal gesehen? Wie verbreitet ist es? Ist das normal?" Wir sind schon so lange darauf konditioniert, zu denken, wenn wir nicht normal sind, ist das etwas Schlimmes. Vielleicht ist es an der Zeit zu überdenken, was Normal ist. Vielleicht ist es an der Zeit, alles zu überdenken.
Die Leute fragen was ich daraus gelernt habe, Covid überlebt zu haben. Ich weiß sie meinen es gut, aber die Frage nervt einfach. Weg von der Arbeit, getrennt von den Kindern, künstlich beatmet werden. Das wünscht sich kein Mensch. Aber eines hat es mich tatsächlich gelehrt: Es hat mich gelehrt, dass ich noch lebe.
Ich lebe noch. Die Leute lachen oft über diese Antwort. Das ist kein Witz! Am Leben zu sein bedeutet alles. Zeit zu feiern und ja auch Zeit für Schmerz. Zeit für Veränderung. Zeit für zu wachsen, zu lieben und Zeit zu geben.
Staffel 18[]
Vor vielen Jahren wurde ich ins Spiel aufgenommen. Es hieß: Wie gut ich spiele, würde bei mir liegen. Der Wettbewerb war hart. Die Mentoren waren gnadenlos. Ich hab bis zur Erschöpfung gearbeitet. Ich bin nicht unter den Druck zusammengebrochen, obwohl es dazu hätte kommen müssen. Ich hab das Spiel verdammt gut beherrscht. Zumindest dachte ich das.
Man gibt sich so viel Mühe wie sonst. Man macht die gleichen Dinge seit Jahren. Manches macht man sogar besser als früher. Aber was ist, wenn es einen nicht mehr wie ein Sieg vorkommt? Heißt das, man hat aufgehört zu spielen? Nein! Das bedeutet: Es wird Zeit für ein neues Spiel.
Homöostase ist das Mittel des Körpers einen beständigen und stabilen innigen Zustand aufrechtzuerhalten. Mehrere Systeme arbeiten synchron, um Faktoren wie Temperatur, Blutdruck oder den Natriumspiegel zu regulieren. Alles was nur versucht unser Körper aus den Gleichgewicht zu bringen, wird bekämpft und abgewehrt. Es ist ein ständiger Kreislauf mit gegenseitiger Kontrolle bis irgendwas den Kreislauf durchbricht.
Es gibt so etwas wie eine präktive Homöostase. Damit antizipiert unser Körper Reaktionen um zukünftige Herausforderungen. Der Körper versteht das eine Veränderung unausweichlich ist und keine Katastrophe sein muss.
Wenn der Körper steigenden Temperaturen ausgesetzt ist, besitzt er die Möglichkeit sich runter zu kühlen. Wir schwitzen, die Blutgefäße weiten sich, die Herzfrequenz steigt an. Unser Körper gibt so viel wie möglich an überschüssige Wärme ab. Wenn die Temperatur die 38 Grad überschreitet, muss unser Körper Überstunden machen, eine Hitzeerschöpfung vermeiden. Uns wird übel, schwindlig, wir sind verwirrt. Wir strengen uns an uns runter zu kühlen bevor es zu spät ist.
Dinge, die lange vor sich hin brodeln, erreichen irgendwann den Siedepunkt. Vor allem Dinge, an die man länger nicht mal gedacht hat. Die sich aufgeheizt haben, obwohl man sie außer Acht gelassen hat. Die Frage ist, wie lange kann man etwas kontrollieren bis es überkocht? Die Sache ist die: Selbst, wenn etwas noch nicht überkocht, kann es weiter vor sich hin köcheln. Aber solange man sich entsprechend verhält, verbrennt man sie nicht.
Chirurgen halten sich mal gerne für die Nabe der Welt. Sie glauben eine Million Dollar Hände sind das einzige was zählt. Man braucht nur ein Skalpell und einen Patienten. Sonst niemanden. Hab ich früher auch geglaubt, aber das war bevor ich Kinder hatte. Die Wahrheit ist: Zwischen der Erkrankung und wenn der Patient auf den Tisch liegt, hat schon ein Team von Internisten, Spezialisten, Schwestern mehr Kontakt mit den Patienten gehabt als man je haben wird.
Ich musste schon unter Umständen, die ich nie für möglich gehalten hätte, allein operieren. Inzwischen weiß ich wozu ich fähig bin, was ich allein schaffen kann und wissen sie was? Es ist eine ganze Menge. Aber das bedeutet nicht, dass ich keine Hilfe von anderen fähigen Menschen annehme, denn nur weil ich eine OP allein durchführen kann, muss ich das nicht allein machen. Zu wissen, dass jemand für einen da ist, ist unbezahlbar.
Bei einem kürzlich durchgeführtem Experiment haben Wissenschaftler beobachtet, dass menschlichen Zellen in einer Petri-Schale sich tatsächlich suchen und sich aneinander heften, um neue Verbindungen aufzubauen. Wenn sich Zellen zusammentun werden sie stärker. Sie gedeihen, entwickelt sich und werden letzten Endes zu etwas größeres als sie hätten werden können.
Wir sind die Gesamtheit unserer Zellen. Genau wie sie, sind wir darauf programmiert andere zu suchen. Aufeinander zu zugehen, um Nahrung und Liebe zu finden. Wir sind nicht dazu bestimmt allein zu sein. Sobald wir uns gefunden haben, sollten wir nicht wieder loslassen.
Mit dir ist jeder Tag ein Feiertag
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Dankbarkeit die körperliche und geistige Gesundheit verbessert. Täglich seine Dankbarkeit zu zeigen, vermindert die Depression und steigert die Zufriedenheit. Dankbarkeit steigert die Empathie und das hilft positive Beziehungen aufzubauen. Es senkt sogar den Blutdruck. Wenn Danke zu sagen so gut für einen ist, warum fällt es den so vielen Menschen so schwer?
Warum widmen wir nur einen Tag im Jahr des Danke sagen? Nach allem was wir durchgemacht haben, warum feiern das Gute nicht jeden Tag? Umarme deine Lieben, lächle einen Fremden an, wähle Freundlichkeit. Was könnte schlimmsten Falls passieren? Jemand könnte etwas davon zurückgeben.
Ende des 16. Jahrhunderts machte ein Vater-Sohn Team ein bahnbrechende Entdeckung. Wenn man jemals eine Linse am vorderen und hinteren Ende einer Röhre einsetzt, werden Dinge vergrößert. Es war das erste zusammengesetzte Mikroskop. So einfach die Entdeckung auch war, so sorgte sie für eine radikale Veränderung in der Wissenschaft und Medizin.
Die Erfindung des Mikroskop hat die Wissenschaft auf den Kopf gestellt. Sie bot Wissenschaftler eine völlig neue Sichtweise. Zum ersten mal konnten sie Dinge sehen, die mit bloße Auge nicht erkennbar war. Die simple Nutzung von gebogenen Glas, um Licht zu brechen, hat unsere Sichtweise auf die Welt revolutioniert. Das trifft auch auf den Alltag zu. Das Leben durch eine andere Linse zu sehen, eröffnet einen eine neue Welt voller Möglichkeiten.
Sowie Kinder sich an Weihnachten fühlen, so fühlen sich Chirurgen, wenn sie einen OP betreten. Es ist eine komplizierte Mischung zwischen Anspannung und Vorfreude, die macht es fast unmöglich zu schlafen. Die Vorfreude ist gleichzeitig der beste und schlimmste Teil. Läuft es so, wie ich es mir vorstelle? Bekomme ich was ich will? Wird mein Patient überleben? Wird mein Patient gesund? Gibt es den Weihnachtsmann wirklich? Einen OP zu betreten, hat seinen ganz eigenen Zauber. Die Möglichkeit an diesen Tag ein Leben zu retten oder zu beenden.
Ich frage meine Kinder oft, ob sie Heiligabend oder den 1. Weihnachtsfeiertag lieber mögen? Ich bin bei der Frage hin und hergerissen. Als Mensch bevorzuge ich Heiligabend. Das Leben ist noch voller Möglichkeiten. Man schläft mit ungeöffneten Geschenken unter den Weihnachtsbaum ein. Voller Vorfreude vor dem morgigen Tag. Aber als Chirurgin bevorzuge ich den 1. Weihnachtstag. Den Zeitpunkt wenn Möglichkeiten zu Realität werden. Man hat sein Beste gegeben. Man beschließt zu zumachen. Man beendet die OP mit einer sauberen Naht. Aber was ihnen auch lieber ist, eins garantiere ich ihnen: Irgendwann sind die Feiertage vorbei.
Der Nervus vagus ist der längste und komplexeste der Cranialnerven. Er übermittelt Informationen an die Großhirnrinde oder von ihr Gewebe und Organen im ganzen Körper. Wenn ein Körper über ein längeren Zeitraum Stress oder einem Trauma ausgesetzt ist, wird der Nervus vagus hyperaktiv. Wir erachten Stress oder Trauma hauptsächlich als emotional. Die wahren Auswirkungen treffen allerdings den Körper. Wird der Nervus vagus getriggert, kämpft er um den Puls zu verlangsamen. Der Blutdruck sackt ab. Es stellt sich Übelkeit ein. Ein Tunnelblick. Ein Klingeln in den Ohren. Niedriger Blutdruck und ein unregelmäßiger Herzschlag. Wenn der Verstand leidet, leidet auch der Körper. Es kann schwierig sein, denn Schaden zu beheben.
Laut jüngsten Studien gehen körperliche Empfindungen, die die im Zusammenhang mit intensiven Emotionen empfinden, auf dem Nervus vagus zurück. Wir halten die Schmerzen eines gebrochenen Menschen für nicht kontrollierbar. Aber die Wissenschaft legt nahe, wenn wir lachen statt zu weinen, wenn wir singen statt zu leiden, vielleicht schneller gesund werden. Aber wenn wir leiden, ist es manchmal leichter weiter zu leiden, statt sich um Heilung zu bemühen.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen, kurz: M & MKs, Chirurgen geholfen aus Fällen zu lernen bei denen es zu schweren Komplikationen oder einen tödlichen Ausgang kamen. Bei einer M&MK evaluieren sowohl systematische als auch persönliche Fehler. Wir hinterfragen jeden Schritt, jede Entscheidung. Wir ergründen was passiert ist und wie es passiert ist. Wir wägen ab, was wir hätten anders oder besser machen können und hoffen das wir niemals den gleichen Fehler machen werden.
Es heißt keine Stadt, kein Haus, was mit sich selbst uneins ist, kann Bestehen. Aber Konflikte zum Weg zum Fortschritt sind Naturgegeben. Und eine gewisse Uneinigkeit gibt es immer, denn wir wollen alle nur das Beste für jeden. Wir können uns darauf verlassen, das folgendes wahr ist: Es ist unrealistisch, dass in einem Haus mal Uneinigkeit herrscht. Aber wie viel Uneinigkeit kann ein Haus aushalten bevor es letztendlich einstürzt?
Der Abgar Score, die Whipple-OP, die DeBakey Klemme. Viele Techniken oder Hilfsmittel, die wir täglich im Krankenhaus zurückgreifen, sind nach den Menschen benannt, die sie erfunden haben. Selbst Krankheiten wurden früher nach denen benannt, die sie entdeckt haben. Aber ein Ärztegremium hat letzteres in den 1970er abgeschafft. Begründung: Kein Mensch kann eine Krankheit besitzen. So altruistisch der Beruf auch sein mag, Ärzte sind Menschen. Wenn wir etwas tuhen, was die Medizin verändert, wollen wir, dass unser Namen draufsteht.
Wenn Menschen unseren Namen hören, woran werden sie sich dann erinnern? Was werden wir hinterlassen haben? Haben wir neue Wege gebahnt? Eine neue Generation inspiriert? So viel Wissen weitergegeben, wie wir konnten? Haben wir ein Vermächtnis hinterlassen? Statt für unsere Taten bekannt sein zu wollen, sollte wichtiger sein, wer wir sind.
Unsere Genen, die wir von unseren Eltern erben, bestimmen wer wir biologisch sind. Alles ist festgelegt. Von unserer Augenfarbe bis zu unserer Größe, selbst unser Lachen, aber auch die Erkrankungen. Asthma, Diabetes, Karzinome. Wer man im Kern ist, geht weit über die Gene hinaus.
Wer man wirklich ist, ist das Ergebnis vieler Faktoren. Wie man mit Angst umgeht, mit wem man sich umgibt und wie man reagiert, wenn es darauf ankommt.
Viele Arztbesuche beginnen mit dem Messen des Blutdrucks. Er ist ein wichtiger Indikator für die Gesundheit Aber der Körper verfügt über viele unter Druck stehende Systeme. Alle haben eigene Grenzen und Auswirkungen bei Druck nach außen. Zu viel Druck auf die Lunge kann dafür sorgen, dass sie auf ein Zehntel ihrer Größe kollabiert. Der Schädel hält nur ein gewissen Druck stand bis das Gehirn ins Rückenmark gepresst wird. Genug Druck auf Gliedmaßen kann die Durchblutung kappen und sie absterben lassen. Die Menge an Druck mag variieren, aber jedes System hat eine Belastungsgrenze.
Wenn sich zu viel Druck im Körper anstaut, brauchen Sie vielleicht einen Arzt um den abzubauen. Wir bohren Löcher, legen Thoraxdrainagen, schneiden in Gliedmaßen. Im Alltag ist Druck abbauen nicht immer so einfach. Aber er ist genauso wichtig. Zu viel Stress wirkt sich auf unsere geistige und körperliche Gesundheit aus. Also gehen sie spazieren, treffen Sie sich mit Freunden. Tanzen Sie es aus. Genießen Sie die Augenblicke der Freude, die sie lebendig halten.
Wenn ein Patient ein Kreislaufstillstand erleidet, befolgen wir bestimmte Leitlinien, um ihn zu reanimieren. Wir beginnen mit der Rea, geben Sauerstoff, machen ein EKG, um zu sehen, ob wir defibrillieren müssen. Falls nötig, geben wir Epinephrin alle drei bis fünf Minuten. Wir wägen die Sauerstoffgabe ab und die Notwendigkeit zusätzliche Medikamente zu geben. Dann messen wir den Puls und der Zyklus beginnt von Neuem. Drücken, Defibrillation, Medikamente und Puls messen. Manchmal stundenlang bis unser Einsatz ein Erfolg ist und wir ein Leben retten.
Kreislaufstillstände wurden in hunderten Krankenhäuser untersucht. Die Überlebungschancen stiegen in den Häusern an, in den längere Wiederbelebungsversuche unternommen wurden. Natürlich sind unsere Möglichkeiten Grenzen gesetzt. So sehr wie es auch versuchen, nicht jedem Patienten ist ein Happy End vergönnt. Manchmal müssen wir jemanden für Tod erklären.
Chirurgen müssen sich strengen Test unterziehen, wenn sie ihre Zulassung erhalten wollen. Wir erdulden endlose Jahre angstauslösender Aggrolyme, SIT, M-Ket, HughsMIT, Epcit. Wenn wir diese überstanden haben, dürfen wir zur Belohnung 850 Operationen protokollieren und ein 8-stündigen Multiple Choice Test, wie eine mündliche Prüfung über uns ergehen lassen. Es bleibt kaum Zeit, denn Sieg zu genießen oder ein Nickerchen zu machen.
Forscher haben untersucht, warum andere Menschen bei Tests anders abschneiden. Sie fanden heraus, dass es nicht unbedingt mit Intelligenz zu tun hat. Manche werden bei Prüfungen nervös. Sie vergolden für diese Nervosität Energie, statt sich auf die richtige Antwort zu konzentrieren. Andere können sich besser auf Tests einstellen. Sie nutzen das Ausschlussverfahren und andere Techniken, um richtige Entscheidungen zu treffen. Andere lernen mehr. Sie fangen früh an, erstellen Karteikarten und üben ständig, um die richtige Antwort parat zu haben. Tests sagen nicht immer aus, wie viel man weiß, sie sagen aus, wie gut man in Tests ist. Test sagen nichts über den eigenen Wert aus, aber hilft leider nicht viel, wenn man ihn nicht bestanden hat.
2019 hat die WHO Burnout offiziell in ihre internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen. Studien zeigen, dass bei Ärzten, die Anzeichen von Burnout angeben, die Amygdala vergrößert ist, der Bereich des Gehirns, der Angst und Aggression reguliert. Burnout ist keine akademische Angelegenheit. Es ist ein allumfassender systemischer Zustand. Der ganze Körper schickt einem eine eindeutige Botschaft. Etwas muss sich ändern und zwar schnellstens.
Ein Burnout entsteht durch ein großes Ungleichgewicht. Durch zu viel Stress bei zu wenig Belohnung. Man ist erschöpft. Ausgelaugt. Man hat keine Geduld mehr, keine Freude und es mangelt an Serotonin. Das ist das Ende. Es sei denn, man kann die Gewichtung ändern und einen Weg finden um sich zu erholen. Man kann sich an die schönen Seiten in ihren Leben erinnern und einen neuen Weg einschlagen.
Im letzten Jahrzehnt haben Forscher heraus gefunden, dass der Mensch mindestens 6 Sinne hat. Dieser neue Sinn heißt Propriozeption. Er bezeichnet die Wahrnehmung des eigenen Körpers nach dessen Lage im Raum. Die Geist-Körper Verbindung zum Menschen und zur Umgebung.
Manche sagen es die Erfahrung, die Eltern erkennen lässt, dass die Bauchschmerzen mehr sind als eine Grippe. das es Erfahrung ist, dass ein Chirurg bei einer Blinddarmentfernung genauer hinsieht, um ein größeres Problem auszuschließen. Es ist keine Erfahrung. Es ist ein Gefühl, Instinkt. Unser Gehirn, dass von Natur aus mit unseren Körper verbunden ist. Wir müssen nur darauf vertrauen, was unser Körper uns sagt und inständig hoffen, dass wir ihn richtig verstehen.
Unser Körper spielt den Gastgeber für etwa 30 Billionen Bakterien und Pilze. Sie leben auf unserer Haut, in unseren Schleimhäuten und unseren inneren Organen. Mikroben finden sich fast jedem Teil des Körpers. Mikroben helfen uns, Vitamine zu produzieren und sie stimulieren unser Immunsystem. Sie zersetzen Nahrung und erfüllen viele andere Funktionen, die wir zum Überleben brauchen.
An Mikroben könnte man an ungebetene Gäste denken, aber die meisten leben ganz harmonisch in und auf unserem Körper. Damit wir gesund bleiben, müssen die unterschiedlichsten Mikroben zusammenarbeiten. Sie sind ein notwendiger Bestandteil unseres Systems. Sie genau dort sind, wo sie hingehören.
Metastatisch. Fortgeschritten. Breitet sich weiter aus. Nichts davon will man von seinem Arzt hören. Es bedeutet, dass obwohl man alle Regeln befolgt hat, kurz vor den Ende stehen könnte. Wenn einen klar wird, wenn man nicht überleben wird, setzt die Panik ein. Man wagt sich an experimentelle Behandlungen und klemmt sich an jeden Strohhalm. Wenn Sie wüssten, dass Sie sterben, was würden Sie tun? Würden Sie eine zugeworfene Rettungsleine ergreifen?
Wir alle kennen den Moment, in dem alles verloren zu sein scheint. Ob im Job, in der Familie, in der Liebe - wenn wir Angst haben, uns wird alles genommen. Wir schließen die Augen, beißen uns auf die Lippen, das Adrenalin schießt durch unseren Körper. Aber so sehr man sich auch anstrengt, der letzte Strohhalm bringt vermutlich auch keine Rettung.
Bevor es Operationen gab, wurden viele Krankheiten mit Phlebotomie behandelt. Auch bekannt als Aderlass. Bei Aderlass wurde den Patienten Blut entnommen, um Krankheiten und Gebrechen zu verhindern oder zu heilen. Es war einst der gängigsten Heilverfahren, die von der Antike bis ins späte 19. Jahrhundert von Ärzten durchgeführt wurden. Diese Praxis wurde größtenteils aufgegeben, weil wir heute wissen, dass in vielen Fällen der Aderlass den Patienten eher geschadet hat. Und doch wurde er standardmäßig über 2.000 Jahre lang praktiziert. Es war kein kurzzeitiges Phänomen in der Medizin. Es war eine Ära.
Jahrzehntelang waren viele Ärzte davon überzeugt, dass der Aderlass mehr schadet als helfen sollte. Aber für genauso viele war es das Heilmittel. Ärzte sind, wie die meisten Menschen, risikoscheu. Wir ziehen die Sicherheit unseres Wissens, dem Nervenkitzel neuer Innovationen vor. Chirurgen und Ärzte wissen wir in der Regeln gern, dass wir Recht haben, bevor wir etwas im Angriff nehmen. Deshalb erfordert für uns Veränderungen unwiderlegbare Beweise, und die sind nicht immer leicht zu bekommen. Es gibt Theorien, dass die Chirurgie auch nur eine Ära ist, die mal zu Ende gehen wird. Aber das liegt noch in weiter Ferne. Und in der Zwischenzeit gibt es Epochen innerhalb von Ären. Wir entdecken neue Wissenschaften, wir behaupten und beweisen neue Theorien. Dann versuchen wir frustriert und krampfhaft unser Gewissen mit den Veränderungen in Einklang zu bringen. Denn eine Ära zu beenden, ist leichter gesagt als getan.
Staffel 19[]
Transplantationschirurgen befördern Spenderorgane nachdem sie vorsichtig aufs Eis gelegt wurden, so schnell wie möglich zum Empfänger. Das Organ kann nur eine gewisse Zeit überleben, bevor es den neuen Körper eingepflanzt wird. Im besten Fall haben Herz und Lunge nur 4 bis 6 Stunden. Kürzlich haben Wissenschaftler Methoden entwickelt, die die Überlebenschancen erhöhen. Bestimmte Organe können jetzt in einer Box transportiert werden, in der sie fortwährend mit Nährstoffen perfundiert und dadurch längere Zeit konserviert werden können. Dadurch konnte die Anzahl der Organe, die für eine Transplantation zur Verfügung stehen, erhört werden. Für über 100.000 Menschen in diesem Land die gegenwärtig auf ein Organ warten, ist es die Chance auf ein neues Leben.
Neuanfänge sind nicht immer einfach. Wenn man ein Organ bekommt, muss man lebenslang Medikamente nehmen, die das Immunsystem unterdrücken, damit der Körper es nicht abstößt. Aber wenigstens lebt man noch und man kann Medikamente nehmen. Zweite Chancen können wie eine Beleidigung sein, wenn man nicht über dem Verlust des ersten Mals nicht hinweg kommt oder sie kommen einen wie ein Wunder vor. Wie ein harterkämpfter Sieg. Wie eine Chance das Leben zu führen, was man immer wollte.
Laut meiner Mutter kann man Anfänger im ersten und zweiten Jahr an ihren Nähten erkennen. Ein häufiger Fehler bei dem Anfängern ist Nähte zu straff zu knüpfen, wodurch Spannung entsteht. Je höher die Spannung, desto länger braucht die Wunde um zu heilen. Sie vermindert die Durchblutung, fördert Narbenbildung und es können Hautnekrosen entstehen. Obwohl sie genau genommen die Wunde verschlossen haben, könnte der Nähboden für mehr Probleme gelegt worden sein.
Spannung existiert im ganzen Körper. Wie das einen beeinflusst, hängt davon ab wie man damit umgeht. Manche Menschen können sich selbst regulieren durch atmen, meditieren, sich bewegen. Sie können den Stress im Körper bekämpfen und den Schmerz, der ihn verursacht reduzieren. Aber nicht alle Menschen sind so gestrickt. Manche Menschen sind dann völlig überfordert. Die Spannung lässt ihren Körper erstarren bis nichts mehr geht.
Im 19. Jahrhundert war häufig einer der Gründe warum Frauen zum Arzt gehen, Hysterie. Heute existiert diese Diagnose nicht mehr. Mit Hysterie wurde ein großes Spektrum an Symptomen abgedeckt. Brustschmerzen, innere Unruhe, geblähter Unterleib, Stimmungsschwankungen. Es wurden verschiedene Behandlung gegen Hysterie ausprobiert von Ruhe bis hin zu psychosomatische Therapie. Wirkliche Linderungen für diese Frauen gab es erst seit Ärzte die Massage in der Beckenregion durchführten. Was Frauen dabei erlebten galt als hysterischer Paroxysmus. Heutzutage besser bekannt als Orgasmus. Die moderne Medizin bekennt immer mehr die stressreduzierenden Vorzüge des weiblichen Orgasmus. Aber die Behandlung wird nicht mehr von Ärzten durchgeführt.
Wenn er ohne Zwang und einvernehmlich stattfindet, kann Sex Medizin sein. Wir wissen, das er Stress reduziert und das Immunsystem stärkt. Auch die Gehirnaktivität profitiert davon. Ab er Sex ohne Verbundenheit kann zu einen Gefühl der Leere fühlen. Freundschaft, Lachen, einfache menschliche Berührungen. All das eignet sich auch zum Stressabbau. Denn genau genommen geht es um Verbundenheit. Wenn man einen anderen körperlich nah ist, reagiert das Nervensystem. Der Körper wird von Wohlfühlhormonen überschwemmt und alles andere verblast einfach.
Wissenschaftler und Patientenschützer versuchen nach wie vor folgende wichtige Frage zu beantworten. Wie viele Menschen sterben jedes Jahr durch Fehler in der Medizin. Dazu gehören Fehldiagnosen, Nosokomiale Infektion, Medikationsfehler, Patientenstürze und zu frühe Entlassungen. Die Vorstellung durch einen medizinischen Fehler sterben zu können, ist für Patienten furchterregend. Das gilt auch für Ärzte. Auch wenn Fehler unbeabsichtigt waren, sind sie wie Grabsteininschriften in unsere Seele eingeritzt. Wenn man nichts tut, um die Geschehnisse zu verarbeiten, suchen sie einen Heim, wenn man es am wenigsten erwartet.
Es ist nie leicht sich seinen Dämonen zu stellen. Wir konzentrieren uns lieber auf die guten Seiten. Aber wenn wir unsere Schattenseiten nicht leugnen, wenn wir unsere Geheimnisse benennen, wenn wir so annehmen wie wir sind, ist es befreiend. Wenn wir uns dem stellen, was uns Angst macht, treten wir ins Licht.
Bis an unsere Grenzen (Staffel 19)
Wissenschaftler fanden heraus, dass wenn Entscheidungen, die im OP getroffen werden müssen, jüngere Ärzte sich eher auf Standard-OP Verfahren verlassen, die sie während des Studiums. Das ist verständlich. Jüngere Chirurgen können auf kein größeren Erfahrungsschatz zurückgreifen. Erfahrende Chirurgen entscheiden intuitiver. Durch ihr Basiswissen können sie schnelle, effektivere Entscheidungen treffen.
Durch ausreichend Praxis lernen Chirurgen wie und wann man von den Standard-OP Verfahren abweichen kann. Die Erfahrung ermöglicht uns eine andere Herangehensweise. das erhöht die Optionen unseren Patienten zu helfen. Es gibt kaum allgemeingültige Lösungen. Jeder Patient ist anders, sowie jeder Mensch anders ist. Wenn es um wichtige Entscheidung geht, müssen wir diverse Faktoren berücksichtigen. Wir tragen die Fakten zusammen, wir analysieren die Optionen, wir nutzen unser Wissen und unsere Erfahrung und treffen die richtigen Entscheidungen.
Der menschliche Körper
Jede Krankheit verläuft nach einen anderen Schema, wenn sie unbehandelt bleibt. Sie breitet sich nach und nach in ganzen Körper aus und führt letztendlich zu all möglichen Ergebnissen. Man wird gesund, die Krankheit wird chronisch oder man stirbt. Wenn Diagnose vorliegt und der Patient Unterstützung braucht, kommen wir Chirurgen ins Spiel. Wir greifen entschlossen ein, um eine Überlebungschance zu ermöglichen.
Chirurgische Eingriffe helfen nicht immer. Manchmal gewinnt trotz unser Ausbildung und des medizinischen Fortschritts am Ende doch die Krankheit. Sie übernimmt eine Zelle nach der anderen bis der Schaden nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Wenn das passiert, kann man es nur hinnehmen und irgendwie weitermachen, aber wenn man den Verlauf der Krankheit eines Menschen verändern kann, kann man auch sein Leben verändern. Das ist Grund genug, um am nächsten Tag einfach weitermachen zu können.
Zu den qualvolleren Abschnitten schwieriger Herzoperationen gehört der Augenblick wenn man den Patient von der Herz-Lunge-Maschine nehmen. Zuerst erwärmen wir den Patienten langsam. Während die Temperatur des Patienten steigt, stellen wir sicher, dass die gesamte Luft aus dem Herz entwichen ist. Sobald die Aortenklemme entfernt wurde, konzentriert sich alle Augenblick der Wahrheit. Wird das Herz anfangen zu schlagen?
Chirurgen akzeptieren kein Nein. Schon gar nicht, wenn es darum geht Patienten zu retten. Wenn ihr Herz auf unseren Tisch aufhört zu schlagen, tun wir alles das es wieder schlägt. Wir beginnen mit der Herzdruckmassage. Wenn es nicht ausreicht, schocken wir sie. Wenn nötig noch ein zweites Mal und ein Drittes. Wenn das nicht hilft, injizieren wir Supra und fangen wieder von vorne an. Das Letzte was wir wollen, ist sie aufzugeben. Wir sind ihre Ärzte. Wir geben alles.
Wenn es darum geht, Leben zu retten, geben Chirurgen nicht kampflos auf. Viele von uns geben beim eigenen Leben auch nicht so einfach auf. Wir können stur, wettbewerbsorientiert sein. Wir verlieren nicht gern. Aber wir sind auch nur Menschen und können den Mut verlieren. Wenn das passiert, müssen wir für Inspiration für außen sorgen und die Stärke finden weiterzumachen.
Hinfallen, aufstehen, weitermachen
1952 entwickelt Dr. Anthony Edgar ein Punktesystem mit dem sich der klinische Zustand von Neugeborenen beurteilt lässt. Der Test wird eine und fünf Minuten nach der Geburt gemacht. Bewertet werden Aussehen, Puls, Tonus, Atmung und Reflexe. Zu jedem Merkmal werden Punkte vergeben und dann addiert, um zu beurteilen ob eine sofortige Versorgung nötig ist. Der Test wurde entwickelt, um die Säuglingssterblichkeit zu bekämpfen. Wenn wir wissen welches Problem Babys haben, können wir sie dann retten?
Test und Algorithmen erzählen nicht die ganze Geschichte. Sie sind nur Momentaufnahmen. Es gibt kein Wegweiser für jede Unwelkbarkeit auf die wir stoßen. In manchen Fällen können wir einfach nur abwarten. Wir müssen unsere letzten Kräfte mobilisieren. Auch wenn es auch so ausweglos erscheint, wir müssen uns den Umständen stellen. Wir müssen weitermachen.
Alles Leben von der Erde beginnt als einzelne Zelle, die sich immer und immer wieder teilt. Jede Zelle hat eine Bestimmung und während sie sich entwickelt, wirken innere und äußere Kräfte auf sie ein. Sie signalisieren der Zelle was aus ihr werden wird. Wir nennen den Prozess . Ein Arm. Ein Knochen. Gehirn. Säm.... Nichts wird zu etwas.
Schon immer haben traumatische Erlebnisse psychologische Reaktionen hervorgerufen, lange nachdem die eigentlichen Ereignisse stattgefunden haben. Herzrasen, Pupillenerweiterung, Alpträume, Panikattacken. Mesopotamische Soldaten haben diese Symptome schon vor über 3000 Jahren auf Keilschrifttafeln verewigt. Jedoch zählt die posttraumatische Belastungsstörung erst seit 1980 zu den diagnotisierbaren psychischen Erkrankungen. So etwas erleben das in der Welt der Medizin immer wieder. Auch wenn es dafür noch kein Fachausdruck gibt, sind die Symptome trotzdem echt.
Traumatische Erlebnisse sind gravierende Einschnitte. Es gibt ein davor und ein danach. Manchmal ist es schwer sich zu erinnern wie man davor war. Noch schwerer ist es rauszufinden, wer man danach ist. Aber wenn man auf die Menschen um sich herum aufpasst und sie an sich heranlässt, findet man auf seinen ursprünglichen Weg zurück.
Als Ärztin hängen wir stark von Daten ab, um unsere Patienten zu behandeln und um Risiken zu minimieren. Liegen keine vor, kann jedes Vorgehen extrem gefährlich sein. Dann müssen wir allein aufgrund Vermutung praktizieren. Uns auf Instinkt und Hoffnung verlassen. Das verläuft nicht immer an unsere Vorstellung. Aber manchmal doch. Bevor es eine Therapie bei Diabetes gab, folgten Wissenschaftler ihrem Instinkt und gaben kranken Kindern einen experimentellen Instrakt namens Insulin. Dieses Wagnis hat inzwischen Millionenleben gerettet. Doch selbst wenn man davon überzeugt ist, bevor man so ein Schritt wagt, schwingt dabei trotzdem die Frage mit: Was wenn es sich als großer Fehler erweist?
Das experimentelle Medikament, der unerreichbare Traum, die Weggabelung. Wir stehen täglich vor unzähligen Entscheidungen und müssen die Optionen abwägen. Manchmal versagt man auf ganzer Linie. Aber um voran zu kommen, muss man sich auf das Wagnis einlassen. Auch wenn man nicht weiß, wie es ausgehen wird.
Sauerstoff ist der Treibstoff unserer Körper. Er versorgt unsere Gehirne, Organe und Gewerbe mit Energie. Ohne ausreichende Versorgung funktioniert der Körper nicht. Gehirn, Herz und Nieren vertragen einen Sauerstoffmangel nur eine begrenzte Zeit bevor die Zellen abzusterben beginnen. Das Gehirn etwa 5 Minuten, Herz und Nieren etwa 30 Minuten. Wird der Patient nicht ausreichend mit Sauerstoff besorgt, wissen wir das die Uhr tickt.
Beim Kreislaufstillstand oder wenn die Atemwege blockiert sind, ist unsere oberste Priorität die Sauerstoffversorgung. Die Zeit ist begrenzt. Wir werden sofort aktiv, damit es nicht zu Schädigungen kommt. Im Leben sind Zeitlimits oft nicht eindeutig. es kann schwierig sein abzuschätzen ob man Gas zu geben oder langsam angehen sollte. Wir wissen nicht wie viel Zeit wir haben, bevor eine Gelegenheit verstrichen ist. Oft können wir nicht einschätzen, ob die Gelegenheit verstrichen ist. Das Einzige was wir garantieren können, ist den Augenblick zu nutzen.
Wenn das Gehirn dem Körper vorgaukelt, dass eine vorgetäuschte Behandlung effektiv, ist das der sogenannte Placebo-Effekt. Das Gehirn nimmt ein Ergebnis vorweg und gibt es denn den Körper weiter. Der Körper reagiert als hätte er ein Medikament bekommen. Dabei war es nur eine Zuckerpille. Studien haben ergeben, dass ein Placebo unter den richtigen Begleitumständen eine Heilungsrate bis zu 72% haben kann. Dabei ist es genauso effektiv wie bestimmte Medikamente. Somit wird die Lüge zu Wahrheit.
Es ist bewiesen, dass das was man glaubt manchmal den Gesundheitszustand bestimmen kann. Daraus folgt, dass es manchmal die Lebenssituation bestimmen kann. Doch was man glaubt, kann sich in sekundenschnelle ändern. Was man für Richtig hält, was man für falsch hält, was man glaubt zu wollen, was man glaubt zu brauchen. Wozu man glaubt, fähig zu sein. Was man für ein Zeichen hält. Welche Bedeutung das Zeichen gibt. Was man glaubt, verdient zu haben. Wenn man sein Leben ändern will, ist ein Sinneswandel nötig. Man sollte nicht so lange warten.
Staffel 20[]
Wir haben gerade erst angefangen
Laut Forschern dauern Träume durchschnittlich zwei bis drei Minuten. Viele Menschen haben das Gefühl sie dauernd stundenlang. Wenn sie sich überhaupt daran erinnern können. Die Traumforschung wird seit Jahrhunderten infrage gestellt. Eine Hypothese lautet, dass wir in Träumen reale Ereignisse verarbeiten, die Wachzustand stattgefunden haben. Eine andere, dass sie als Ventil für unterdrückte Hoffnungen oder Wünsche dienen. Neurowissenschaftler entwickeln alle paar Jahre eine neue Theorie. Aber ehrlich gesagt, weiß niemand warum wir träumen oder warum wir Alpträume haben. Wir hoffen einfach, dass wir nachdem Traum wieder aufwachen.
Manche Menschen jagen ihr Leben lang einen Traum hinterher. Wir setzen uns ein Ziel und schmieden Pläne, dass wir es erreichen können. Manche schaffen es mit links. Für Andere ist es nicht ganz so einfach. Wie konzentriert man auch auf das Ziel hinsteuert, kann einen Vorkommen als hätte sich die ganze Welt gegen einen verschworen. Wenn es in weite Ferne rückt, klammert man sich an jeden Strohhalm und je länger es dauert und je mehr einen ab verlangt, desto öfter denkt man daran aufzugeben. Sucht man sich einen neuen Traum? Oder hält man sich an denen fest, mit denen die Reise ursprünglich begonnen hat?
In den 30ern begannen Wissenschaftler der Harvard Mit-Studenten zu beobachten, in der Hoffnung den Schlüssel für ein langes und glückliches Leben zu finden. Sie untersuchten 75 Jahre die geistige und körperliche Gesundheit der Probanden. Es ist die längste Studie des Glücklichseins. 75 Jahre und nur das zu bestätigen, was wir schon seit Ewigkeiten wissen. Das wichtigste für Gesundheit und Glück ist die Qualität unserer Beziehungen. Starke Beziehungen schützen uns. Andererseits kann Einsamkeit tödlich sein.
Im Lauf des Lebens geht es mit unseren Beziehung mal bergauf, mal bergab. Wir kommen zusammen, trennen uns, ziehen weg oder verlieren uns aus den Augen. Es gibt Phasen der Einsamkeit und Toxizität, die sich nachteilig auf unsere Gesundheit, Hirnfunktion und auf unsere Lebenserwartung auswirkt. Manchmal ist allein sein so beängstigt, dass wir uns an schädliche Beziehungen klammern. Aber um wirklich aufblühen zu können, muss man den Mut aufbringen, zu gehen. Ein Leben könnte davon abhängen.
1963 führte Dr. Thomas Starzl die ersten fünf Lebertransplantationen durch. Ein Patient verblutete auf dem OP-Tisch. Die anderen vier starben nach wenigen Tagen. Daraufhin galt die Operation als zu gefährlich um an Menschen durchgeführt zu werden. Lebertransplantation wurden weltweit die nächsten vier Jahre ausgesetzt. Nicht gerade ein glücklicher Start für eine OP die unzählige Menschen gerettet hat.
Fortschritt passiert nicht über Nacht. Und Rückschläge gehören naturgemäß dazu. Manchmal kommt es einen wie Sisyphus Arbeit vor, weil man ständig und immer wieder von vorne anfängt. Aber wo wären wir wenn Dr. Starzl nicht weiter an die Perfektionierung der Lebertransplantation gearbeitet hätte. Wenn er sich von Rückschlägen unterkriegen lassen? So verlockend es auch sein mag alles hinzuschmeißen, manchmal muss man einfach einen Schritt nach dem anderem machen und sich einen Weg in die Zukunft bahnen.
Vor Jahren entdeckte ein New Yorker Arzt ein äußern seltenen Geneffekt, die die Ursache für angeborene Schmerzunempfindlichkeit ist oder kurz CIP. Es ist eine sehr seltene kongenitale Neuropathie. In der Theorie mag es gut klingen, aber Schmerz ist wichtig. Es signalisiert dem Körper Gefahr und hilft ihm an Leben zu halten. Hat man sich einmal an der heißen Herdplatte verbrannt, lernt man es nicht wieder zu tun. Oder anders ausgedrückt: Leben tut weh.
Solange man leidet, lebt man. Wir wissen das. Schmerz ist ein sehr guter Lehrer. Das Leben ist voller Begriffe, die sich an die guten Seiten erinnern. Wachstumsschmerzen, Geburtswehen, Freundentränen. So viele das es weh tut. Schmerz warnt uns. Er schützt uns und vorallem sorgt Schmerz dafür, dass wir die Freuden im Leben zu schätzen zu wissen. Gute Gesellschaft wertschätzen und Gesundheit. Das wir die Zeiten, indem wir schmerzfrei sind, wo es uns wieder gut geht, auskosten können. Zumindest für eine Weile.
Staffel 21[]
Statistik[]
Anzahl der Folgen | Folgen | |
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Meredith Grey | 377 | |
kein Intro/Outro | 06 |
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George O`Malley | 02 |
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Cristina Yang | 06 |
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Izzie Stevens | 03 |
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Derek Shepherd | 07 |
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Preston Burke | 01 | 02x26 |
Addison Montgomery | 01 | 02x26 |
Alex Karev | 05 |
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Richard Webber | 11 |
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Miranda Bailey | 05 |
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Denny Duquette | 02 |
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Lexie Grey | 01 |
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Mark Sloan | 02 |
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Owen Hunt | 04 |
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Arizona Robbins | 02 |
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Callie Torres | 04 |
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Jackson Avery | 03 |
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Craig Thomas | 01 |
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Maggie Pierce | 03 |
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Ellis Grey | 03 |
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April Kepner | 04 |
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Nicole Herman | 01 |
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Amelia Shepherd | 03 |
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Jo Wilson | 01 |
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Trivia[]
- Mit 377 Folgen ist Meredith Grey Stimme, die wir aus den am meisten aus den Off hören.